Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Kirchenjahr - Die Fastenzeit / Passionszeit

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'Scapegoat', Holman Hunt, 1854

'Scapegoat' (Der Sündenbock), Holman Hunt.

Der Sündenbock

In der Fastenzeit vor Ostern geht es darum, sich in die Leidensgeschichte Jesu hineinzuversetzen: den Weg zum Kreuz mit ihm zu gehen. Dieser Weg zum Golgatha richtet sich nach alttestamentlichen Vorlagen, bzw. lässt sich durch biblische Vorlagen deuten. Eine dieser Vorlagen war der Sündenbock.

Am großen Versöhnungstag hat der Hohepriester seine Hände auf einen auserwählten Ziegenbock gelegt und dabei ein Sündenbekenntnis im Namen des Volkes ausgesprochen. "Dann soll Aaron seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm bekennen alle Missetat der Israeliten und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereitsteht, in die Wüste bringen lassen, dass also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage; und man lasse ihn in der Wüste." (3. Mose 16, 21 + 22)

Ausschnitt aus 'Scapegoat', Holman Hunt, 1854

Ausschnitt aus 'Scapegoat' (Der Sündenbock), Holman Hunt.

Der Sündenbock wurde durch ein scharlachrotes Tuch gekennzeichnet. In diesem Zusammenhang heißt es im den Buch des Propheten Jesaja (1, 18): "Wenn eure Sünde auch blutrot ist, soll sie doch schneeweiß werden, und wenn sie rot ist wie Scharlach, soll sie doch wie Wolle werden."

Zur Zeit Jesu wurde der Sündenbock in die Wüste regelrecht getrieben. In dem Markusevangelium wird Jesus mit diesem Sündenbock identifiziert. Denn nachdem er im Jordan getauft wurde – er hat sich damit mit der Sündhaftigkeit seines Volkes identifiziert - , wurde er von dem Geist Gottes in die Wüste "getrieben", wie das Markusevangelium ausdrücklich betont.

In dem Bild von dem Engländer Holman Hunt sieht man in diesem Ziegenbock das ganze Elend der Menschheit, das Jesus auf sich genommen hat: Das Ergebnis der Sünde als Trennung von Gott ist Verwirrung, Haltlosigkeit, stummes Leiden, totale Vereinsamung, und dem Tod geweiht sein. Hier wird vor Augen geführt, was Jesus um der Menschen Willen auf sich genommen hat.

Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit.

Kreuz im Herz: Symbolbild für die Fastenzeit

Zwischen Aschermittwoch und Ostern gibt es 40 Fastentage, eine Nachahmung der 40-tägigen Fastenzeit Jesu in der Wüste. Wer genau nachzählt, wird feststellen, dass es zwischen Aschermittwoch und Ostern 46 Tage gibt – und dazu gehören 6 Sonntage, aber diese Sonntage sind von der Fastenzeit ausgeschlossen: denn jeder Sonntag ist ein Ostergedenktag, ein kleines Osterfest. Und wenn die Auferstehung Christi gefeiert wird, ist Fasten nicht angemessen (und nach kirchlicher Tradition sogar nicht erlaubt).

Symbolbild für die Fastenzeit
Kreuz im Herz: Symbol der Umkehr

Fasten hat mindestens zwei biblische Vorlagen:

  • Der Sündenfall im Garten Eden – die Abkehr von Gott – wurde durch Essen vollzogen. Die Umkehr zurück zu Gott sollte dementsprechend durch Verzicht auf Essen eingeleitet werden.
  • Fasten soll den Menschen daran erinnern: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht." (Matt. 4, 4)

Was ist Fasten?

Für Muslime bedeutet Fasten, dass sie im Monat Ramadan zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang nichts essen und trinken. Nach römisch-katholischer Definition bedeutet Fasten, dass nur eine sättigende Mahlzeit am Tag vorgesehen ist.
Manche evangelische Christen verzichten in der Fastenzeit auf Genussmittel - z.B. Alkohol, Schokolade, Zigaretten – und nennen diesen Verzicht Fasten, was aber korrekterweise Abstinenz heißt. Abstinenz ist für katholische Christen an zwei Tagen vorgesehen: am Aschermittwoch und am Karfreitag wird auf Fleisch verzichtet. (Der Begriff "Karneval" ist offenbar von "Carne vale!" = "Lebe wohl, Fleisch!" abgeleitet).

Asche

Warum bekommen katholische Christen am Aschermittwoch ein Aschenkreuz auf die Stirn? Asche sind ein Hinweis auf die Vergänglichkeit des Menschen. "Staub und Asche" ist das Endziel des menschlichen Körpers und deshalb eine Umschreibung für die Vergänglichkeit. Dementsprechend sagt der Priester bei der Aschenhandlung: "Gedenke, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehrst!" Oder alternativ: "Kehrt um und glaubt an das Evangelium!" Das Bewusstsein der Vergänglichkeit soll den Menschen daran erinnern, dass er erlösungsbedürftig und deshalb absolut auf das angewiesen ist, was in Jesus am Kreuz und im Grab vollzogen wurde, um die Menschheit von der Vergänglichkeit und deren Folgen zu befreien.

Christus begibt sich in unsere menschliche Situation.



An dem ersten Sonntag der Fastenzeit wird in dem Evangelium (Matthäus 4, 1 – 11) erzählt, wie Jesus am Ende seiner 40-tägigen Fastenzeit eine teuflische Versuchung erlebte: er sollte seine göttliche Vollmacht einsetzen, um Steine in Brote zu verwandeln, oder er sollte von einer hohen Stelle springen und sich von Engeln auffangen lassen. Die Versuchung hier lautet: Jesus soll den Unglauben der Menschen durch Machtdemonstrationen überwältigen. Aber die Entfremdung zwischen Gott und Mensch lässt sich nicht mit Machtoffenbarungen überbrücken. Der Weg Gottes zu den Menschen ist ein Weg der vorläufigen Ohnmacht.

Das folgende Bild veranschaulicht, wie Gott sich in Jesus in unsere menschliche Situation begeben hat.

Verlorenes Schaf in Dornen

Verlorenes Schaf in Dornen

Dornen: Sinnbild der Entfremdung von Gott und der Gefangenschaft der Vergänglichkeit (aus der Sündenfallgeschichte, 1. Mose 3, 17. 18)

Verlorenes Schaf: Sinnbild der Orientierungslosigkeit der Menschheit, die auf einen Hirten angewiesen ist

Das Bild ist auch ein Hinweis auf Christus, der sich in die Entfremdung und in die Vergänglichkeit der Menschen begab und zuletzt mit Dornen gekrönt wurde. Auf diese Weise ist Gott zu uns Menschen gekommen, um die Kluft zwischen ihm und uns zu überwinden.

Das Kunstwerk 'Scapegoat' von Holman Hunt, 1854 ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.

PSch

Predigten zur Fastenzeit

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