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Geistliches Wort zum Monatsspruch - Juli 2014

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'Clasped Hands', 2005, National Cancer Institute

Geistliches Wort zum Monat Juli 2014

Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. Psalm 73, 23+24

"Dennoch“ ist das erste Wort. Denn selbstverständlich ist das nicht, dass ein Mensch sein durchaus wechselvolles Leben lang stets an Gott festhält. Vieles spricht dagegen in unserer Welt, vieles spricht dagegen in unserem persönlichen Leben. So manches Belastende und Harte, das schwer zu verkraften ist, lässt uns fragen, warum das Leben mit Gott nicht glücklicher verläuft.

In den 22 Versen, die in Psalm 73 diesem „Dennoch“ vorangehen, beschreibt der Beter, wie schwer es ihm fällt, zu akzeptieren, dass es den „Gottlosen“ so gut geht. Mit drastischen Worten schildert er, wie sie sich verhalten:

„Sie brüsten sich wie ein fetter Wanst, sie tun, was ihnen einfällt. Sie achten alles für nichts und reden böse, sie reden und lästern hoch her.“

Und doch beobachtet er:

„Sie sind glücklich in der Welt und werden reich.“

Eine Frage, die in der Bibel häufig gestellt wird, treibt darum auch ihn um: Warum geht es ihm als einem Menschen, der sich nach Gottes Geboten richtet, nicht besser, sondern eher schlechter als seinen Mitmenschen, die von Gott und Gottes Geboten nichts wissen wollen. Und er fragt:

„Soll es denn umsonst sein, dass ich mein Herz rein hielt und meine Hände in Unschuld wasche?“

Mit dieser Frage verrät er, bzw. gesteht er sich ein, dass er mit seinem Verhalten etwas bezweckt, dass er sich von seinem Glauben an Gott und von seinem Leben nach Gottes Gebot einen Vorteil, einen Nutzen für sein Leben erwartet.

Meister Eckhart, ein christlicher Mystiker, der im 13. Jahrhundert lebte, hat für diese Haltung einmal einen ungewöhnlichen, ja vielleicht provozierenden Vergleich herangezogen:

„Manche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, mit denen sie eine Kuh ansehen, und wollen Gott lieben, wie sie eine Kuh lieben. Die liebst du wegen der Milch und des Käses und deines eigenen Nutzens. So halten es alle jene Leute, die Gott um äußeren Reichtums oder inneren Trostes willen lieben; die aber lieben Gott nicht recht, sondern sie lieben ihren Eigennutz.“

Der Psalmbeter wird aus der Frage nach dem Nutzen seines Glaubens, aus der Frage, was sein Verhältnis zu Gott ihm bringt, zu einem befreienden „Dennoch“ geführt.

Er weiß sich mitten in allen sichtbaren Ungerechtigkeiten, die sein Vertrauen auf Gott angefochten haben, dennoch von seinem Gott getragen – in seinen Worten: bei der Hand gehalten und geleitet.

Ein Leben im Vertrauen auf Gott kann nicht nach dem Schein des Augenblicks beurteilt werden und nicht nach sichtbarem Glück oder nach messbarem Erfolg bewertet werden.

Was Meister Eckhart an dem Vergleich mit der Kuh anschaulich macht, formuliert der Tübinger Theologe Eberhard Jüngel in einem prägnanten Satz:

„Gott ist um seiner selbst willen interessant.“

Als der Psalmbeter aufhören kann, nach dem Nutzen zu fragen, da erfährt er die Gemeinschaft mit Gott als den entscheidenden Halt in seinem Leben, wie wechselvoll sein Schicksal auch sein mag.

Denn Gott hat uns nicht verheißen, dass uns nie etwas Schweres oder Böses zustoßen wird, sondern dass das, was uns zustoßen mag, uns nicht von Gott trennen kann. Gott schenkt uns nicht unbedingt äußeres Wohlergehen in einem sorgenfreien Leben, sondern er schenkt uns sich selbst. Er schenkt uns seine Nähe, seine Gemeinschaft, die uns durch alle Wechselfälle unseres Lebens begleitet.

Und dem Beter des 73. Psalms wird gewiss: Diese Gemeinschaft mit Gott gibt mir nicht nur in diesem Leben Halt, sondern auch über den Tod hinaus. Dieser Psalm gehört zu den wenigen Stellen, in denen im Alten Testament schon ein Leben über den Tod hinaus erhofft wird.

Der letzte Vers des 73. Psalms ist übrigens die Jahreslosung für 2014, die uns nicht vordergründiges Glück im Leben, nicht ein rundherum glückendes Leben verspricht, sondern in dem, was uns glückt, und in dem, was uns missglückt, festhält: Gott nahe zu sein ist mein Glück.

Pfarrerin Silke Alves-Christe

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Die Photographie 'Clasped Hands', 2005, National Cancer Institute, wurde von seinem Urheber Rhoda Baer (Photographer) als gemeinfrei veröffentlicht. Dies gilt weltweit.