Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Geistliches Wort zum Monatsspruch - April 2014

« Geistliches Wort Home

'Sadness', 2009, Sasha Wolff from Grand Rapids'

Geistliches Wort im April 2014

Eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden. Johannes 16, 20

Mit dieser Verheißung verabschiedet sich Jesus von seinen Jüngern. Die Verwandlung von Traurigkeit in Freude zeigt die emotionale Seite von Karfreitag und Ostern. Nach dem dunklen Karfreitag kommt der helle Ostermorgen. Nach dem Ende ein neuer Anfang, nach der Zerstörung des Lebens ein neues Aufblühen. Nach dem Abschiedsschmerz die Freude des Wiedersehens. Die Traurigkeit der Jünger verwandelt sich in österliche Freude.

Doch noch ist es nicht soweit. Jesus hat seinen nahen Tod vor Augen und bereitet seine Jünger darauf vor. Jesus redet die Enttäuschungen und Traurigkeiten des Lebens nicht weg. Traurigkeit gehört zu unserem Leben dazu. Sie hat ihre Zeit:

„Weinen hat seine Zeit, Lachen hat seine Zeit“,

heißt es im Buch des Predigers Salomo (3, 4). Die Traurigkeit hat ihr Recht. Sie braucht Zeit und soll nicht vorschnell überspielt werden. Wir sollen sie ernst nehmen und aushalten, die eigene Traurigkeit und die anderer Menschen.

Auch der Glaube an Jesus Christus ist nicht frei von Traurigkeit. Anfechtung nannte Martin Luther den Zwiespalt unserer christlichen Existenz, wenn die Verzagtheit sich einschleicht und die Zweifel immer größer werden. Dann spiele der Teufel mit der Seele Fangen, hat Luther in seiner bildhaften Sprache gesagt.

„Ihr werdet traurig sein“,

sagt Jesus zu seinen Jüngern. Er spricht das klar aus. Erst dann kommt das „doch“:

„doch eure Traurigkeit soll in Freude verwandelt werden“.

Wann wird das sein?

„Ich will euch wiedersehen“,

sagt Jesus seinen Jüngern,

„und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen“ (Joh 16, 22).

Die Begegnung mit dem Auferstandenen an Ostern löst eine große Freude aus. Eine Freude, die man nicht mehr verliert, und die auch in aller Traurigkeit Bestand hat:

„In dir ist Freude in allem Leide, o du süßer Jesu Christ“ (EG 398,1).

Wir kennen das für gewöhnlich als ein Entweder-Oder: Entweder es herrscht Freude oder es drückt uns Leid. Entweder wir erleben fröhliche Tage oder traurige. Doch im Glauben an Jesus Christus können wir die Erfahrung machen, dass es auch mitten im Leid eine unzerstörbare Freude und einen festen Halt gibt.

Diese Freude ist kein seliger Dauerzustand. Wir erfahren sie mitten im Zwiespalt unserer Existenz. Sie ist keine aufgesetzte Fröhlichkeit an der Oberfläche. Sie geht tief. So tief wie die Traurigkeit, wie das Weinen und Klagen. Denn die Traurigkeit soll ja nicht verdrängt und überspielt, sondern in bleibende Freude verwandelt werden.

Martin Luther, der selbst zeitlebens unter Anfechtungen litt, machte die Erfahrung: Die Traurigkeit schwindet beim Singen. Vielleicht nicht schon bei Strophe 2. Aber wer ein Lied von Paul Gerhardt bis Strophe 12 durchhält, dessen Stimmung hellt sich auf. Wir denken oft, die Reihenfolge müsste umgekehrt sein: Wenn wir froh sind, singen wir. Wenn es uns schlecht geht, klagen wir höchstens.

Martin Luther versteht das Verhältnis von Traurigkeit und Freude anders. Im Beten, im Singen und im Danken stellt sich die Gegenwart Gottes ein – und damit die Freude. Die Freude, die aus dem Glauben kommt, kann man nicht in Osterlachkursen lernen. Sie stellt sich ein, wenn wir die Nähe derer suchen, die gerade leichter glauben können als wir. Und wenn wir es riskieren, auch mal gegen unser Gefühl zu singen und zu beten. Martin Luther sagt es so:

„Wenn man unlustig ist, so soll man denken: Gott lacht dich jetzt an. Vor allem aber: Wer mit dem Geist der Traurigkeit geplagt ist, der soll sich aufs höchste hüten, dass er nicht allein ist. Denn Gott redet mit mir durch die Nachbarn, durch meine guten Freunde und Gesellen, durch meinen Mann, durch mein Weib, ja durch mein Kind oder meine Magd. Aber wie spricht Gott? Durchs Singen, Beten und Predigen. Denn wenn Geschwister einander trösten, dann ist die ganze Welt voll Trost.“

Nach Karfreitag und Ostern kommt so auch Pfingsten in den Blick – das Fest, an dem der Heilige Geist Menschen froh macht und zur Gemeinschaft des Glaubens verbindet.

Pfarrer Jürgen Seild

^ Zum Seitenanfang

Die Photographie 'Sadness', 2009, Sasha Wolff from Grand Rapids, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.