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Geistliches Wort zum Monatsspruch für Februar 2012

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'make love not war', 2006, Till Krech from Berlin, Germany

„Alles ist erlaubt – aber nicht alles nützt. Alles ist erlaubt – aber nicht alles baut auf. Denkt dabei nicht an euch selbst, sondern an die anderen.“

1.Kor. 10, 23-24

„Wo soll das denn bloß hinführen, wenn alles erlaubt ist?“ „Ja, gilt denn gar nichts mehr?“ Manchmal kann die Bibel einen richtig verunsichern. „Alles ist erlaubt“ - das ist wohl einer der gefährlichsten Sätze in der Bibel. Könnte er doch letztlich als Freibrief dafür missverstanden werden, auch schlimmste Untaten ungestraft zu begehen. Tatsächlich aber ist es einer der wichtigsten Sätze, wenn es um die Frage christlicher Ethik geht. „Alles ist erlaubt“, mit diesen Worten ist auf den Punkt gebracht, dass christliche Ethik sich nicht in Vorschriften und Verboten erschöpft, sondern eine Ethik der Freiheit ist. Luther schreibt in seiner berühmten Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ von 1521: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan.“

Das ist fundamental wichtig. Denn es stellt klar, dass kein Mensch über einen anderen religiös begründet Macht ausüben darf. Keine religiöse Autorität kann für sich beanspruchen, mit letzter Gültigkeit das Tun und Lassen eines anderen zu bestimmen. Das Christentum ist (im Unterschied z.B. zum Islam) keine Gehorsamsreligion. Christlicher Glaube ist vielmehr ein Glaube, der Freiheit schenkt. Denn im Evangelium wird uns gesagt, dass Gott alles getan hat für die Menschen, was für ein Leben in Gerechtigkeit und Freiheit notwendig ist.

Damit die Freiheit eines Christenmenschen ihre positive Kraft entfalten kann, braucht sie Orientierung. Denn nicht alles, was erlaubt ist, ist auch nützlich und konstruktiv. Die Orientierung aber gibt Paulus ganz in Jesu Sinn vor: „Denkt dabei nicht an euch selbst, sondern an die anderen.“ Die Freiheit von moralischem Druck ist zugleich die Freiheit zur Liebe. Luther stellt seiner oben erwähnten These deshalb diese zweite zur Seite:

„Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Freiheit ermöglicht zu allererst Liebe. Und diese ist immer die bessere aller Möglichkeiten.

Die Liebe zum Nächsten ist der Schlüssel zur christlichen Ethik. Denn sie ist untrennbar verknüpft mit der Liebe zu Gott, wie Jesus in dem Doppelgebot der Liebe deutlich macht (Matth. 22, 37-40). Nächstenliebe aber ist keine Frage der Moral, sondern eine innere Bewegung. Wo ein Mensch von der Liebe Gottes berührt und von seinem Geist bewegt wird, da wird Liebe geweckt. Und die steht über allen Geboten und Verboten, die man sich denken kann. Daher gibt es im Grunde genommen auch nur eine Sünde: die Sünde der Lieblosigkeit. Sie ist Teil unserer christlichen Existenz, denn wir bleiben immer hinter dem Möglichen zurück. Darum bleiben Christen, solange sie leben, immer auf die Vergebung angewiesen.

Alles ist erlaubt – aber nicht alles nützt. Das bedeutet: Ein Christenmensch muss seinen Nächsten nicht lieben – aber er kann es. Keiner muss anderen helfen, für Gerechtigkeit und Frieden sich einsetzen, verzeihen, geduldig und verständnisvoll sein. Aber er kann es, weil Gott ihn dazu befreit hat. Und es gibt nichts Schöneres, als es auch zu tun. Auch wenn es nicht selten Überwindung kostet.

Der Kirchenvater Augustinus (354- 430) hat einmal geschrieben: „Liebe, und tu was du willst.“ Das bringt die christliche Freiheit auf den Punkt. Ohne Liebe ist alles nichts. Denn Freiheit ohne Liebe kann nur furchtbar sein. Aber wenn das Tun eines Menschen ohne allen moralischen Druck von Liebe bestimmt ist, dann ist er auf dem richtigen Weg. Perfekt und fehlerlos ist dabei gewiss niemand. Aber was in der Liebe geschieht, das kann keine Sünde sein.

Pfarrer Thomas Sinning

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Die Photographie 'make love not war', 2006, Till Krech from Berlin, Germany, ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) lizenziert.