Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Geistliches Wort - Monatsspruch für Juni/ Juli

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Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr; ein anderer kargt, wo er nicht soll, und wird doch ärmer.

Sprüche 11,24 (Monatsspruch für Juni)

Jesus sagt: Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.

Matthäus 6,2 (Monatsspruch für Juli)

„Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr.“ Wo bleibt denn da die Logik? Ist es nicht eher so: Wer sparsam wirtschaftet, hat mehr als der, der das Geld mit beiden Händen ausgibt. Wenn alle sparsam gewirtschaftet hätten, dann hätten wir keine Schuldenkrise. Ist das nicht ein Beweis, dass die Bibel von der harten Realität unserer gegenwärtigen Welt nichts versteht?

Glücklicherweise gibt es noch eine andere Wirklichkeit als die „harte“ Realität. Wenn es nicht so wäre, dann wäre die Realität oft nur schwer zu ertragen. Diese andere Wirklichkeit aber hat mehr mit dem Herzen zu tun als mit dem Bankkonto oder dem Portemonnaie. Und genau da liegt auch die entscheidende Weichenstellung, auf die Jesus hinweist: „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“

Wofür mein Herz schlägt, das heißt, was einen Menschen in seinem Innersten antreibt und motiviert, das hat gravierende Auswirkungen: für das eigene Lebensgefühl wie für das Gelingen menschlicher Beziehungen, und es hat auch politische Auswirkungen in die Gesellschaft hinein. Es prägt die Persönlichkeit, wenn das Herz eines Menschen vor allem von ökonomischen Gesetzen bestimmt ist, wenn Erfolg und Zufriedenheit von materiell definierten Zielen abhängen, und des Menschen Leidenschaft dem Streben nach Besitz gilt und diesem die menschlichen Beziehungen untergeordnet werden. Es ergibt sich eine Abhängigkeit: Das Herz hängt an dem, was ein Mensch am höchsten schätzt. In der weisheitlichen Tradition des alten Israel wusste man offenbar schon, dass es eine Alternative gibt, die vor solcher Abhängigkeit bewahrt. Freigiebigkeit da, wo es Bedürftigen zugute kommt, kann das Herz vor solcher Abhängigkeit bewahren. Jesus schöpfte auch aus dieser Weisheit, als er vor den Gefährdungen des Reichtums für die Seele eines Menschen warnte.

Es geht um ein anderes Menschenbild, das der Glaube vermittelt. Die Würde des Menschen liegt nicht in dem, was einer hat, auch nicht in dem, was einer verdient hat, sondern in dem, was er empfängt.

Vor Gott sind alle Menschen immer nur Empfangende. Und nur weil wir Empfangende sind, können wir auch geben. Großzügig und ohne Berechnung. Es ist eine erstaunliche Erfahrung, dass Geben nicht ärmer, sondern reicher macht: die Seele wird reicher, Beziehungen in der Gemeinschaft werden gestärkt. Und selbst in materieller Hinsicht ist in der Regel noch keiner arm geworden dadurch, dass er freigiebig gewesen ist.

Ja, es ist wahr: Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Damit ist die Frage nach den Werten gestellt, die in der Gesellschaft gelten und in meinem persönlichen Leben. Und es ist zugleich auch eine zentrale theologische Frage; Luther schreibt im großen Katechismus: „Das nun, woran du dein Herz hängst und worauf du dich verlässest, das ist eigentlich dein Gott.“ Woran hängst Du dein Herz? Was ist eigentlich dein Gott? Diese Fragen sind entscheidend. Sie bleiben spannend, ein ganzes Leben lang.

Pfarrer Thomas Sinning

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