Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Geistliches Wort - Monatsspruch für August/ September

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Wo zwei
oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen

Jesus Christus spricht: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Matthäus 18, 20 (Monatsspruch für September)

„Liebster Jesu, wir sind vier“ heißt es in einer Abwandlung von EG 161 mit Blick auf die geringe Zahl der am Gottesdienst Teilnehmenden. Der Qualität des Gottesdienstes tun die kleinen Zahlen allerdings keinen Abbruch. Vier sind gar nicht nötig - geschweige denn zehn wie für einen jüdischen Gottesdienst. Für Jesus reicht schon die kleinste menschliche Gemeinschaft, die überhaupt möglich ist: zwei. Zwei oder drei, die sich im Namen Jesu versammeln, genügen, um sich der Gegenwart Jesu gewiss sein zu können.

Es dürfen freilich auch mehr sein. Am Ende des Matthäusevangeliums verheißt Jesus allen seinen Jüngern:

„Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Matthäus 28, 20).

Es ist schön, wenn mehr als zwei oder drei zusammen Gottesdienst feiern. Und wir bemühen uns in unserer Gemeinde, das Evangelium mit Liebe und Phantasie so weiterzusagen, dass möglichst viele verschiedene Menschen angesprochen werden. Daher sollte der Monatsspruch nicht nur dazu verwendet werden, um sich zu trösten, wenn die Kirchenbänke einmal besonders leer sind. Denn im Zusammenhang des Verses geht es nicht um kleine Zahlen im kirchlichen Leben, sondern um die Vollmacht zum Binden und Lösen und um die Gewißheit der Gebetserhörung, wenn zwei sich darin einig werden, worum sie Gott bitten. Selbst die kleinste christliche Gemeinschaft hat eine besondere Verheißung und Qualität, weil Jesus selbst in ihr wirkt.

Dass Jesus „mitten unter ihnen“ ist, heißt ja nicht, dass Jesus einfach noch als Dritter oder Vierter dazukommt und auch dabei ist. Es bedeutet, dass Jesus diese Menschen zu allererst zusammenbringt (genau übersetzt heißt es: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt werden“), dass er ihre Gemeinschaft begründet, ihr Mittelpunkt ist und in dieser Gemeinschaft und durch sie handelt. Weil Jesus in der christlichen Gemeinschaft das eigentlich redende und handelnde Subjekt ist, kann er zu seinen Jüngern sagen: „Wer euch hört, hört mich“ (Lukas 10, 16). Und nur darum soll, was die Jünger auf Erden binden und lösen werden, auch im Himmel gebunden und gelöst sein (Matthäus 18, 18).

Binden und lösen meint nach jüdischem Sprachgebrauch ursprünglich die Entscheidung darüber, was durch das Gesetz erlaubt (lösen) und was verboten (binden) ist. Im christlichen Sprachgebrauch bedeutet es in der Regel, reumütige Menschen von ihrer Sünde zu befreien (lösen) oder unbußfertige Menschen bei ihrer Sünde zu behaften (binden). Dabei geht es nicht nur um die Vergebung geschehener Sünde; vom jüdischen Sprachgebrauch her betrachtet, ist hier auch eine Lebensgestaltung im Blick, die der Macht der Sünde grundsätzlich entzogen ist.

Diese umfassende Erneuerung kann nur durch die Macht der Gnade Gottes geschehen, die im Leben eines Menschen wirksam wird. Für den Zuspruch der Gnade braucht man ein Gegenüber. Ein Einzelner kann zwar auch betend mit Gott Kontakt aufnehmen; sonst hätte Jesus im Blick auf das Beten nicht gesagt: „Geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu“ (Matthäus 6,6). Doch man kann sich die Gnade nicht selbst zusprechen. Darum gehört der Zuspruch der Gnade in die christliche Gemeinde. Dort können Menschen füreinander einstehen. Die Kraft der Liebe Gottes kann von einem zum anderen fließen.

Die Vollmacht, die dazu nötig ist, kann die christliche Gemeinde jedoch nur haben, wenn sie selbst betend im Kontakt mit Jesus Christus bleibt. Nur dann kann sie Menschen von ihrer Schuld befreien. Kraft des in ihr wirkenden Erbarmens Gottes kann die christliche Gemeinde ein Ort der Verwandlung und eine Stätte der Erneuerung sein. Die heilvolle Umgestaltung des eigenen Lebens ist in der Gemeinschaft von Christen spürbar zu erfahren, weil Jesus mitten unter ihnen ist.

Pfarrer Jürgen Seidl

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