Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Geistliches Wort für Juni 2010 - Amos 5,4

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„Suchet mich, so werdet ihr leben.“

(Amos 5,4)

Nein, sie würden es nicht tun. Nein, sie würden es nicht tun. Da konnte er viel reden. Der Prophet Amos wusste es. Israel würde Gott nicht suchen. Es würde nicht leben. Es würde sterben. Darum stimmt Amos die Totenklage über Israel an. Amos beklagt bereits den Tod der Menschen, zu denen er noch redet. Nur wie eine Erinnerung an völlig Vergessenes und Verfehltes schimmern aus seiner Klage die Worte auf: „Suchet mich, so werdet ihr leben“. Die Verheißung wird alsbald wieder von düsteren Drohungen verschlungen.

Amos spricht in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts vor Christus im damaligen Nordreich Israel. Das Volk hat sich von seinem Gott entfernt. Und nun werden die Assyrer das Land erobern und einen Großteil der Bevölkerung wegführen. Keiner wird in seine Heimat zurückkehren. Im Land werden Menschen aus anderen Teilen des assyrischen Reiches angesiedelt. Sie vermischen sich mit der übriggebliebenen Landbevölkerung. Auf diese Weise entsteht die Gemeinschaft der Samaritaner. Die zehn Stämme des Nordreichs Israel gibt es nicht mehr. Sie sind aus der Geschichte verschwunden. Übrig bleibt das Südreich mit den Stämmen Juda und Benjamin und der Hauptstadt Jerusalem. Es wird 586 von den Babyloniern erobert. Ist damit die Geschichte Gottes mit seinem Volk zu Ende?

Irgendwann hat Gott nicht mehr gewartet, bis die Menschen ihn suchten. Er hat sich selbst auf die Suche gemacht nach seinem Volk, ja nach allen Menschen. Er hat seinen Sohn Jesus Christus gesandt, um „zu suchen und selig zu machen, was verloren ist” (Lk 19,10). Der Evangelist Lukas zeigt in seiner Apostelgeschichte, dass diese frohe Botschaft nicht nur den verlorenen Schafen des Hauses Israel gilt. Zuerst wurde sie nur den Juden gesagt. Doch schnell wird deutlich: Sie gilt auch den Samaritanern. Sie gilt auch den Heiden. Sie gilt auch uns. Im Glauben an den Sohn Gottes haben wir das Leben. Darum ist nicht mehr Totenklage angesagt, sondern Lebensfreude.

Vor diesem Hintergrund bekommt auch das beim Propheten Amos völlig überschattete Wort „Suchet mich, so werdet ihr leben“ einen neuen und verheißungsvollen Glanz.

„Suchet, so werdet ihr finden“ (Mth 7,7), hat Jesus verheißen.

Und wenn nicht? Der ernste Hintergrund des alttestamentlichen Prophetenwortes kann uns die Augen dafür öffnen, dass es auch in der frohen Botschaft des Neuen Testamentes um Leben und Tod geht. Zum einen im Blick auf den Tod und die Auferstehung Jesu Christi, durch die der Tod und die Macht der Sünde auch für uns überwunden sind. Es gilt aber auch im Blick auf uns selbst: ein gottfernes und gottvergessenes Leben ist nicht harmlos, weil der Mensch damit seine Bestimmung verfehlt. Wir sind als Bild Gottes geschaffen, um in Gemeinschaft mit ihm, im Glauben an ihn und in Verantwortung vor ihm zu leben. Und wir haben daher durch den Glauben an Jesus Christus die Chance, bei Gott uns selbst zu finden und so zu unserer eigentlichen Identität zu gelangen. Und nun sind wir gefragt: Werden wir suchen? Werden wir uns mit unserem Leben auf Gott einlassen? Werden wir das Leben finden?

Pfarrer Jürgen Seidl

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