Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Geistliches Wort - Monatsspruch für Februar, Deuteronomium 15,11

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Die Armen werden niemals ganz aus deinem Land verschwinden.
Darum mache ich dir zur Pflicht: Du sollst deinem Not leidenden und
armen Bruder, der in deinem Land lebt, die Hand öffnen.

(Deuteronomium 15,11)

Dieses Bibelwort ist so eindeutig, dass es eigentlich keiner weiteren Auslegung bedarf. Es ist ein Gebot Gottes, das im Alten Israel galt und zeigt, welchen hohen Stellenwert die sozialen Gebote und Gesetze bereits in biblischer Zeit hatten. Und auch wenn andere biblische Gesetze, soweit sie zum Beispiel das Eherecht oder kultische Reinigungsvorschriften betrafen, heute nicht mehr zeitgemäß sind, so haben doch jene Gebote, die das soziale Zusammenleben der Menschen betreffen, an Aktualität nichts verloren. Gott ist ein Gott, dem die Armen, die Schwachen und Schutzbedürftigen ganz besonders am Herzen liegen. Deshalb stellt er die Solidarität mit den Armen auch nicht in das Belieben der Menschen, sondern macht sie zu seinem Gebot: „Ich mache es dir zur Pflicht“.

Letztlich hat diese biblische Gesetzgebung auch Eingang gefunden in unser aktuelles Recht; die im Grundgesetz festgeschriebene Sozialpflichtigkeit des Eigentums wurzelt in der Bibel. Die christlichen Kirchen tun gut daran, an den hohen Stellenwert dieses Grundsatzes zu erinnern und seine Verwirklichung im politischen Handeln immer wieder einzufordern. Wenn an die christliche Prägung unserer Kultur erinnert wird, dann zählt die Solidarität mit denen, die zu den schwächeren Gliedern der Gemeinschaft gehören, mindestens so viel wie Kruzifixe in Amtsstuben.

Das Ganze ist nun nicht einfach ein moralischer Appell. Es ist deshalb ein notwendiger Bestandteil unseres Glaubens, weil es dem Wesen Gottes entspricht und sich wie ein roter Faden durch die biblische Geschichte zieht. Gott hat das kleinste Volk erwählt, weil er eine besondere Liebe zu den Kleinen und Schutzbedürftigen hat (Deuteronomium 7,7). In Jesus identifiziert er sich mit dem Kind einer Handwerkerfamilie aus dem unbedeutenden Nazareth. Jesus sucht die Nähe zu den Menschen, die ganz unten sind. Er berührt und heilt Aussätzige und kultisch Unreine und spricht die Armen selig (Lukas 6, 20).

Der Blick auf Jesus macht deutlich: es geht um viel mehr als nur darum, sich mit Spenden von seinem schlechten Gewissen freizukaufen. Es geht darum, Menschen in ihren Grenzen wahrzunehmen und anzunehmen und für sie da zu sein. Jesus hat den Menschen „seine Hand geöffnet“. Das heißt, er hat Kontakt geknüpft, Nähe zugelassen und Gemeinschaft gestiftet. Er hat schließlich sich selber hingegeben für die Menschen. Seine ausgebreiteten Arme am Kreuz zeigen, dass für ihn das „Öffnen der Hände“ eine besondere, eine einzigartige Konsequenz hatte, heilvoll für alle Menschen. Er hat das Notwendige getan. Damit hat er seiner Kirche den Weg gewiesen. Uns.

Pfarrer Thomas Sinning

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