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Geistliches Wort - Monatsspruch für Juni 2009:

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Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht parteiisch ist – ihn zu fürchten und Gerechtigkeit zu schaffen, das findet bei ihm Anerkennung, und zwar von Menschen aus allen Völkern gleichermaßen.

Petrus sagte:
Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht parteiisch ist – ihn zu fürchten und Gerechtigkeit zu schaffen, das findet bei ihm Anerkennung, und zwar von Menschen aus allen Völkern gleichermaßen.

Apostelgeschichte 10,34-35

Stadtbekannt ist die Figur der Justitia auf dem Gerechtigkeitsbrunnen am Frankfurter Römerberg. Diese römische Göttin wird als Jungfrau mit verbundenen Augen dargestellt. Die Augenbinde soll verdeutlichen, dass Recht immer ohne Ansehen der Person gesprochen wird. Juristische Verfahren gelten unabhängig von sozialem Status, kultureller Identität oder nationaler Zugehörigkeit – diese Errungenschaft der Aufklärung ist die Grundlage für jede moderne Rechtssprechung.

Der biblische Begriff der „Gerechtigkeit“ hat jedoch andere Wurzeln. Petrus spricht zu „Heiden“, also zu Nicht-juden. Sie sind es, die er für den Glauben an Jesus Christus gewinnen will. So wie Paulus war Petrus als Apostel ursprünglich Jude. Während wir bei „Gerechtigkeit“ eine wertneutrale, unabhängige und objektive Sichtweise voraussetzen, ist das hebräische Wort „Zedakah“ eigentlich unübersetzbar. Es verbindet Gerechtigkeit, Güte und Liebe zu einer Einheit und bezeichnet alles Gute, das jemand tut; von einfachen Dingen wie Almosengeben bis hin zur Selbsthingabe für den Nächsten. Wenn Gerechtigkeit mit Liebe, Barmherzigkeit und Hingabe verbunden ist, dann wird es schwierig mit der blind agierenden Justitia.

Die jüdisch-christliche Tradition spricht von einem Gott, der alles menschliche Handeln sieht (Psalm 17,2). Gott sieht und schafft Recht im Sinne einer Gerechtigkeit, die diese Welt und oft auch unser Gerechtigkeitsempfinden übersteigt. „Zedakah“ kann sogar, juristisch gesehen, eine Ungerechtigkeit zugunsten der Armen bedeuten. Grundlage für die „Zedakah“ ist der Glaube an einen gerechten, liebenden und barmherzigen Gott. Dieser „jüdische“ Gott gewinnt nun durch den Glauben an Christus universalen Charakter.

So sind für Christen kulturelle und nationale Identitäten gleich-gültig“! Entscheidend sind die Gottesfurcht und das Arbeiten an der Gerechtigkeit. Das Menschsein ist letztlich das Verbindende, und dieses Menschsein geschieht immer vor Gottes Angesicht. Das griechische Wort „prosopolämpteo“ in der Bedeutung „nicht der Person nach urteilen“ leitet sich ab von dem Substantiv „prosopon“, das „Angesicht, Person“ bedeutet: „Ohne Ansehen der Person“ ist Gott gerecht.

Somit kann es auch unter Christen keinerlei Unterschiede in Hinblick auf sozialen Status, Bildung oder Herkunft geben. Dies allerdings war genau das Problem der ersten christlichen Gemeinden, in denen Arme und Reiche, Gebildete und Ungebildete sich am Tisch des Herrn versammelten.

Die paulinischen Korintherbriefe zeigen, welche Spannungen und Grabenkämpfe es in den ersten christlichen Gemeinden gab. Es kam sogar zu Parteienbildung in Bindung an einzelne Geistliche (1.Korinther 1,10 ff.), was von Paulus heftig kritisiert wurde. Für mich ist dies eine deutliche Anfrage an den gegenseitigen Umgang in einer Kirchengemeinde, an die mögliche Ausgrenzung von Menschen und auch an die Bindung zu einzelnen Pfarrpersonen.
Für Paulus gilt zwar die Gerechtigkeit „allein aus Glauben“, aber im praktischen Handeln fordert er: „Stellt eure Glieder nicht der Sünde als Waffen der Ungerechtigkeit zur Verfügung, sondern stellt euch ganz Gott zur Verfügung als Menschen, die von den Toten auferweckt leben.“ (Römer 6,13)

Heike Seidel-Hoffmann

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