Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Geistliches Wort - Monatsspruch für Juli:

« Geistliches Wort Home

Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir

Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Psalm 139,5

Keiner kann Gott entrinnen. „Von allen Seiten umgibst du mich“, sagt der Beter des 139. Psalms. Dieser Gedanke ist durchaus zwiespältig. In einem Gedicht schreibt Eugen Roth:

Ein Mensch, der recht sich überlegt,
dass Gott ihn anschaut unentwegt,
fühlt mit der Zeit in Herz und Magen
ein ausgesprochnes Unbehagen.
Und bittet schließlich ihn voll Grau´n
Nur fünf Minuten wegzuschau´n.
Er wolle unterdes, allein
Inzwischen brav und artig sein.
Doch Gott, davon nicht überzeugt,
ihn ewig unentwegt beäugt.

So versteht es auch der Beter des 139. Psalms. Er staunt über die unerforschliche Größe Gottes und ist fasziniert von dem Gedanken, dass er selbst an den äußersten Grenzen des Lebens von ihm umfangen bleibt. Dies macht ihm nicht Angst, sondern Mut. Er weiß, dass er sich unter dem Schutz Gottes seines Lebens freuen kann. Denn der ihn von allen Seiten umgibt, ist einer, der liebevoll schützend seine Hand über ihn hält.

Nicht zuletzt deshalb ist dieser Psalmvers auch beliebt als Tauf- und Konfirmationsspruch. Denn er vermittelt die Gewissheit, dass Gott mir immer nahe ist, wo immer ich lebe und was auch geschieht; er begleitet und beschützt mich.

In guten Zeiten ist dieser Vers leicht gebetet. In Krisensituationen dagegen kann es sein, dass es schwer fällt, an Gottes beschützender Gegenwart festzuhalten. „Wo warst du Gott, als ich eine Enttäuschung erleben musste, als ich krank wurde, als ich Ungerecht behandelt wurde, als ich einen geliebten Menschen verlor, als eine Beziehung zerbrach? Warst du da, auch als ich deine beschützende Hand nicht über mir spüren konnte?“

Gerade angesichts solcher Situationen ist es gut, dieses Gebet sich neu zueigen zu machen: „Von allen Seiten umgibst du mich. Du bist da für mich.“ Der Apostel Paulus zum Beispiel hat manche schwierige Situation bewältigen müssen: verletzende Kritik, Verfolgung, Krankheit, die nicht heilen will. Er wird bedrängt von allen Seiten. Doch die Gewissheit, dass Jesus lebt, hat für ihn ein weit größeres Gewicht. Sie lässt ihn auch in größten Schwierigkeiten darauf vertrauen, dass er nicht allein ist. Ja, er kann sogar sagen: Das alles macht mich stärker. Denn Gottes Kraft wirkt in mir gerade da, wo ich schwach bin.

Die Erfahrungen von Menschen wie Paulus und von unzähligen anderen, die auch in schwierigen Situationen an dem Vertrauen auf Gottes helfende Nähe vertraut haben, sind eine Ermutigung. Gottes Hand über mir, das tut mir gut.

Dies kommt symbolisch zum Ausdruck, wenn Jugendliche bei der Konfirmation mit Handauflegung gesegnet werden. Und in gleicher Weise, wenn beim Segen im Gottesdienst die Hände über der Gemeinde erhoben werden. Das ist mehr als ein bloßes Ritual. Es ist, wenn ich es für mich ernst nehme, ein sichtbares Zeichen für Gottes Gegenwart, die mich in meinem ganzen Leben begleitet.

Deshalb will ich der Allgegenwart Gottes gar nicht entrinnen. Ich will sie genießen. Ich will die Geborgenheit, die darin zu finden ist, in alle Situationen meines Lebens mitnehmen.

Es grüßt Sie
Ihr Pfarrer Thomas Sinning