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„Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht“

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„Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht“

Fastenkalender sind im Buchhandel erhältlich oder beim Verlag „edition chrismon“, Telefon 069 / 580 98 – 247
info@7-wochen-ohne.de, www.7-wochen-ohne.de

„Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht“

Gedanken zur Fastenaktion der Evangelischen Kirche

Zwei Frauen riskieren was. Sie riskieren eine Umarmung, obwohl ihre Lebenswelten weit auseinander liegen. Das sieht man: Die eine, etwas kleiner und älter, steckt in einem freundlich geblümten Kleid. Die ergrauten Haare hat sie gut handhabbar kurz geschnitten. Die weiche Haut zeigt Altersflecken. Die Haut der anderen ist von den Handrücken aufwärts bis zum Hals tätowiert. Auf dem Kopf trägt sie helmartig eine Baseballkappe, darunter hellblonde Strähnen, die ihr ins Gesicht fallen. Jeansweste mit Nieten, Eisenkette um den Hals, Ring durch die Nase. Die rechte Hand hat sie auf die Schulter der Älteren gelegt. Schwarz lackierte Fingernägel auf Blümchenstoff. Sie drückt der anderen einen dicken Kuss auf die Wange.

Für den Augenblick einer Umarmung sind sich die so verschiedenen Frauen ganz nahe. Man sieht, dass die Nähe beide etwas kostet. Die Ältere hält mit geschlossenen Augen das Gesicht nach oben. Mund und Gesichtszüge sind angespannt: Lächelt sie oder muss sie sich überwinden, so umarmt zu werden? Die freie linke Hand der tätowierten Frau bildet eine lockere Faust. Umarmung mit rechts und Faust mit links. Ganz einfach ist es wohl nicht, so viel Nähe zu riskieren. Doch ohne Risiko gibt es keine Nähe.

„Sei vorsichtig!“, bekommen wir schon als Kind gesagt. „Fahr vorsichtig!“ gibt man lieben Menschen mit auf den Weg. Richtig und wichtig. Aber nur mit Vorsicht ist es nicht getan. Man kann aus lauter Vorsicht den Lebenskreis klein halten. Aus Furcht vor gebrochenem Herzen wagt man die Liebe nicht. Aus Angst vor Scheitern traut man sich nicht, einen Traum zu leben. Aus Furcht vor anderen fehlt einem der Mut, einem drangsalierten Menschen zu helfen. Wo nur Vorsicht regiert, fehlt das Vertrauen, sich auch einmal hinauszuwagen und die Erfahrung zu machen: Das Leben trägt.

„Mensch, riskier was! Sieben Wochen ohne Vorsicht“ ist die Ermutigung, getrost zu sein und aus diesem Trost heraus etwas zu wagen. In der Bibel wimmelt es von unvorsichtigen Frauen und Männern: Menschen, die übers Wasser laufen, Leute, die von jetzt auf gleich Job, Haus und Hof verlassen. Ein Samariter, der Barmherzigkeit wagt. Propheten im Alten Testament, die Widerspruch nicht scheuen und Klarheit um der Wahrheit willen riskieren. Der Gipfel - Jesus in seiner Bergpredigt: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“ (Matthäus 5, 38-45)

Nicht zurückschießen, sondern Verletzungen riskieren – ohne Angst, abgeschlagen unterzugehen.

Lassen Sie sich von der Bibel inspirieren! Es reichen kleine Wagnisse, um etwas in Bewegung zu bringen: ein offenes Wort wagen, Sorgen mal schweigen lassen und aus Gottvertrauen leben. Vielleicht wird einem zwischendurch der Mut wieder sinken. Das ist ganz menschlich und normal. Suchen Sie sich jemanden, der Ihnen wieder zum aufrechten Gang verhilft. So wie Gott uns Menschen hochhilft und Mut zum Leben macht: Sei getrost! Ich bin bei dir.

Pfarrer Martin Vorländer

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