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Frankfurter Rundschau, 25. Oktober 2008

„Fragen zur Allmacht“

In der Dreikönigskirche erschließen sich spannende Details oft erst auf den dritten Blick

VON MATTHIAS ARNING

Am Anfang ist es Ehrfurcht. Dann kommt man rein, sagt Heike Seidel-Hoffmann, und dann fragt man sich in diesem Gotteshaus unmittelbar am südlichen Ufer des Mains: "Kann man sich hier zuhause fühlen?"

Kann man. Ein geräumiges Zuhause, dieses Pendant zum weithin sichtbaren Kaiserdom auf der anderen Seite des Flusses, das manche in diesem Teil der Stadt auch "den Sachsenhäuser Dom" nennen, das aber eigentlich Dreikönigskirche heißt. Ein in dunkles Holz gehülltes Zuhause, in dem es sogar eine Kinderecke gibt. Diese Kinderstube mit dem Tisch und dem kleinen Stuhl in ausnehmender Schlichtbauweise scheint nicht in dieses Respekt einflößende Bauwerk zu passen, in dem an diesem Vormittag zwei Männer mittleren Alters einen Augenblick der Muße suchen.

Schließlich ist das eine prächtige Kirche mit einem eigenen kleinen Vorplatz, die beim Überqueren des Eisernen Stegs gleich in den Blick gerät. Selbst wenn Pfarrerin Seidel-Hoffmann gemeinsam mit ihren Kollegen darum bemüht ist, die Kirche den Menschen näher zu bringen - "Dreikönig", sagt die Protestantin, "ist nicht so im Bewusstsein der Frankfurter".

Dreikönigskirche

Der Ursprung der Kirche geht auf eine Stiftung des Sachsenhäuser Bürgers Heile Dymar im Jahr 1338 zurück. Mit seinen Mitteln entstand die den Heiligen Drei Königen geweihte Kapelle. Für die neue Dreikönigskirche, die man am 8. Mai 1881 eröffnete, setzte sich Dombaumeister Franz Josef Denzinger ein, der sich auch um den Wiederaufbau des 1867 niedergebrannten Doms auf der anderen Seite des Mains zu kümmern hatte. Künstlerische Impulse setzte der Maler Charles Crodel, der 1956 die neuen Kirchenfenster geschaffen hat. Er selbst verstand sein Wirken in der Dreikönigskirche als Auseinandersetzung des Eigenen mit dem Anderen.

Und wenn, dann meist wohl als ein Ort der Konzerte. Bis zur Eröffnung der Alten Oper galt dieses Gotteshaus als Konzertsaal der Stadt. Das hat sich für viele Chöre bis heute erhalten: Sie treten im Advent in der Dreikönigskirche auf, um Requien vorzutragen. Und doch bedauert die Pfarrerin, dass nicht mehr Menschen jeden Tag den Weg in die am 8. Mai 1881 eröffnete Kirche finden. Knapp neun Jahre zuvor hatte man den letzten Gottesdienst in der alten Dreikönigskirche gehalten, um sie dann abzureißen und durch einen von Franz Josef Denzinger, dem Dombaumeister, geschaffenen Neubau zu ersetzen. Ein Ölgemälde in der Nähe des Altars erinnert an den Besuch der Honoratioren an diesem Tag, an dem der Taufstein noch in der Mitte des Altarraums stand, der heute etwas weiter an den Rand gerückt ist.

An dieser Ecke, unter der schwerfällig wirkenden Empore, sitzt Heike Seidel-Hoffmann ausgesprochen gerne. Weil man von hier aus die Kirche anders auf sich wirken lassen kann, weil man von diesem Punkt erst diese "phänomenalen Glasfenster" angemessen würdigen kann.

Glasfenster, die Charles Crodel für die neugotische, ganz in rotem Mainsandstein gehaltene Hallenkirche geschaffen hat. Es ist eine Auseinandersetzung des Eigenen mit dem Anderen. Hat der 1894 in Marseille geborene Künstler selbst über seine Arbeit in der Dreikönigskirche Mitte der 50er Jahre gesagt. Der, glaubt die Pfarrerin, "hat sich was getraut, Zweifel gelassen, Widerspruch befördert". Dafür stehe das Fenster, das sich von ihrer Ecke aus gut überblicken lasse, das Glasfenster, in dem sich das Auge Gottes finde, des Allmächtigen, an den der Künstler ein gut sichtbares Fragezeichen setzte. Man muss sich eben Zeit nehmen für dieses Gotteshaus, ist Heike Seidel-Hoffmann sicher, für die Kirche, die sich erst auf den dritten Blick erschließt.

Spätestens dann allerdings verliert man sich vollends im an sich gar nicht vermuteten Detail. Im Konkreten, das einem beim Eintreten gleich unterhalb des Chores entgegen springt: "Gebt der Hußarmen umb Gottes Willen in gemeynen Kasten", steht auf dem hölzernen Schild aus dem Jahre 1531, an dem jeder Besucher der Kirche vorbei muss. "Hußarme", das ist der ausdrückliche Verweis darauf, dass allein Arme dieser Stadt im 16. Jahrhundert mit Zuwendungen rechnen konnten. Alle andere sollten ausgenommen bleiben. Um an der Almosentafel teilhaben zu können, trugen die Armen den städtischen Adler deutlich sichtbar auf ihrem Rockärmel. Als Ausweis gleichsam, arm zu sein. Und Frankfurter.

MATTHIAS ARNING

Wir danken der Frankfurter Rundschau, vertreten durch Herrn Edelbluth, für die freundliche Genehmigung, diesen Artikel kostenlos auf unserer website wiedergeben zu dürfen .

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