Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Prädikantin Ursula Schmidt: 4. Sonnntag im Advent: Freuet Euch, der Herr ist nahe!

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'Gemeindehaus Süd', 19. Dezember 2010, PSch

4. Sonnntag im Advent

Freuet Euch, der Herr ist nahe!

Predigt gehalten von Prädikantin Ursula Schmidt am 19. Dezember 2010 im Kirchsaal Süd

GNADE SEI MIT EUCH UND FRIEDE VON DEM, DER DA IST UND DER DA WAR UND DER DA KOMMT!

All diejenigen, die regelmäßig am 4. Advent zum Gottesdienst hierher in den Kirchsaal kommen, kennen unsere Tradition:
Sie wissen, dass am 4. Advent ausnahmsweise nicht die Predigt das Kernstück des Gottesdienstes ist, sondern das Singen von Adventsliedern, d.h. Sie; die Gottesdienstbesucher, dürfen sich nach der Predigt, die kürzer ist als sonst, Strophen von Adventsliedern aussuchen, das wir dann gemeinsam singen.
Diese Tradition wurde nicht ins Leben gerufen, um die Pfarrer in der Vorweihnachtszeit zu entlasten oder um die Bequemlichkeit der Prediger zu unterstützen, sondern um die Lieder zu singen, die im Kirchenjahr leider viel zu wenig und viel zu selten gesungen werden:
Weihnachtslieder hört man bereits Monate vor dem Christfest; sie werden zu sentimentalen Konsumartikeln, indem sie bis zur Geschmacklosigkeit verkitscht oder immer und überall zur nervigen Geräuschkulisse missbraucht werden.
Die Adventslieder dagegen eignen sich weniger zum Konsumieren oder zum Verunstalten, abgesehen von dem Lied „Macht hoch die Tür“, das die Werbung in der letzten Woche als „Macht hoch die Ofentür“ verballhornte, um den Kauf von Weihnachtsgeflügel und Weihnachtsbraten anzukurbeln.

Der Text, der der heutigen Kurzpredigt zugrunde liegt, ist der Wochenspruch, der uns in dieser Woche vor dem Christfest begleiten will. In der Zürcher Übersetzung des Briefes an die Philipper heißt es im Anfang des 4. Kapitels:

„FREUET EUCH IM HERRN ALLEZEIT, NOCHMALS WILL ICH SAGEN: FREUET EUCH! DER HERR IST NAHE!

„Freuet euch!“ lautet der Appell.
Wann haben Sie sich eigentlich zum letzten Mal gefreut, so richtig gefreut?
Woran liegt es denn, dass wir diese Frage meist nicht spontan beantworten können?
Warum müssen wir oft länger nachdenken, um herauszufinden, wann und worüber wir uns gefreut haben?
Liegt es daran, dass wir - seitdem wir keine Kinder mehr sind - eigentlich nicht mehr so richtig lachen können?
Liegt es daran, dass wir buchstäblich wenig oder gar nichts zu lachen haben in einer Zeit der persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Depressionen? - In einer Zeit, wo Schmerzen, Krankheiten, Todesfälle, Zukunftsängste, Katastrophen und Kriege vorherrschen und uns beherrschen und so die Freude im Keim ersticken.

Oft sieht es so aus, als ob sich nur noch Kinder richtig freuen können, dagegen scheint für die meisten erwachsenen Menschen „Freude“ ein Fremdwort geworden zu sein.

Hoffentlich ist in Ihrem Leben „Freude“ nicht zum Fremdwort geworden
Hoffentlich hängen Sie die Freude nicht zu hoch - so als würde Freude nur dann existieren, wenn wir in der Lage sind, totale Begeisterung zu empfinden, wenn wir Freude mit Taumel oder Rausch gleichsetzen.
Hoffentlich glauben Sie nicht, Freude würde sich nur dann einstellen, wenn wir in einen Freudentaumel oder einen Freudenrausch geraten.

Der Wochenspruch ruft es uns gleich zweimal zu: „Freuet euch!“
Der Apostel Paulus setzt den Appell „Freuet euch!“ in den Imperativ, mit Ausrufezeichen. Und so merkwürdig „Freuet euch!“ als Befehlsform auch klingen mag, für Paulus klingt das nicht widersinnig.
Das „Freuet euch!“ des Apostels Paulus ist vielmehr ein Zu- und ein Aufruf, eine Parole.
Und Paulus setzt sogar noch eins drauf, er steigert quasi seinen Appell,
denn Freude ist für ihn kein bloßes subjektives Glücksgefühl,
die Freude, die Paulus meint, ist zielgerichtet:
„Freuet euch im Herrn!“ sagt Paulus.
Die Freude, die Paulus meint, ist auch kein momentanes Glücksgefühl., denn Paulus sagt: „Freuet euch allezeit!“ Also: Freuet euch immer!
Für Paulus ist ständige, stetige Freude keine anstrengende Angelegenheit, kein schwieriges Problem, sondern eine Selbstverständlichkeit.
Paulus kann gar nicht anders als sich zu freuen:
erstens weil sich für ihn Freude nicht in persönlichen Empfindungen und Gefühlen erschöpft, sondern weil er Freude in Jesus Christus verankert: „Freuet euch im Herrn!
und zweitens weil Paulus weiß, dass dieser Jesus Christus uns nahe ist:
“Freuet euch im Herrn allezeit! Nochmals will ich sagen: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“

'Kirchsaal Süd', 19. Dezember 2010, PSch

Ich könnte jetzt versuchen, die Paulinische Theologie zu erläutern, und ich könnte, im Zusammenhang mit der Aussage „Der Herr ist nahe“, die eschatologischen Bezüge, also die Endzeiterwartungen der Urchristen, unter die Lupe nehmen.
Aber, um es salopp zu sagen, was würde uns das bringen?
Würde uns die Freude leichter fallen, wenn wir den Apostel Paulus theologisch besser einordnen könnten?
Würde uns die Freude leichter fallen, wenn wir die Kirchengeschichte besser verstehen würden?
Es geht in dieser Kurzpredigt weder darum zu analysieren, was die theologisch richtige Definition von „Freude im Herrn“ ist. Und schon gar nicht geht es darum, den Zeitpunkt des Naheseins Jesu Christi festzulegen.

Im wesentlichen geht es darum, dass wir uns freuen dürfen, dass Jesus Christus unser Heil- und Heilsbringer ist, so dass wir unser Glück nicht bei einem der dümmlichen Fernseh-Astrologen, einem der obskuren Religionsstifter oder einem der dubiosen esoterischen Meister suchen müssen.
Und es geht essentiell und grundsätzlich darum, dass wir uns freuen dürfen, dass uns Jesus Christus als Messias, als unser Befreier und Retter, nahe ist.
Jesus Christus ist nicht weit weg von der Realität, nicht weitab von der Wirklichkeit unseres persönlichen Lebens, nicht weit entfernt, sozusagen auf Wolke Sieben, sondern Jesus Christus ist immer in unserer Nähe, immer in unserer Reichweite, selbst dann, wenn wir davon nichts merken.

Wenn wir das glauben können, wenn wir versuchen, unser Leben danach zu orientieren, wenn wir wissen, dass wir nicht allein sind, egal, was auf uns zukommt, egal was geschieht, dann dürfen und können wir uns freuen, dann werden wir den Appell des Apostel Paulus praktizieren:

„FREUET EUCH IM HERRN ALLEZEIT. NOCHMALS WILL ICH SAGEN:
FREUET EUCH DER HERR IST NAHE!“

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN JESUS CHRISTUS UNSEREM HERRN! A M E N !

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