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Predigten von Prädikantin Ursula Schmidt: Römerbrief 12, 4 - 13 Maria und Martha

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Predigt: Gehalten von Prädikantin Ursula Schmidt am 07. März 2008 in der Deutschordenkirche

Weltgebetstag

Weltgebetstag 2008

Maria und Martha

Als sie aber weiterzogen, kam er in ein Dorf. Da war eine Frau mit Namen Marta, die nahm ihn auf. Und sie hatte eine Schwester, die hieß Maria; die setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seiner Rede zu. Marta aber machte sich viel zu schaffen, ihm zu dienen. Und sie trat hinzu und sprach: Herr, fragst du nicht danach, daß mich meine Schwester läßt allein dienen? Sage ihr doch, daß sie mir helfen soll! Der Herr aber antwortete und sprach zu ihr: Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.

Lukas 10, 38 - 42

GNADE SEI MIT UNS UND FRIEDE VON GOTT, UNSEREM VATER, UND UNSEREM HERRN JESUS CHRISTUS. A M E N

Ist jemand hier, dem diese Geschichte unbekannt wäre?
Ist jemand hier, nicht schon vieles darüber gehört und gelesen hätte?!
Ist jemand hier, dem nicht bewusst ist, dass bereits die Überschrift dieser Geschichte eine Wertung vornimmt? Denn der Titel heißt seit alters her nie „Martha und Maria“, sondern „Maria und Martha“.
Ist jemand hier, der nicht wüsste, dass die Deutungsversuche dieser Geschichte einen weiten Bogen schlagen? Z.B. von der Regel des Benedikt vom Beten und Arbeiten bis zur feministischen.
Theologie der Befreiung von althergebrachten Rollen.
Ist jemand hier, der nicht schon ganz persönliche Erlebnisse und Erfahrungen mit dieser Geschichte gemacht hätte?

Vielleicht haben Sie beim Hören wieder einmal darüber nachgedacht, welcher Typ Mensch SIE sind.
Sind Sie eher ein aktiver, energischer Typ, der die Arbeit sofort anpackt – oder sind Sie eher ein bedächtiger, kontemplativer Typ?

Jahrhunderte lang hat man die Geschichte in dieser Dualität gesehen:
Martha, die Tatkräftige, Zupackende gegen Maria, die Innige, Zuhörende.
Und ist da nicht Jesus selbst, der nicht nur eine Wertung, sondern sogar eine Bevorzugung vornimmt, indem er sagt: „Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not. Maria hat das gute Teile erwählt.“ ?

Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die scheinbar einfachen und eindeutigen Dinge der Bibel nur vordergründig einfach und eindeutig sind. So auch bei der Geschichte von Maria und Martha.
Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Erzählung nicht im luftleeren Raum steht, so dass wir sie deuten könnten, wie es uns gerade passt.
Wir dürfen nicht vergessen, dass der Bericht von Maria und Martha bei dem Evangelisten Lukas in einem Zusammenhang steht – und zwar zwischen dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter und Jesu Lehre vom Vater Unser.
Das bedeutet, dass die beiden Schwestern nicht nur zwei unterschiedliche Charaktere sind und somit zwei gegensätzliche Lebensweisen verkörpern.

Es geht hier nicht nur um „vita activa“ ODER „vita contemplativa“, es geht nicht nur um den GEGENSATZ von Handeln oder Stille.
Würden wir das Verhalten von Maria und Martha als gegensätzlich oder sogar alternativ interpretieren, würden wir Jesu Worte als einseitige Kritik und Verurteilung der Martha deuten, dann würden wir damit eine Spaltung von Leben und Glauben vollziehen.
Leben und Glauben aber gehören untrennbar zusammen!
Wenn wir unseren Glauben nur auf das Handeln beschränkten, würden wir in bloße Geschäftigkeit geraten. – Wenn wir unseren Glauben ohne Taten praktizierten, wären wir in Gefahr der weltfremden Schwärmerei.
Ohne Maria wäre unser Glaube reiner Aktionismus - ohne Martha wäre unser Glaube reine Phantasiererei.
Maria verkörpert den spirituellen Glauben in der Hektik der Zeit - Martha verkörpert die aktiven Einsätze im Chaos der Welt.
Salopp gesprochen, brauchen wir die Verhaltensweisen der Maria und Martha im Doppelpack.
Nur beide Verhaltensweisen zusammengenommen können Vorbilder sein. Denn die scheinbar gegensätzlichen Handlungsweisen der beiden Schwestern sind komplementär, sie gehören untrennbar zusammen.
So wie aus den Farben Blau und Gelb die Farbe Grün entsteht, so können uns BEIDE, Maria und Martha, für unser Leben und unseren Glauben inspirieren. Sie beide können uns zu einem SPIRITUELLEN HANDELN inspirieren.

D.h. wir dürfen uns nicht von unserer Arbeit gefangen nehmen lassen – und seien deren Ziele und Zwecke auch noch so wichtig. Wir brauchen für unsere Arbeit die Unterbrechung durch Stille. Wir brauchen die Stille für das Hören auf Gottes Wort als Basis für unser Handeln.

  • Spirituelles Handeln bedeutet, dass ich immer wieder neu danach suche, was Gott von mir will, dass ich immer wieder neu danach frage, wozu er mich bestimmt hat.
  • Spirituelles Handeln bedeutet, dass ich mit meinen Gaben und Talenten nicht für mich allein lebe, sondern mit Gleichgesinnten gemeinschaftliches Arbeiten anstrebe, das über meinen persönlichen Lebenskreis hinausgeht.
  • Spirituelles Handeln bedeutet, dass ich nicht weltfremd lebe, sondern kritisch und kontrolliert alle Informationen nutze, um Impulse und Ansätze für akute und aktuelle Hilfsaktionen zu finden.

Der heutige Weltgebetstag will uns Mut machen zu einem gemeinsamen spirituellen Handeln - mitten in unserer modernen Welt wie Maria UND Martha zu glauben und zu handeln.

MÖGE DER ALLMÄCHTIGE GOTT UNS DIE WEISHEIT SCHENKEN, WEGE ZU SPIRITUELLEM HAN DELN ZU SUCHEN UND ZU GEHEN: A M E N

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