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Predigten von Prädikantin Ursula Schmidt: Lukas 5, 1-11 Fischzug des Petrus

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Predigt: 5. Sonntag nach Trinitatis: Lukas 5, 1-11 Fischzug des Petrus

Gehalten von Prädikantin Ursula Schmidt

'Folge mir nach', 1989 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'Folge mir nach', 1989
Walter Habdank. © Galerie Habdank

Gnade sei mit uns und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Wahrscheinlich haben die meisten von uns diese Geschichte von Simon, der später von Jesus Petrus genannt wird, schon oft gehört, vielleicht so oft, dass wir glauben, dass sie uns kaum etwas Neues sagen kann.
Aber gerade die Geschichten in der Bibel, die uns so vertraut sind, die so eindeutig und einfach scheinen, haben es manchmal in sich: weil wir sie so gut kennen, lesen wir entweder nur das heraus, was wir hören wollen, - oder - wir überlesen etwas.

Wenn wir den Namen „PETRUS“ hören, fällt uns sicher sofort alles mögliche ein:
Da ist die katholische Kirche, die ihre Päpste für Nachfolger von Petrus hält - hier ist Petrus ganz in unmittelbarer Nähe von Gott, - ein Heiliger.
Und dann gibt es unzählige Witze über Petrus als strengen Wächter am Himmelstor. Hier ist Petrus meistens ganz menschlich – wie etwa bei diesem Witz:
Eines Tages kommt eine winzige Maus ans Tor des Himmels und bittet Petrus um Einlass. So etwas hat Petrus noch nie erlebt! Schon immer gab es sehr merkwürdige Leute, die in den Himmel wollten, - aber eine Maus?
Petrus hat größte Bedenken, aber die kleine Maus fleht ihn so inständig an, in den Himmel hineingelassen zu werden, dass er schließlich nachgibt.
Nach ein paar Tagen kommt die Maus wieder zu ihm. "Aha", denkt Petrus, "die hat wohl doch gemerkt, dass sie nicht in den Himmel passt." Weit gefehlt! Die Maus ist ganz begeistert vom Himmel, - aber - der Himmel ist ja soo groß, dass ihre kleinen Pfoten vom vielen Hin- und Herlaufen schrecklich weh tun, deshalb bittet sie Petrus um Hilfe.
Der überlegt angestrengt, wie er der kleinen Maus helfen kann, denn schließlich hat er sie in den Himmel hineingelassen, und sie soll sich dort auch himmlisch fühlen. Da kommt er auf die rettende Idee: er schenkt der Maus Rollschuhe.
Einige Zeit später kommt eine Katze ans Himmelstor. Die Welt hat ihr übel mitgespielt; ein rücksichtslos rasender Autofahrer har sie überrollt. Völlig erschöpft kauert die Katze vor Petrus und will unbedingt in den Himmel.
Und wieder hat Petrus große Bedenken. Erst eine Maus, dann eine Katze, wo soll das noch hinführen?
Er erklärt der Katze, dass nicht jeder in den Himmel kommen kann, dass es ganz genaue Regeln und Richtlinien für die Aufnahme in den Himmel geben würde. Wenn er jeden hineinlassen würde, wenn jetzt auch noch die Katze in den Himmel käme, dann würde es im Himmel nicht mehr himmlisch, sondern chaotisch zugehen. Dann wäre der Himmel kein Himmel mehr!
In dem Augenblick saust die kleine Maus auf ihren Rollschuhen vorbei. "Aber das muss doch der Himmel sein!" ruft die Katze, "Hier gibt es ja sogar Essen auf Rädern!"

Am Anfang unseres Predigttextes ist Petrus weit vom Himmel entfernt, die Geschichte steht im Neuen Testament unter der Überschrift "Fischzug des Petrus". Umfasst dieser Titel wirklich alles, was hier geschieht, – und hat das Geschehen etwas mit uns zu tun?

Nach dem Lukasevangelium ist Simon Petrus wahrscheinlich zum ersten Mal Jesus kurz vorher begegnet. Jesus ging nämlich nach einem Besuch in der Synagoge in das Haus von Simon, weil er offensichtlich darum gebeten wurde. Simons Schwiegermutter war schwer krank, und man hoffte, dass der Wunderheiler Jesus, der schon so vielen Kranken geholfen hatte, auch die alte Frau gesund machen würde. Und Jesus "gebot dem Fieber, und es verließ sie".

Jesus tat also, was von ihm erwartet wurde, von einer Reaktion des Schwiegersohnes erfahren wir nichts – nur von der der Schwiegermutter: “..sie stand auf und diente ihnen“. Reichlich unpathetisch und nüchtern klingt das, gar nicht wie eine Wundergeschichte, eher wie ein knappes Stichwortprotokoll. Nichts lässt darauf schließen, dass Simon, der Schwiegersohn der Geheilten, jemals wieder eine Rolle spielen würde. Anschließend heilt Jesus noch viele Menschen, die zu ihm gebracht werden, er treibt - wie es heißt - auch böse Geister aus – mit solcher Vollmacht, dass diese Dämonen in ihm den Sohn Gottes erkennen. Ist es nicht erstaunlich, dass nicht die Geheilten, sondern die bösen Geister Jesus Sohn Gottes nennen und Jesus ihnen das sogar verbietet ?!

Lukas berichtet weiter, dass das Volk Jesus am See Genezareth regelrecht bedrängt, dass sie ihn sogar festhalten, weil sie mehr von seinen Lehren hören wollen. Deshalb tut Jesus etwas, was wir heute vielleicht als einen geschickten Umgang mit den Massen, vielleicht sogar als medienerfahren bezeichnen würden:
Er erkennt eine Chance, so zu den Massen zu sprechen, dass alle ihn gut sehen und hören können; er sieht nämlich die leeren Boote von Simon und seinen Mitarbeitern, die vom Fischfang zurückgekehrt sind, steigt in Simons Boot und bittet ihn, auf den See zu fahren, sodass er von dort aus zu dem Volk predigen kann.
Simon ist sicher müde und enttäuscht. Seine schwere Arbeit war umsonst, er hat nichts gefangen. Wahrscheinlich würde er nach dem Auswaschen der leeren Netze lieber nach Hause gehen, aber er kann die Bitte Jesu schwerlich abschlagen, denn schließlich hatte der gerade seine Schwiegermutter geheilt. Jetzt muss Simon also auch noch die Predigt von Jesus anhören statt sich ausruhen zu dürfen. – Aber es kommt für Simon noch schlimmer! Nachdem Jesus seine Auslegung des Wortes Gottes beendet hat, weist er Simon an, noch einmal zum Fischen auszufahren - und das mitten am Tag, wo doch die Fischer damals nur nachts gefischt haben.
Was für ein unsinniger Ratschlag, und das von einem blutigen Laien, der vom Fischen keine Ahnung hat!

Vielleicht haben wir, egal wie alt wir sind, schon einmal ähnliche Situationen erlebt wie Simon: wir haben uns angestrengt, um etwas zu erreichen - in der Schule, im Beruf, im persönlichen Leben, in einer Krise. Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand, aber es war umsonst, wir hatten keinen Erfolg, wir sind gescheitert, wir sind enttäuscht und mutlos – ohne Perspektive, ohne Hoffnung.
Wenn uns dann Mitmenschen mit gutgemeinten Ratschlägen oder ihrer Lebenserfahrung kommen, empfinden wir diese meistens als unangenehm oder sogar lästig; darauf; können wir gerne verzichten. Selbst ermutigende und mitfühlende Worte von anderen helfen oft nicht wirklich.
Wir können uns weder vorstellen, dass es einen Ausweg aus unserer Misere geben würde noch dass sich gerade in dieser Situation eine positive Wende in unserem Leben anbahnen könnte.

'The Miraculous Draught of Fishes', 2007, M.chohan

Die Gedanken und Gefühle des Simon, der die ganze Nacht vergeblich gefischt hat, können wir also gut nachvollziehen, aber die Geschichte geht weiter: Simon versinkt nicht in seiner Mutlosigkeit, sonder er wagt etwas, das ihm selbst völlig unsinnig und unrealistisch scheint: er lässt sich auf Jesus ein, er RISKIERT etwas, was gegen seine langjährige Erfahrung als Fischer spricht: "...ABER AUF DEIN WORT WILL ICH DAS NETZ AUSWERFEN" ! Simon tut nicht das, was die menschliche Vernunft raten würde, nämlich sich auszuruhen, um in der nächsten Nacht mit frischen Kräften wieder zum Fischfang auszufahren, Simon geht das Risiko ein, auf Jesus zu hören, sich auf Jesus einzulassen. Simon wagt etwas, was man einen GLAUBENSSCHRITT nennen könnte: "...aber auf dein Wort hin will ich das Netz auswerfen." Und was geschieht? Simon fängt so viele Fische, dass er sie allein nicht bergen kann; seine Mitarbeiter müssen zu Hilfe kommen, und der Fischfang ist so groß, dass die Netze reißen und zwei Boote unter der Last der Fische zu sinken beginnen.

Was für ein toller Fang!! Logischerweise müsste Simon jetzt jubeln, - aber nein, er tut etwas Merkwürdiges, er fällt vor Jesus auf die Knie und sagt: "Herr, gehe von mir hinaus! Ich bin ein sündiger Mensch!"

Offensichtlich hat Simon ein Wunder erlebt. Wären wir nicht alle froh, wenn wir ein solches Wunder erleben dürften? Wären wir nicht dankbar, wenn sich ein ähnlich wunderbares Ereignis in unserem Leben ereignen würde, wenn wir enttäuscht, mutlos oder verzweifelt sind? Müssen wir nicht meistens lange auf ein Wunder warten, warten wir nicht oft sogar vergeblich auf ein Wunder?
WARUM also die seltsame Reaktion des Simon: „Herr, gehe von mir hinaus! Ich bin ein sündiger Mensch!“ - Liegt das daran, dass Simon Petrus oft überreagiert? Wir wissen ja, wie sehr und wie oft Petrus zu Übertreibungen neigte: er wollte seine Füße nicht nur einmal, sondern gleich dreimal von Jesus gewaschen bekommen, er versicherte, dass er Immer zu Jesus stehen, er würde ihn niemals verraten! Übertreibt Simon also auch hier nach dem wunderbaren Fischzug?

Bei der Suche nach einer Antwort hilft uns der Evangelist Lukas weiter, er klärt uns auf, er erklärt die Reaktion des Simon mit den Worten: "...denn ein SCHRECKEN hatte ihn erfasst..." Viele Menschen im Neuen Testament reagieren auf ein Wunder ähnlich wie Simon Petrus: sie erschrecken. Das beginnt mit dem Erschrecken der Maria bei der Ankündigung der Geburt Jesu durch den Engel und endet mit dem Erschrecken über die Begegnung mit dem Auferstandenen. Vielleicht könnte man das Erschrecken der Menschen auf das Wunder besser mit dem Wort EHRFURCHT übersetzen, Ehrfurcht vor der Begegnung mit dem Göttlichen. Nicht das Wunder an sich ist das Wichtigste, nicht ob und wie das Wunder geschieht, sondern das, was das Wunder bei den Menschen bewirkt, das ist entscheidend! Der Fischzug des Petrus ist nicht das Wunder, nicht die Größe des Fischfangs ist das Wunder, sondern dass Simon erkennt, dass Jesus der HERR ist, dass Jesus GOTTES SOHN ist, das ist das Wunder!

Ist das nicht ein Trost und eine Verheißung für uns heute, die wir selten oder vielleicht auch nie Wunder erleben, wie sie in der Bibel beschrieben werden?!
Dieses WUNDER DES GLAUBENS ist allen Menschen verheißen, auch uns heute. Das Wunder, dass wir glauben dürfen, dass Jesus der Christus, der Retter der Welt, ist, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Das ist das Wunder, dass wir Christus in allen Situationen unseres Lebens vorbehaltlos vertrauen dürfen.

Am Beginn meiner Predigt bezweifelte ich, ob die Überschrift "Der Fischzug des Petrus" wirklich alles umfasst, was in dieser Geschichte erzählt wird, und es zeigt sich immer mehr, dass meine Zweifel berechtigt waren.
Das Geschehen ist noch nicht zu Ende, wir sind nämlich noch nicht am Schluss angelangt, auch wenn Sie das vielleicht insgeheim gehofft hatten.

Jesus tröstet Simon in dessen ehrfürchtigem Schrecken und gibt ihm einen Auftrag. "FÜRCHTE DICH NICHT! VON NUN AN WIRST DU MENSCHEN FANGEN." Und diese Verheißung gilt nicht nur Simon Petrus und seinen Mitarbeitern, sondern allen, die an Christus glauben.

Es geht also bei unserem Predigttext nicht in der Hauptsache um einen wunderbaren Fischzug, sondern um die wahre Berufung aller Menschen, nämlich an Jesus als den Sohn Gottes glauben zu dürfen und auch andere Menschen zum Glauben zu bringen

Dass wir nur zum Glauben kommen, wenn wir Glauben wagen, dazu ermunterte mich mein Vater kurz vor seinem Tod.
Ich war 15 Jahre alt und voller Glaubenszweifel, nicht zuletzt auch deswegen, weil ich erlebte, wie mein geliebter Vater leiden musste.
Nie werde ich vergessen, wie er sagte, dass er mir gerne etwas vererben würde, nämlich seinen Glauben, aber dass Glauben so nicht funktionieren würde.
Glauben sei kein Besitz, den man vererben und erben könnte, so dass man sein Leben lang Glauben hätte.
Glauben müsse man ausprobieren und wagen, immer wieder, vielleicht sein Leben lang.

Versuchen wir es also, versuchen wir das zu tun, was Simon Petrus uns vorgemacht hat. Gehen wir das Risiko ein, uns auf Jesus einzulassen, auf Jesu Wort hin zu glauben. Erst dann kommen wir zum wirklichen Leben, erst dann werden wir lebendig, lebendig auch für andere, denn wir alle sind wie Petrus und die Jünger zu MENSCHENFISCHERN berufen.

Menschenfischer ködern nicht die Menschen, einem der zahllosen modernen Heilsbringer zu vertrauen, die sich heute überall anbieten – angefangen von fragwürdigen Stars und Idolen im Schaugeschäft oder im Sport, bis hin zu den vielgepriesenen Methoden von Wellness und Esoterik -. Menschen, die sich damit ködern lassen, bleiben gefangen und unfrei.

Menschenfischer, die das Neue Testament Jünger Jesu oder Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu nennt, fangen Menschen, damit sie frei werden von sich selbst, frei für die Botschaft des wahren Heilsbringers der Welt, Jesus Christus, und damit frei für die Mitmenschen.

Lasst uns mit Hilfe Gottes zu solchen Menschenfischern werden! AMEN

Und der Friede Gottes, der alles Menschliche Denken übersteigt, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.

Wir danken Frau Friedgard Habdank sehr herzlich, dass sie uns die Bilder ihres Mannes auf so großzügige und kostenlose Weise zur Verfügung gestellt hat. © Galerie Habdank, www.habdank-walter.de

Die Abbildung des Gemäldes 'The Miraculous Draught of Fishes ', 2007, M.chohan, ist im public domian, weil ihr copyright abgelaufen ist.

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