Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Thomas Sinning: Exaudi 1. Kor. 3, 21b-23 Konfirmation am 20.5.2012

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Exaudi - Konfirmation 2012

„Alles gehört euch!“ Kor. 3, 21b-23

Predigt gehalten von Pfarrer Thomas Sinning am 20. Mai 2012 in der Dreikönigskirche

Alles ist euer, es sei Paulus oder Apollos oder Kephas, es sei Welt oder Leben oder Tod, es sei Gegenwärtiges oder Zukünftiges, alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes. Kor. 3, 21b-23

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden!

„Alles ist euer!“ schreibt der Apostel Paulus. Alles gehört euch. Das klingt doch super. Hier wird nicht gesagt: „Wenn du größer bist, dann darfst du das auch.“ Hier wird auch nicht gesagt: „Man kann eben nicht alles haben.“ Kein Aufruf zur Bescheidenheit, sondern eher das Gegenteil ist es, was der Apostel hier sagt: „Alles gehört euch!“

Kreuzweg der Konfirmanden am 20. März 2012

Wenn man euch so kennengelernt hat in dem zurückliegenden Jahr, dann trifft das zu in vielerlei Hinsicht. Ihr als Konfigruppe habt wirklich viel drauf. Da sind vielfältige Fähigkeiten und Begabungen bei euch: Ihr habt die Fähigkeit, gute Fragen zu stellen, und auch die Antworten des christlichen Glaubens zu verstehen – auch wenn ihr sie vielleicht nicht immer so einfach übernehmen konntet. Wir haben in eurer Gruppe musikalische Begabungen erlebt, Witz und Humor, sportliche Fähigkeiten, die Fähigkeit, Spaß zu haben, kreativ zu sein, Freundschaften zu knüpfen, sich auf eine Gruppe einzulassen und noch vieles mehr. Und ich bin mir sicher, dass es unter euch noch manche bisher unentdeckte Fähigkeiten und Begabungen gibt.

Alles gehört euch. Auch die Zukunft steht euch offen. Ihr habt unglaubliche Möglichkeiten, die ihr in eurem Leben noch verwirklichen könnt. Wir älteren können da richtig neidisch werden auf euch. Denn wenn man erst mal über 50 ist, dann ist von den Lebensmöglichkeiten, die man als Jugendlicher hat, nicht mehr ganz so viel übrig. Alles gehört euch. Dazu kann ich euch nur gratulieren.

Alles gehört euch. Soweit so gut. Aber das stimmt nicht bloß, weil ihr begabt und noch jung seid und ganz viel von eurem Leben noch vor euch habt. „Alles gehört euch“, das stimmt in einer tieferen Weise, weil ihr in der Beziehung zu Gott einen Rückhalt habt, der euch frei und stark macht. In Jesus sagt Gott JA zu jedem einzelnen von euch. Wer sich geliebt und angenommen weiß, der hat eigentlich schon alles.

Denn wenn ich weiß, dass Gott ja zu mir sagt und mich annimmt und liebt, dann bekommt alles das, was ich habe und kann und was mir wichtig ist, einen besonderen Stellenwert. Denn mein Leben, meine Begabungen, meine Zukunft, alles das darf ich als Geschenk Gottes begreifen. Deine Freundschaft mit jemandem, der dir viel bedeutet – ein Geschenk Gottes. Deine Familie, die manchmal richtig anstrengend sein kann, und die doch etwas ganz Kostbares für dich ist – ein Geschenk Gottes. Dein Musikinstrument, und deine Fähigkeit, es zu spielen, auch wenn es manchmal ein Hassliebe ist – ein Geschenk Gottes. Dein Sport, dein Charakter, alles, was dir Spaß macht und was dich besonders und einmalig macht, - alles ist ein Geschenk Gottes. Deine Zukunft, für die du vielleicht schon Wünsche oder gar Pläne hast – auch ein Geschenk Gottes. Auch deine Beziehung zu Gott und deine Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Kirche – ein Geschenk Gottes. Alles das gehört dir. Von Gott dir geschenkt. Gott ist großzügig. Er spart nicht mit dem, was gut für dich ist.

Kreuzweg der Konfirmanden am 20. März 2012

„Alles ist euer, ihr aber seid Christi…“ heißt es hier weiter. Jetzt kommt ein „Aber“. Dieses Wort ist wichtig. „Aber“ meint ja oft: Hier gibt’s eine Einschränkung. Hier ist ein Nachteil versteckt. Oder: das dicke Ende kommt noch. Hier meint das „Aber“ jedoch überhaupt nichts davon, sondern das Gegenteil. Es ist sozusagen eine unglaubliche Steigerung: „Ihr aber gehört Christus“. Das ist keine Einschränkung, sondern das gibt eurem Leben einen ganz weiten Horizont. In Christus habt ihr einen Freund, dessen Liebe tiefer reicht als die einer Kurzzeitbeziehung. In Christus habt ihr einen Freund, dessen Treue weiter reicht als das, was ihr von eurem eigenen Leben überschauen könnt, weiter sogar als die Grenze von Leben und Tod. In Christus habt ihr einen, der euch an guten und an schwierigen Tagen beisteht; einen Freund, der euch zeigt, woran ihr euch orientieren könnt und was für euer Leben wichtig ist.

Und das ist ganz entscheidend. Was machst du denn mit deinen Möglichkeiten und mit deinen Begabungen? Was machst du mit deiner Zukunft und mit allem, was darin vorkommen wird? Wie kann es gelingen, dass du auch in schlechten Zeiten den Kopf oben halten und zuversichtlich nach vorne blicken kannst? Woran kannst du dich halten, wenn es um die ethischen Grundfragen des Lebens geht, für die du irgendwann selber Verantwortung übernehmen wirst? Wenn du weißt zu wem du gehörst, dann findest du Antworten auf diese Fragen. „Ihr gehört Christus, und damit gehört ihr zu Gott“. Deshalb ist es gut, zu wissen, was Jesus von Gott erzählt hat, ist es gut, das ernst zu nehmen, was er uns als Handlungsanweisungen gegeben hat, und es ist gut, zu wissen, dass er uns teil gibt an dem Leben, das den Tod überwindet.

Wenn ich zu Christus gehöre, dann weiß ich, dass die Suche nach Gott ein Ende hat. „Christus ist Gottes.“ Jesus Christus zeigt mir, wer Gott ist und wie Gott ist. Und wenn ich ihm vertraue, dann weiß ich, dass er mir nahe ist wie ein Freund, dem ich wichtig bin. Diese Gewissheit, dass du niemals allein bist, wird dir immer wieder den Rücken stärken, wird dir helfen, dass du deinen Weg findest.

Diese Gewissheit hat aber noch eine andere Seite. „Ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes,“ sagt Paulus. Dieses „Aber“ hat es in sich, haben wir gehört. Es weitet den Blick. Und es gibt mir die Möglichkeit, in bestimmten Situationen selber „aber“ zu sagen. Denn das hat Jesus auch getan. Er sagt zum Beispiel: „Ihr habt gehört, dass man früher gesagt hat Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen; ich aber sage euch: Liebt eure Feinde.“ Vielleicht erinnert ihr euch daran, wie Jesus das meint; wir haben im Unterricht darüber gesprochen. Auch wir können „aber“ sagen. Denn es gibt immer eine Alternative. Wer zu Christus gehört, der wird das Wort „alternativlos“ nicht mögen. Der weiß: es gibt immer eine Alternative. Es gibt immer die Möglichkeit „aber“ zu sagen. Und manchmal, wenn Menschen ungerecht behandelt werden, wenn es unehrlich zugeht oder Böses geschieht, dann meint das Aber auch einen klaren Widerspruch dagegen, den Jesus von uns erwartet.

Wenn du siehst, wie andere einen Mitschüler fertigmachen, dann kannst du mit der Schulter zucken und denken: „Der ist halt ein Opfer.“ Aber du kannst dich auch dafür einsetzen, dass er von den anderen fair behandelt wird.

Kreuzweg der Konfirmanden am 20. März 2012

Wenn du denkst, du hast keine Zeit, zum Gottesdienst zu kommen, weil es immer sonntags so früh ist, kannst du dich umdrehen und weiterschlafen. Aber du kannst dich auch aufraffen und trotzdem gehen, oder dich daran erinnern, dass es ja auch noch den Jugendgottesdienst Donnerstag abends gibt.

Oder: da sagt deine Freundin zu dir: es ist zum Verzweifeln. Und du denkst: Ja, sie hat recht. Und du hast Mitleid mit ihr. Aber du kannst auch sagen: „Ja, ich verstehe, wie du dich fühlst, aber komm, lass uns beten, ich glaube, dass Gott helfen wird, und ich lass dich nicht allein.“ Oder wenigstens im Stillen für sie beten und ihr versprechen, sie nicht allein zu lassen.

Wer zu Christus gehört, der weiß, dass es immer eine Alternative gibt. Eine Alternative zu hoffen, zu glauben, und einer Alternative, anders zu handeln. Wer zu Christus gehört, wird sie suchen und finden.

Deshalb ist es eine kostbare Gewissheit, die euch heute zugesprochen wird: „Alles ist euch, ihr aber gehört Jesus Christus.“ Etwas Schöneres kann man über euch gar nicht sagen. Amen.

Das Gemälde St. Paul in Prison', 1627, Rembrandt, ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für alle Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 Jahren oder weniger nach dem Tod des Urhebers.
Die Photographie 'Haitian orphans', 2010, Marcello Casal Jr/ABr, wurde von der Agência Brasil, einer öffentlichen brasilianischen Nachrichtenagentur, erstellt. Deren Webseite besagt: "O conteúdo deste site é publicado sob a licença Creative Commons Atribuição 2.5 Brasil.
Die Photoggraphie 'Church door, near to Kettlethorpe, Lincolnshire, Great Britain', 2009, Richard Croft, stammt aus der Sammlung des Projektes „Geograph British Isles“. Siehe die Seite des Fotografen für Kontaktinformationen. Das Urheberrecht dieses Bildes ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen-2.0-Lizenz.

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