Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten von Pfarrer Thomas Sinning: Predigt über Matthäus 11,25-30 Lasten tragen

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'Canticum novum zu Psalm 96', 1973 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'Canticum novum zu Psalm 96', 1973 - Walter Habdank.
© Galerie Habdank

Cantate

Lasten tragen Matthäus 11,25-30

Predigt gehalten von Pfarrer Thomas Sinning am 10.5.2009

Liebe Gemeinde,

Wir feiern heute den Sonntag Kantate: „Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder!“ Dieses Motto aus dem 98. Psalm prägt den heutigen Sonntag. Auch wenn es wunderbar ist zuzuhören, wenn solch schöne Musik zu hören ist wie in der eben gehörten Messe, so sind wir hier doch alle eingeladen, selber zu singen und mit unseren Liedern Gott zu loben. Keiner ist das ausgenommen. Keiner kann da behaupten: „Ich kann nicht singen.“ Selbst wer mit seiner Stimme Probleme hat, kann nämlich mit seinem Herzen singen.

In dem Evangelium für den heutigen Sonntag Kantate hören wir auch von einer Einladung:

Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen. Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will. Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Jesus lädt die Menschen ein zu sich. Es ist nicht die Einladung eines Verkäufers, der für etwas wirbt, das er gerne verkaufen möchte. Wenn Jesus einlädt, dann verlangt er keinen Preis, dann stellt er keine Bedingung. Seine Einladung richtet sich nicht an die, die glauben, alles zu haben, vieles zu wissen, vieles zu können und vieles richtig zu machen. Jesu Einladung richtet sich vielmehr an die, für die man üblicherweise nur wenig Wertschätzung entgegenbringt, an die „Unmündigen“, wie es hier heißt, an die „Armen und an die Leid tragenden und an die Unrecht erfahren und sich nach Gerechtigkeit sehnen,“ wie er in der Bergpredigt sagt.

Man könnte es heute am Sonntag Kantate auch so ausdrücken: Jesu Einladung gilt denen, denen eben ganz und gar nicht zum fröhlichen Singen zumute ist. Sie gilt jenen, denen das Singen unter mancher Last ihres Lebens vergangen ist. Und das Besondere ist: Der, der hier einlädt, weiß, wovon er spricht, wenn er die „Mühseligen und Beladenen“ anspricht. Er weiß um die Lasten derer, die vor lauter sorgen nicht mehr aus noch ein wissen, er weiß um die Belastungen eines Menschen, der krank ist, er weiß um die Last von Schuld, die einem Menschen zu schaffen macht, und er weiß auch, wie schwer es für einen Menschen ist, wenn er meint, sich nur auf sich selber verlassen zu können und sein Leben im Vertrauen nur auf seine eigenen Möglichkeiten zu bewältigen sucht.

Jesus weiß, was es heißt, Lasten zu tragen. Sein ganzes Leben ist geprägt von diesem Thema des Lasten Tragens. Doch wozu lädt er ein? Wenn er hier Ruhe für die Seele verheißt, dann ist das keine neue Entspannungstechnik, die hier empfohlen wird. Immerhin zeigt die große Nachfrage nach solchen Methoden, daß gerade heute viele Menschen sich nach Ruhe für ihre Seele sehnen. Aber herstellen läßt sie sich nicht so einfach. Ruhe für die Seele ist keine Frage der Technik oder der Methode. Sondern Ruhe für die Seele, das Finden eines inneren Gleichgewichtes, das geschieht da, wo ein Mensch in einer lebendigen Beziehung zu Gott steht. Augustinus sagt in dem ersten Kapitel seiner Bekenntnisse: „Unruhig ist unser Herz, bis daß es Ruhe findet in dir.“ Der Weg zur Ruhe der Seele führt also zu Gott. Er würde aber niemals zum Ziel führen, wenn Gott nicht selber von sich aus den Menschen entgegengekommen wäre. Er ist uns nahe in Jesus.

Darum muß Gott für uns Menschen nicht der große Unbekannte bleiben, vor dem man erschrecken müßte, oder den man links liegen läßt, weil er unerreichbar scheint. Gott hat sich uns Menschen bekannt gemacht. Er begegnet uns in den menschlichen Gesicht Jesu. Deshalb können wir, wenn wir Jesu Einladung folgen, gewiß sein, daß Gott uns nahe ist und uns liebt. Denn „niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.“ Das hat Jesus getan.

Jesus lädt die Menschen ein zu sich. Er will uns zum inneren Gleichgewicht verhelfen in der Beziehung zu Gott. Das aber bedeutet, daß sich an mir und in mir etwas verändert; daß Gott Gestalt gewinnt in meinem Leben. Deshalb sagt Jesus: „Lernt von mir!“ Jesus stellt sich als Vorbild hin. Wir dürfen und wir können ihm nachfolgen und uns an seinem Vorbild orientieren. Das ist eine faszinierende Perspektive: Wir Menschen können Gott ähnlich werden. Darum geht es: Gott ähnlich werden. Durch unser Leben und unser Tun.

'Kreuzaufnahme', 1980 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'Kreuzaufnahme', 1980
Walter Habdank. © Galerie Habdank

Das mag vielleicht vermessen und hochmütig klingen. Doch es ist in der Tat so gemeint. Der Kirchenvater Athanasius spricht sogar davon, daß der Mensch göttlich werden soll; er sagte: „Gott wurde Mensch, damit wir göttlich werden.“ Das ist es. Doch eins ist dabei wichtig zu bedenken: Gott bleibt der Handelnde. Er gibt uns die Möglichkeit, und die Kraft, wenn wir Gutes tun. Nur weil er uns einlädt, können wir Gott ähnlich werden. Und das ist nichts, wo Eitelkeit oder Selbstzufriedenheit angebracht wäre.

Was Jesus hier weiter sagt, klingt gar nicht so attraktiv, wenn er dazu auffordert, sein Joch auf sich zu nehmen. Ein schweres hölzernes Joch, das einem Ochsen aufgelegt wird, damit er Lasten tragen kann, ist keine angenehme Sache; ja, eigentlich ist das für einen Menschen gar nicht zu schaffen, ein solches Joch zu tragen. Und das gilt auch im übertragenen Sinne: die Lasten unseres eigenen Lebens, die uns selber doch oft überfordern, alleine zu tragen, das schaffen wir oft auch nicht. Und die Lasten anderer auch noch mit zu tragen, das ist noch viel schwerer.

Und doch sagt Jesus: „Mein Joch ist sanft, und meine Last ich leicht.“ Das ist wie wenn einer einen schweren Holzbalken auf seinen Schultern trägt, der ihn geradezu niederdrückt; Kurz vor dem Zusammenbruch kommt ein Anderer, ein Stärkerer, der den Balken auf seine Schultern nimmt: mit einem Mal wird die Last, die vorher noch unerträglich und niederdrückend war, leicht. So ist es hier: Jesus hat am Kreuz alle Lasten unseres Lebens am eigenen Leibe ertragen. Er hat als Unschuldiger die Schuld anderer aushalten müssen, er hat schlimmste Schmerzen und körperliche Qualen erlitten bis hin zum Tod. Und so hat Gott selber uns von der Mühsal eines Lebens befreit, in dem ich selber mit allen Belastungen und Problemen alleingelassen bin.

Er hat die Mühsal getragen, die wir verspüren, wenn wir an unsere Grenzen stoßen, körperlich oder seelisch. Da, wo ich denke: „Mir reicht´s jetzt,“ oder „Ich kann nicht mehr!“, da steht er neben mir und zeigt mir: „Ich bin für dich da, Du bist nicht allein.“ Und weil er unsere Lasten trägt, sind wir auch frei, die Lasten anderer mit zu tragen und so Töne der Klage und der Trauer in Lieder der Freude zu verwandeln.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

Gebete zum Sonntag Kantate (Quelle: Agende der EKHN)

Eingangsgebet

Wenn das Leben wie ein Lied ist,
Gott,
dann ist es schön.
Viele können einstimmen,
bis sie die Melodie in ihrem Herzen aufgenommen haben.
Freude wird die Verdrießlichkeit verjagen
und uns dazu bringen, deine Wunder zu sehen,
in der Blüte, die sich öffnet,
in dem Kind, das zum Leben erwacht,
in Menschen, die einander zugetan sind,
in jedem, der nach Hause findet.
Dafür danken wir dir, Gott,
und singen dein Lob.

'In terra pax', 1983, farbig, Jesaja 11, 6-9 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'In terra pax', 1983, farbig, Jesaja 11, 6-9
Walter Habdank. © Galerie Habdank

Fürbittengebet

Barmherziger Gott,
auch wenn wir voll Freude singen
und mit der Musik die Wunder des Lebens feiern,
denken wir doch auch an die Not in der Welt:
an Krieg und Gewalt, Hass und Zerstörung.
Durch Musik und Lieder stärke du die Menschen,
die den Weg der Gerechtigkeit gehen
und eintreten für die Unterdrückten und Gefangenen.
Durch Musik und Lieder
verändere und bewege die Verantwortlichen,
dass Krieg und Gewalt ein Ende haben.

Tröstender Gott,
wir möchten ein Lied der Hoffnung singen
für alle deine Geschöpfe,
für Menschen und Tiere, für Bäume und Pflanzen.
Ermutige uns alle,
dass wir das Schwache schützen
und das Bedrohte bewahren,
dass wir uns einmischen, wenn Unrecht geschieht,
dass wir Fremde bei uns aufnehmen
als Nachbarinnen und Nachbarn
als Freundinnen und Freunde.

Lebendiger Gott,
bewege und berühre uns immer wieder neu
mit der Sprache der Musik,
damit wir getröstet und gestärkt werden.
Lass uns in den Tönen und Klängen etwas ahnen
von der Welt, wie du sie gemeint hast.
Segne unser Musizieren und Jubilieren,
unser Singen und Sagen,
unser Hören und Handeln.
Zeige uns die Welt deiner Wunder.
Gemeinsam singen wir dein Lob.

Wir danken Frau Friedgard Habdank sehr herzlich, dass sie uns die Bilder ihres Mannes auf so großzügige und kostenlose Weise zur Verfügung gestellt hat. © Galerie Habdank, www.habdank-walter.de

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