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Predigten von Pfarrer Thomas Sinning: Augen für das Kleine haben

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Erntedankfest - Predigt: Augen für das Kleine haben

Gehalten von Pfarrer Thomas Sinning am Erntedankgottesdienst am 30.09.2007 in der Bergkirche um 10 Uhr

Augen für das Kleine haben

Ich möchte euch eine Begebenheit erzählen, die sich vor etwa 25 Jahren in Spanien ereignet hat:

Jose Garcia wurde in der Nähe von Valencia in Spanien beim Beerensammeln durch einen Hund gestört, der ihn dauernd umkreiste und ihn schließlich durch sein seltsames Verhalten veranlasste, ihm zu folgen.
Der Vierbeiner marschierte geradewegs auf ein Bahngleis zu, wo ein neunjähriges Mädchen den Fuß in einer Schiene festgeklemmt hatte.
Während sich Garcia vergeblich bemühte, das Kind aus seiner gefährlichen Lage zu befreien, brauste ein Zug heran. Der Mann rannte ihm winkend und schreiend entgegen, und es gelang dem Lokführer tatsächlich, rechtzeitig zu bremsen. Vereint schafften es die beiden dann auch, den Fuß des Mädchens zu befreien.
Wie sich später herausstellte, hatte das Mädchen vor seinem Unfall sein Butterbrot mit dem streunenden Hund geteilt und dieser hatte ihm wahrscheinlich aus Dankbarkeit das Leben gerettet.

Nur ein halbes Butterbrot – eine Kleinigkeit. Und doch war diese Kleinigkeit hier so wichtig, dass diesem Mädchen dadurch das Leben gerettet wurde. Das Kleine ist manchmal ganz wichtig. Und der Schlüssel dazu ist die Dankbarkeit.

Jesus hat immer wieder darauf hingewiesen, dass das Wichtige klein anfängt. Das ist so eine Art Naturgesetz in Gottes Welt:

Was klein anfängt, das wird groß werden und das ist ganz wichtig. Jesus sagt sogar: Die Kinder sind den Erwachsenen ein Vorbild; einmal hat er ein Kind in die Mitte gerufen und zu seinen Jüngern gesagt: Wer bereit ist, so klein zu sein wie dieses Kind, der ist in Wahrheit der Größte bei Gott.

Und die Geschichten, die er erzählt hat, von denen wir vorhin gehört haben, das Gleichnis vom wachsenden Samen und vom Senfkorn, die bringen das auch zum Ausdruck. Und wie schön es ist, wenn aus dem Samen etwas wächst, das habt Ihr Kinder uns ja eindrucksvoll vorgeführt.

Es lohnt sich daher, Augen für das Kleine zu haben. Gott hat in jeden einzelnen Apfel und in jede einzelne Blüte und in jedes einzelne Samenkorn seine Güte hineingelegt. Damit wir uns daran immer wieder erinnern, ist es gut, Gott dafür zu danken. Deshalb ist es ein guter Brauch, vor dem Essen ein Tischgebet zu sprechen. Ohne den Segen Gottes wäre das alles nicht gewachsen.

In dem unglaublichen Lebenspotential, das in einem kleinen Kind steckt, da können wir auch ganz viel von Gottes Segenskraft erkennen.

Und in vielem, was man gewöhnlich als klein und unwichtig ansieht, kann auch ganz viel von Gottes Liebe und Güte verborgen sein. Das gilt es zu entdecken. Wenn eine Mutter mit ihrem schreienden Kind es schafft, geduldig zu bleiben, wenn ein Vater es schafft sich Zeit für seine Familie zu nehmen, wenn eine Nachbarin sich um die hilflose Frau von nebenan kümmert, wenn einer einen kleinen Geldbetrag spendet oder in die Kollekte legt, dann mögen das alles Kleinigkeiten sein, die nicht viel Aufsehen erregen – aber sie können Zeichen von Gottes Liebe sein. Und dafür lohnt es sich, Danke! Zu sagen.

Die Dankbarkeit nämlich hat eine bemerkenswerte Eigenschaft: sie macht das Kleine groß; sie verstärkt die Freude. Und sie kann Gutes bewirken. Vielleicht sogar ein Leben retten, wie in dem eben gehörten Beispiel.

Und noch eines ist wichtig: wenn man danke sagt, dann verändert sich die Wahrnehmung. Ich nehme Dinge wahr, die mir zuvor selbstverständlich schienen. Wer Gott dankt, jeden Tag, der entdeckt, wie viel Gutes Gott schenkt, jeden Tag. Und das kann einen positiv verändern, fröhlicher und gelassener werden lassen.

Vergessen wir daher nicht, danke zu sagen: den Menschen, denen wir viel oder wenigstens etwas verdanken, aber vergessen wir auch nicht, Gott danke zu sagen. Nicht nur heute, sondern jeden Tag.

Amen

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