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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Matthäus 17, 1 - 9 Für Verwandlung und Herrlichkeit vorgesehen

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Ausschnitt aus 'Die Verklärung Jesu' - Ikonen-Museum Recklinghausen

Ikonen-Museum Recklinghausen: Die Verklärung Jesu (Ausschnitt)

Letzter Sonntag nach Epiphanias

Für Verwandlung und Herrlichkeit vorgesehen Matthäus 17, 1 - 9

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2003

Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist. (Matthäus 17, 1-9)

Der griechische Philosoph Aristoteles starb 332 vor Christus. Er galt als der größte Denker und Naturforscher des Altertums. Aber Aristoteles machte einmal eine Behauptung, die nicht stimmt. Er behauptete: je schwerer ein Objekt ist, um so schneller wird es zur Erde fallen. Und 2000 Jahre lang kam niemand auf die Idee, diese Behauptung zu überprüfen, bis Galileo im Jahre 1589 an dem schiefen Turm von Pisa ein berühmtes Experiment durchführte. Er lud Professoren dazu ein, teilzunehmen. Diese Gelehrten standen am Fuß des Turmes und Galileo stieg auf die Spitze und ließ zwei Gewichte fallen: ein Gewicht wog ein Pfund, das andere 10 Pfund. Beide Gewichte landeten gleichzeitig. Damit hatte Galileo vorgeführt, dass Aristoteles etwas Falsches behauptete hatte.

Aber die Professoren weigerten sich, zu glauben, was ihre Augen gerade gesehen hatten. Denn sie waren überzeugt, dass Aristoteles unfehlbar war. Sie glaubten nach wie vor, was sie von Aristoteles gelernt hatten: je schwerer ein Gewicht ist, um so schneller wird es zur Erde fallen.

Diese Begebenheit offenbart etwas typisch Menschliches. Glaube ist eigentlich eine Willensentscheidung. Zuletzt glauben wir, was wir glauben wollen. Wenn es um Glaubensüberzeugungen geht, spielt es eine untergeordnete Rolle, was unsere Augen sehen oder welche Tatsachen vorliegen. Die meisten Menschen werden das glauben, was sie immer geglaubt haben, egal was man ihnen vorführt. Deswegen können Vorurteile jahrhundertlang am Leben bleiben.

Die Jünger Jesu sind auch ein Beispiel für diese Feststellung, dass Glaube eine Willensentscheidung ist, die von dem Sehen nicht zu beeinflussen ist.

Der Matthäustext, der für heute vorgesehen ist, beschreibt die Verklärung Jesu. Unmittelbar vor dieser Verklärung hatte Jesus seinen Jüngern angekündigt, dass er in Jerusalem viel leiden müsse und getötet werden wird, dass er aber am dritten Tage auferstehen wird. Die Jünger konnten diese Worte nicht akzeptieren: sie konnten weder akzeptieren, dass Jesus leiden und sterben sollte, noch konnten sie an seine Auferstehung glauben.

Und dann gab es diesen geheimnisvollen Moment an einem hohen Berg. Matthäus berichtet:

Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm.

In diesem Moment wurde die Zukunft vorweggenommen. Es heißt wortwörtlich, dass Jesus verwandelt oder transformiert wurde. Die Jünger konnten sehen, wie Jesus am Ende seiner Leidenszeit aussehen würde, wenn die Herrlichkeit Gottes an ihm offenbart wird. Die Verklärung war eine Vorschau.

Diese Geschichte von der Verklärung ist so aufgebaut, dass der Leser gleichzeitig an die Leidensgeschichte Jesu denken sollte. Er sollte daran denken, wie das Leben Jesu endete: nämlich in unbeschreiblichem Leiden. Er starb in Schande; er starb als Versager. Zuletzt war alles sinnlos. Aber Gott hat in Jesus exemplarisch vorgeführt, dass er alles verwandeln kann und will: er kann Trauer in ewige Freude verwandeln, er kann aus einem gebrochenen Leib einen verklärten Leib schaffen; er kann Vergänglichkeit in Unvergänglichkeit verwandeln; er kann aus einer Erniedrigung einen Sieg schaffen, der für alle Zeiten unantastbar bleibt. Und was Gott in Jesus vorführte, gilt für alle Menschen.

Die drei Jünger, Petrus, Johannes und Jakobus, durften die Herrlichkeit sehen, für die Jesus und alle Menschen vorgesehen sind. Und um diese Wahrheit zu unterstreichen, erschienen Mose und Elia, Personen, die seit Jahrhunderten tot waren, und redeten mit Jesus. Damit wurde die Macht Gottes vorgeführt, der tote Menschen auferwecken und verklären kann.

Man müsste denken, dass die Jünger danach keinen Zweifel mehr hatten, dass Gott die Toten auferwecken kann und will. Sie hatten mit ihren eigenen Augen die Herrlichkeit des ewigen Lebens an Jesus, Mose und Elia gesehen. Aber sie reagierten genau wie die Professoren am Fuß des schiefen Turmes von Pisa. Sie haben nicht geglaubt, was ihre Augen gesehen hatten.

Denn dieser großartige Moment hat ihre tiefsten Überzeugungen nicht geändert. Denn als Jesus starb, hatten sie mit der Auferstehung Christi überhaupt nicht gerechnet. Am Ostermorgen waren Frauen am Grab und hatten festgestellt, dass das Grab leer war. Sie hatten von Engeln erfahren, dass Jesus auferstanden war und sie hatten den Auferstandenen sogar gesehen. Aber als sie den Jüngern davon berichteten, haben die Jünger immer noch nicht an die Auferstehung Christi geglaubt. Wie Lukas berichtet: sie hielten diese Auferstehungsberichte der Frauen für „Geschwätz“.

Petrus, Johannes und Jakobus sind Beispiele, wie schwerfällig wir Menschen sind, und wie sehr wir in Gewohnheiten verfangen sind. Zuletzt glauben wir, was wir gewohnt sind, zu glauben.

'Vacuum tube radio', 2009, Armstrong1113149

Es wird von einem Mann berichtet, der in Nashville, Tennessee lebte. Er kaufte ein neues Radio, brachte es nach Hause und stellte es auf den Kühlschrank. Er schaltete das Radio an und suchte einen Sender, der den ganzen Tag nur Countrymusik bringt. Und nachdem er sein Radio auf diese Station eingestellt hatte, entfernte er alle Knöpfe von seinem Gerät. Er wollte nur einen einzigen Sender hören, der immer nur eine bestimmte Art Musik bringt. Alles andere hat ihn nicht interessiert und er schloss die Möglichkeit aus, dass er aus Versehen irgendetwas hört, was er nicht hören wollte, indem er die Knöpfe abmontierte.

Diese Begebenheit kann als Gleichnis dienen. Viele Menschen sind vergleichbar mit diesem Radio in Nashville. Sie sind auf eine einzige Wellenlänge eingestellt und sind nicht mehr empfänglich für etwas Neues. Es gibt Menschen, die gewohnt sind, bestimmte Dinge zu glauben, und sie hören nur das, was ihre Überzeugungen bestätigt. Und sie wollen bei ihren Überzeugungen bleiben. Sie wollen nicht grundlegend verändert werden.

Aber wir Menschen sind für grundlegende Veränderungen vorgesehen. Die Verklärung Jesu ist eine Demonstration, dass wir Menschen für Verwandlung vorgesehen sind. Wir haben keine Wahl. Wir werden in Staub und Asche verwandelt, ob wir wollen oder nicht. Aber Staub und Asche ist nicht das Endziel, das Gott mit uns Menschen vorhat. Wie Paulus in dem Philipperbrief schreibt:

Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel; woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unsern nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.

Drei Jünger durften diese Herrlichkeit sehen, für die wir vorgesehen sind. Und durch ihre Augen dürfen wir diese Herrlichkeit auch sehen, wenn auch aus zweiter Hand. Und im Laufe ihrer Geschichte hat die Christenheit versucht, diese Herrlichkeit zu veranschaulichen. Die Musik von Komponisten wie Bach oder Händel vermittelt etwas von der Herrlichkeit, die in Ewigkeit auf uns wartet. Auch die Kunstwerke und die Kathedralen der Christenheit wollen die Herrlichkeit andeuten, für die wir bestimmt sind.

Aber das nutzt alles nichts, wenn wir nicht daran glauben wollen. Von uns werden deshalb Willensentscheidungen gefordert. Diese Willensentscheidungen kommen in jedem Gottesdienst vor. Wenn z. B. Lieder vorkommen, ergibt sich eine Willensentscheidung: will ich Gott loben und danken oder will ich es nicht tun? Wenn die biblische Verkündigung vorkommt, ergibt sich die Entscheidung: will ich das Wort Gottes hören oder nicht hören? Wenn Gebete vorkommen, ergibt sich die Entscheidung: will ich zu Gott sprechen oder nicht? Wenn das Glaubensbekenntnis vorkommt, ergibt sich die Entscheidung: will ich dieses Bekenntnis verstehen lernen oder genügt es mir, Worte nachzusprechen, die ich nicht begreifen will? Und wenn das Abendmahl angeboten wird, ergeben sich die Kernentscheidungen des Gottesdienstes: will ich mich öffentlich zu Christus bekennen oder nicht? Will ich Gemeinschaft mit Gott verwirklichen oder nicht? Will ich zu seinem Volk gehören oder will ich für mich selbst allein bleiben? Im Gottesdienst soll die Verwandlung anfangen, die Gott an uns zuletzt vollziehen will.

Aber Gott wird uns nicht gegen unseren Willen verändern. Er wartet auf unsere Zustimmung. Und vielleicht wartet er bis in die Ewigkeit hinein.

In dem 1. Johannesbrief steht geschrieben:

Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.

Wir sind dazu bestimmt, Gott zu sehen, wie er wirklich ist und in dieser Begegnung mit ihm verwandelt zu werden: wir werden ihm gleich sein und an seiner Herrlichkeit teilhaben. Möge Gott uns helfen, dass wir diese Verwandlung auch wollen.

Wir danken dem Ikonenmuseum Recklinghausen (www.kunst-in-recklinghausen.de/6im.html) für die Genehmigung, Ikonen aus diesem Museum kostenlos zeigen zu dürfen.
Die Photographie 'Vacuum tube radio', 2009, Armstrong1113149, wurde von ihrem Urheber zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben. Diese Datei ist damit gemeinfrei („public domain“). Dies gilt weltweit.

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