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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Jakobus 5,13-16 Die heilende Kraft des Gebetes

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Die heilende Kraft des Gebetes

19. Sonntag nach Trinitatis

Die heilende Kraft des Gebetes Jakobus 5,13-16


Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2000

Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden. Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. Jakobus 5,13-16

Es gibt Stellen in der Bibel, die eine wissenschaftliche Bestätigung gefunden haben. Und dazu gehört der heutige Text aus dem Jakobusbrief. Inzwischen ist es erwiesen, dass ein Zusammenhang besteht zwischen Gesundheit und Glauben und zwischen Heilung und Gebet. Die meisten Untersuchungen dazu gab es in den USA.

'University Hall in Purdue University ', Abhijitsathe, 2009

Zum Beispiel gab es 1992 eine Untersuchung der Purdue Universität, die von einem medizinischen Soziologen durchgeführt wurde. 1.473 Personen nahmen teil an einem Forschungsprojekt, um herauszufinden, ob ein Zusammenhang besteht zwischen regelmäßigem Gottesdienstbesuch und dem gesundheitlichen Befinden. Es stellte sich heraus, dass regelmäßiger Gottesdienstbesuch eine deutlich positive Auswirkung auf das gesundheitliche Wohlbefinden hat. Es war nicht das Ziel dieser Untersuchung, festzustellen, warum gläubige Menschen im Allgemeinen gesünder sind, aber der Leiter der Untersuchung sagte dazu: „Personen, die in ihrem Glauben ernsthaft sind, sind vermutlich ausgeglichener...Außerdem bietet eine Glaubensgemeinschaft einen Halt an, wenn Stress oder andere Probleme auftreten. Und es gibt für gläubige Menschen die Sabbatruhe, die eine Auswirkung auf die Gesundheit hat.“

Im Bundesstaat Virginia gab es in einer medizinischen Hochschule 22 Studien zum Thema Glauben und Gesundheit. Auch hier wurde festgestellt, dass aktive Kirchenmitglieder deutlich gesünder sind: der Blutdruck ist niedriger, Herz- und Lungenkrankheiten kommen weniger häufig vor. Auch hier gab es keine empirische Erklärung für dieses Ergebnis. Ein Forscher sagte dazu: „Es kann sein, dass religiöse Ernsthaftigkeit zu einem gesünderen Lebensstil führt, ... oder vielleicht trägt die Hoffnung des Glaubens dazu bei, dass das Immunsystem gestärkt wird.“

Es ist ausgerechnet worden, dass die Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt zu bekommen, unter aktiven Gläubigen 60% geringer ist.

Das Nationale Gesundheitsamt der USA hat in einer Veröffentlichung über Herzkrankheiten 5 Faktoren genannt, die gegen Herzkrankheiten vorbeugend wirken. An erster Stelle stand „wöchentlicher Gottesdienstbesuch“.

Auch eine Lebensversicherungsgesellschaft hat in einer Veröffentlichung über gesundheitsfördernde Maßnahmen die religiöse Orientierung an erster Stelle genannt.

Nach einer Untersuchung, die unter 455 älteren Krankenhauspatienten durchgeführt wurde, haben Menschen, die regelmäßig am Gottesdienst teilnehmen, durchschnittlich 4 Tage pro Jahr im Krankenhaus verbracht. Menschen, die nie oder selten einen Gottesdienst aufsuchten, verbrachten durchschnittlich 10 bis 12 Tage pro Jahr im Krankenhaus.

Solche Zahlen muss man allerdings mit Vorbehalt genießen. Statistiken können auf Wahrheiten hinweisen, aber sie sind zuletzt nicht absolut zuverlässig. Der Zusammenhang zwischen Glauben und Gesundheit lässt sich zuletzt nicht beweisen, denn Glaube lässt sich nicht wissenschaftlich definieren. Aber die Indizien sind zunächst eindeutig. Gebet und Anbetung – nicht allein, sondern in der Gemeinschaft mit anderen Christen zusammen, und nicht sporadisch, sondern regelmäßig - scheinen eine eindeutig positive Auswirkung auf die Gesundheit zu haben.

Aber es wäre eine völlig falsche Schlussfolgerung, wenn wir jetzt behaupten würden: wenn jemand oft genug den Gottesdienst besucht, wird er nicht krank; oder noch schlimmer: wenn jemand krank geworden ist, dann deswegen, weil er nicht oft genug im Gottesdienst war. Solche Schlussfolgerungen sind nicht zulässig.

'Christ scientiste', Rama, 2007

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Zivildienstleistenden, und der früher bei uns in der Südgemeinde tätig war, der zu der Sekte „Christliche Wissenschaft“ gehört hatte. Diese Sekte ist stark auf Heilung von Krankheit durch die Kraft des Glaubens ausgerichtet. Er wurde von einer schwerkranken Frau angesprochen, die wissen wollte, ob sie, wenn sie sich der christlichen Wissenschaft anschließe, damit rechnen könne, von ihrer Krankheit geheilt zu werden. Der Zivi antwortete: Man darf nicht Mitglied werden, nur weil man geheilt werden will. Eine solche pragmatische Denkweise würde nicht zum Ziel führen. Es gibt nur einen legitimen Grund, Mitglied der christlichen Wissenschaft zu werden: nämlich weil man im Rahmen dieser Gemeinschaft die Wahrheit über Gott suchen will – und vielleicht könnte als Nebenprodukt eine Heilung vorkommen, aber wenn Heilung das vorderste Ziel ist, wird man unweigerlich eine Enttäuschung erleben.

Das selbe Prinzip gilt in der Christenheit. Wenn man nur an Gott interessiert ist, weil eine heilende Kraft von Gott ausgeht, dann wird man seine Situation nicht verbessern, sondern vielleicht sogar verschlimmern. Wenn ein Mensch Gott aufsucht – im Gebet oder in einem Gottesdienst, dann darf zunächst nur ein Ziel vor Augen sein: die Gemeinschaft mit Gott zu finden, oder die Wahrheit über Gott zu suchen. Und vielleicht könnte als Nebenprodukt eine heilende Kraft erfahren werden. Aber wenn jemand auf die Idee kommen würde, ich besuche den Gottesdienst oder ich bete zu Gott, damit ich bessere Gesundheit genieße, der ist auf dem Holzweg.

Und an einer anderen Stelle müssen wir auch vorsichtig sein. Es darf auf gar keinen Fall der Eindruck entstehen, dass Krankheit das Ergebnis von Glaubensarmut ist. Es darf nicht behauptet werden, dass ein direkter Zusammenhang besteht zwischen Sünde und Krankheit. Am Allerschlimmsten wäre es, wenn ein schwerkranker Mensch seine eigene Krankheit als Strafe Gottes verstehen würde. Aber gerade das ist das Unbarmherzige bei einer schweren Krankheit, dass sie einen Menschen stark verunsichert: gerade eine schwere Krankheit kann dazu führen, dass ein Mensch sich fragt, ob er gegen Gott gesündigt hatte und deshalb so krank geworden ist. Denn die Entfremdung von Gott, die täglich in jedem von uns vorkommt und nicht wahrgenommen wird, kann durch eine Krankheit besonders deutlich zu spüren sein. Deswegen braucht ein Kranker den Zuspruch der Vergebung, wie der Jakobusbrieftext bezeugt.

Und er braucht Gebet. Es heißt in unserem Text:

„Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen“.

Dieser Text entstand in einer Zeit, als es Sitten gab, die es inzwischen nicht mehr gibt. Es gibt keine sogenannten Ältesten bei uns, die Kranken salben. Aber in der katholischen Kirche ist die Krankensalbung – auch letzte Ölung genannt - als Sakrament entstanden, das von einem Priester durchgeführt wird; es bezieht sich auf diesen Text. In der evangelischen Kirche gibt es die Möglichkeit, am Bett eines Kranken eine Abendmahlsfeier durchzuführen. In der anglikanischen Tradition gibt es Gebete für Kranke mit Handauflegung während der Abendmahlsfeier.

Dieser Jakobusbrieftext bietet dazu einige Anhaltspunkte.
Erstens: der Kranke selber soll bestimmen, ob er Gebet und Sakrament haben will oder nicht. Wie es im Text heißt: „Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich....“ Niemand darf zu einem Gebet oder Sakrament manipuliert werden.

In diesem Zusammenhang denke ich an meine Anfangszeit hier in Frankfurt. Ich war nicht sicher, was von mir erwartet würde, wenn ich einen Hausbesuch machte. Ich hatte von Kollegen gehört, die bei jedem Hausbesuch ein Gebet sprechen, egal ob sie dazu aufgefordert wurden oder nicht. Also dachte ich: vielleicht bin ich nicht fromm genug und vielleicht müsste ich auch so etwas machen. Und ich nahm mir vor, bei dem nächsten Besuch einen Psalm vorzulesen. Ich war bei einer älteren Frau und nach etwa 20 Minuten sagte ich: ich habe in meiner Jacke eine kleine Bibel und ich nehme sie jetzt aus der Tasche und lese Ihnen einen Psalm vor. Ich werde nie vergessen, wie die Frau im Gesicht ausgesehen hatte, als ich das sagte. Es war, als ob ich gesagt hätte: ich habe in meiner Tasche eine Klapperschlange und werde sie jetzt herausziehen und ihnen überreichen.

In diesem Moment wurde mir klar: Gebet ist eine Intimangelegenheit und Gebet ist eine persönliche Glaubensentscheidung. Niemand darf zu einem Gebet manipuliert werden, denn so etwas ist entwürdigend. Deswegen heißt es in dem Jakobusbrieftext: wer krank ist, der soll die Initiative ergreifen und ein Signal geben, wenn er will, dass Menschen in seiner Gegenwart mit ihm oder für ihn beten. Ein Kranker darf nicht entwürdigt werden durch unwillkommene Gebete.

Und der Text macht eine weitere Aussage: „das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen“. Gebet wird auf jeden Fall helfen, aber nicht unbedingt heilen. Denn Gebet hat keine automatische Wirkung. Gott allein entscheidet, wie Gebete zu beantworten sind. Gebet hilft, weil es dazu beiträgt, dass die Beziehung zu Gott wiederhergestellt wird und weil es Wirkungen hat, die wir Menschen nicht feststellen können.

'Letzte Ölung', Dutch School, c.1600

Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass der Kranke auch körperlich angesprochen wird. Deswegen wurden Kranke gesalbt, wie der Jakobustext bezeugt. Durch die Salbung spürte der Kranke an seiner Haut und mit seiner Nase die Zuwendung der Menschen und die Zuwendung Gottes. Krankheit ist ein Angriff auf Seele und Körper, und deshalb brauchen wir etwas, was Seele und Körper gleichzeitig anspricht, wie z.B. das Abendmahl.

Und zuletzt gibt es in dem Jakobusbrieftext die Verheißung: Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist. In diesem Zusammenhang möchte ich zum Abschluss ein Experiment erwähnen, das in meiner Heimatstadt San Francisco durchgeführt wurde. Ein Dr. Randolph Byrd, ein Kardiologe, führte ein Experiment durch, das in medizinischen Kreisen Aufsehen erregte. Er sammelte Freiwillige, die für seine Patienten beten sollten. Und er teilte die Patienten in der Herzklinik in zwei Gruppen. Für eine Gruppe wurde gebetet; für die andere Gruppe wurde nicht gebetet. Diese Einteilung wurde geheim vorgenommen. Das heißt: weder die Patienten noch die Ärzte wussten, für welche Patienten gebetet wurde. Im Laufe der Zeit wurden deutliche Unterschiede in diesen zwei Gruppen festgestellt. Die Patienten, für die gebetet wurde, brauchten auffallend weniger Antibiotika und Beatmungsgeräte als die anderen, die keine Gebete bekamen. Die Wahrscheinlichkeit, Antibiotika zu brauchen, war unter denen, für die gebetet wurde, fünf Mal geringer als bei den Anderen.

Noch einmal muss betont werden, dass solche Experimente keine Beweiskraft haben. Aber solche Experimente und ähnliche Forschungsergebnisse sind Indizien. Und vielleicht können uns diese Indizien ermutigen, mehr füreinander zu beten, besonders für unsere Kranken. Denn wie es im Text heißt:

Betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.

Die Photographie 'University Hall in Purdue University main campus in West Lafayette, IN', ist lizenziert unter der Creative Commons–Lizenz „Attribution 3.0 Unported“.
Die Photographie 'Christ scientiste', Rama, 2007, ist Freie Software. Sie dürfen sie weiterverteilen und/oder es unter den Bedingungen der CeCILL verändern.

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