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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: 8. Sonntag nach Trinitatis: Eph. 5, 8b – 14 Christsein ist Transparenz

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'Kerze',,PSch

8. Sonntag nach Trinitatis

Christsein ist Transparenz Eph. 5, 8b – 14

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2010

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. Eph. 5, 8b – 14

'Origen, church father'

Es gab im 3. Jahrhundert einen prominenten Theologen mit dem Namen Origenes. Als er 17 Jahre alt war, wurde sein Vater von einer römischen Behörde verhaftet, weil er Christ war. Er wurde zum Tode verurteilt . Origenes war voller Eifer und wollte unbedingt mit seinem Vater als Blutzeuge Christi sterben. Er hatte sich fest vorgenommen, sich verhaften zu lassen, damit er mit seinem Vater den Tod eines heldenhaften Märtyrers sterben könnte. Seine Mutter hat verzweifelt versucht, ihn von diesem Vorhaben abzubringen, aber er blieb stur. Dann kam seine Mutter auf eine Idee. Als ihr Sohn nicht aufpasste, versteckte sie seine Kleider. Er tobte und protestierte, aber die Mutter weigerte sich, das Versteck zu verraten. Origenes musste zu Hause bleiben und auf einen heldenhaften Tod verzichten.

Diese wahre Begebenheit offenbart eine Ungereimtheit. Hier war ein junger Mann, der mutig genug war, um einen grauenvollen Märtyrertod auf sich zu nehmen, der aber nicht mutig genug war, in seiner Unterwäsche auf die Straße zu gehen. Für ihn war es leichter, etwas Heroisches zu tun, als entblößt in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Diese Ungereimtheit hat etwas mit Licht und Finsternis zu tun.

Der Epheserbrieftext spricht von einem Licht-Finsternis-Gegensatz. In dem Text, der für heute vorgesehen ist, wird verkündet, dass das, was verborgen ist, von Licht aufgedeckt wird. Als die Mutter von Origenes seine Kleider versteckte, hat sie – vermutlich ohne es zu wissen – Licht in die Finsternis strahlen lassen. Was hier aufgedeckt wurde, ist, dass es Origenes in erster Linie nicht um die Sache Christi ging, sondern um seine eigene Würde. Aus einem Ehrgefühl heraus wollte er heldenhaft sterben, aber dieses Ehrgefühl hat ihn gleichzeitig daran gehindert, sich in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen.

'Kerze',,PSch

Was in Origenes offenbar wurde, hat eine Allgemeingültigkeit. Der Epheserbrieftext fordert uns dazu auf, als Kinder des Lichtes zu leben. Da, wo Finsternis herrscht, ist die eigene Würde im Vordergrund. Wer aber Jesus Christus, dem Licht der Welt, begegnet ist, achtet nicht mehr auf den eigenen Ruhm, sondern die Blickrichtung ist allein auf Christus gerichtet. Als Kinder des Lichtes ist es deshalb nicht unbedingt unsere Aufgabe, etwas Außergewöhnliches zu leisten, sondern es geht zunächst darum, transparent zu sein.

Es gibt einen Studenten, der während der Studienzeit ein bewusst gläubiger Christ wurde. Er nahm seinen Glauben ernst und überlegte, was es bedeuten könnte, als Nachfolger Christi zu leben. Zuerst hatte er gedacht, dass er verpflichtet wäre, irgendetwas Heldenhaftes zu leisten: vielleicht ein großes Opfer um Christi Willen zu vollbringen.

Eines Tages war er in einer christlichen Buchhandlung und traf zufällig einen Studenten, den er kannte, weil er dieselben Studienkurse belegte und ab und zu mit ihm gesprochen hatte. Sie kamen jetzt in der Buchhandlung ins Gespräch, und der andere Student sagte – fast nebenbei: „Ich wusste nicht, dass du auch ein Christ bist.“

Über diese Bemerkung musste er nachdenken. Es war diesem Bekannten nicht aufgefallen, dass er Christ war. Wie hätte es auffallen sollen? dachte er. Sie hatten sich nur in alltäglichen Situationen gesehen. Und dann hatte er ein kleines Aha-Erlebnis. Er beschreibt dieses Erlebnis mit den folgenden Worten:

„Plötzlich habe ich gemerkt, was Christsein bedeutet. Gerade in den gewöhnlichen, alltäglichen Begegnungen hätte es auffallen sollen, dass ich ein Nachfolger Christi bin. Ich erkannte, dass christlicher Glaube nicht in erster Linie bedeutet, irgendeine außerordentliche Herausforderung aufzugreifen oder eine spektakuläre Verantwortung zu übernehmen. Sondern Nachfolge bedeutet, mein alltägliches Leben von innen nach außen zu öffnen, so dass andere sehen könnten, wie ich mein gewöhnliches Leben in Christus definiere, wie ich anders bin wegen Jesus Christus.“

Auffallend ist die Formulierung: „mein alltägliches Leben von innen nach außen zu öffnen, so dass andere sehen könnten, wie ich mein gewöhnliches Leben in Christus definiere“.

Diese Bemerkung eines Studenten veranschaulicht, was Paulus meint, wenn er schreibt:

Lebt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Wie kann man das Leben von innen nach außen öffnen, so dass Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit aus dem Inneren herausstrahlen?

Kreuz und Kerzen auf dem Altar der Dreikönigskirche, PSch

Wenn wir Buddhisten wären, würden wir versuchen, durch Meditation, Erkenntnis und Disziplin eine Erleuchtung zu finden. Buddha heißt übersetzt „der Erleuchtete“, und er hat eine Erleuchtung gefunden, die irgendwo in seinem inneren Wesen verborgen war.

Aber für uns Christen kommt die Erleuchtung von außerhalb der eigenen Person, nämlich durch das Wort Gottes, das die Bibel vermittelt. Wie es in Psalm 119 heißt:

Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.

Es gibt eine konkrete Möglichkeit, wie man sich von dem Wort Gottes erleuchten lassen kann, so dass man von innen nach außen transparent wird. Die Methode ist ganz einfach. Sie heißt Lesen.

Es gibt einen Theologie-Professor mit dem Namen James Gray. Als er ein junger Dozent war, hatte er einen Freund, von dem er beeindruckt war, weil er Frieden und Ausgeglichenheit ausstrahlte. Er fragte seinen Freund, was sein Geheimnis war, dass er immer so besonnen und hoffnungsvoll wirkte. Sein Freund antwortete:

Es fing dadurch an, dass ich den Epheserbrief las. Einmal hatte ich einen Kurzurlaub und an einem Nachmittag legte ich mich hin und las den Epheserbrief durch, alle 6 Kapitel. Ich fand den Brief so interessant, dass ich ihn noch einmal durchlas – und noch einmal. Und ehe ich das Buch wieder hinlegte, hatte ich den Epheserbrief 15 Mal durchgelesen. Als ich aufstand, hatte ich das Gefühl, dass ich den Epheserbrief besitzen würde, oder noch besser ausgedrückt, dass ich von diesem Brief ergriffen war. Ich hatte den Eindruck, dass ich gehoben wurde in himmlische Bereiche und neben Christus Jesus sitzen durfte.

Es gibt keinen Ersatz für das Lesen in der Bibel, denn das Licht Jesu Christi kommt in der Regel nicht unvermittelt zu uns, sondern hat konkrete Anhaltspunkte in unserer Heiligen Schrift. Lesen in der Bibel kann ein Licht anzünden, das von innen nach außen strahlt.

Wie gesagt, das Licht, das uns erleuchtet, kommt von außerhalb der eigenen Person. Auch eine Kirche – besonders die Dreikönigskirche - kann dieses Licht vermitteln. Als diese Kirche im Jahre 1881 eingeweiht wurde, wurde diese Kirche als steinerne Predigt bezeichnet. Diese Kirche verkündet Botschaften. Wenn wir Gottesdienst feiern, schauen wir Richtung Osten, in die Richtung der aufgehenden Sonne, ein Sinnbild für Christus, der als aufgehende Sonne der Gerechtigkeit bezeichnet wurde. Die aufgehende Sonne ist eine Erinnerung an den Ostermorgen, als die Auferstehung in der Morgendämmerung vollzogen wurde. Diese Fenster im Ostern verkünden eine Botschaft an uns, nämlich die Aufforderung, die am Ende des heutigen Textes steht:

Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.

Vermutlich gehörte dieser Text ursprünglich zu einem Tauflied, denn die Taufe galt als Auferstehung und als Erleuchtung. Deswegen ist es eine uralte Sitte, dass ein Täufling eine Kerze bekommt.

Ostfenster der Dreikönigskirche, PSch

Die Kerzen am Altar, die Taufkerze und die Osterkerze sind Hinweise auf Christus, das Licht der Welt. Wenn wir Abendmahl feiern, versammeln wir uns um den Altar herum, so dass das Licht Christi in unserer Mitte ist.

Solche Symbolik könnte man als bloße Äußerlichkeit abtun. Das wäre auch typisch protestantisch, auf sogenannte Äußerlichkeiten herabzuschauen. Aber solche Äußerlichkeiten prägen doch die Innerlichkeit.

Denn kein Mensch kann abstrakt denken oder fühlen: das bezeugen unsere Träume. Alle Gedanken und alle Gefühle kommen zuletzt zum Ausdruck in Bildern und Symbolen. Auch die Struktur einer Kirche kann uns das Licht Jesu Christi auf eine Weise vermitteln, dass wir innerlich verändert werden. Denn wer wir sind, hängt auch davon ab, welche Bilder und Symbole wir in uns aufnehmen. Mit anderen Worten: wir brauchen unsere Kirchen, wir brauchen unsere Gottesdienste, wir brauchen die Sakramente, um so zu werden, wie wir von Gott vorgesehen sind, nämlich Kinder des Lichtes, die transparent sind, weil sie das Licht Jesu Christi in sich tragen.

Möge Gott uns helfen, die Anhaltspunkte aufzugreifen, die uns gegeben sind: Bibel, Kirche, und Gottesdienst, damit wir das Licht Christi in uns aufnehmen und nach außen hin ausstrahlen.

Die Zeichnung 'Origen, church father', ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist. Die Abbildung 'Agape feast, Early Christian catacomb of San Callisto', 3rd century / Paleochristian art, ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.
Die Freigabe zur Nutzung der Photographie 'Turdus birds nest', 2008, Päivi Kuisma, Finland wurde im Wikimedia-OTRS-System archiviert; dort kann die Konversation von Nutzern mit OTRS-Zugang eingesehen werden. Zur Verifizierung kann man jederzeit einen OTRS-Mitarbeiter anfragen.

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