Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: 6. Sonntag nach Trinitatis: Römerbrief 6, 3 – 8 Vollständiges Eintauchen

« Predigten Home

'Mass baptism performed on Easter Sunday 12 April 2009 at Morro Rock in Morro Bay, CA', 2009, Mike Baird

6. Sonntag nach Trinitatis

Vollständiges Eintauchen Römerbrief 6, 3 – 8

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2010

Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, so dass wir hinfort der Sünde nicht dienen. Denn wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden. Römerbrief 6, 3 – 8

Es gab eine Frau mit dem Namen Dorothy Bingamann. Sie war krebskrank, saß im Rollstuhl und hatte nur noch wenig Zeit. In dieser letzten Phase ihres Lebens machte sie eine bewusste Entscheidung: sie wollte voll und ganz zu Christus gehören, sie wollte sich taufen lassen. Sie war in der Tradition der Baptistenkirche aufgewachsen, und für sie kam deshalb nur eine Baptistentaufe in Frage.

Die Baptisten – wie die ersten Christen – akzeptieren nur eine Form der Taufe, nämlich vollständiges Untertauchen. Wasser auf den Kopf gießen ist für sie keine Taufe. Es ergab sich die Frage, wie die Gemeinde diese Taufe vollziehen könnte, ohne dass die kranke Frau ertrinken würde, denn sie war körperlich hilflos. Hinzu kam, dass sie ihr ganzes Leben lang Angst vor Wasser hatte, genauer gesagt, Angst vor Ertrinken. Es stellte sich bald heraus, dass das Taufbecken der Kirche nicht geeignet war, denn es war zu klein. Also wurde die Taufe in dem Schwimmbad eines Hotels vollzogen. Die Frau wurde in einen Liegestuhl gesetzt, der in das Wasser getragen wurde. Sie wurde untergetaucht im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. 35 Personen waren anwesend: Familienangehörige, Gemeindemitglieder und Hotelgäste. Kurz vor dem Untertauchen sagte sie, dass sie keine Angst mehr hatte. Als sie aus dem Wasser getragen wurde, sagte sie: „Vielen Dank. Jetzt bin ich bereit.“ Sie meinte offenbar: jetzt bin ich bereit zu sterben. Zwei Tage später ist sie in ein Koma gefallen, aus dem sie nicht mehr aufwachte. Ihre Beerdigung war genau zwei Wochen nach der Taufe.

Diese Taufe scheint eine Ausnahmesituation darzustellen. Aber das Gegenteil ist wahr: eigentlich ist diese Taufe exemplarisch. Die Taufen, die wir heute in unserer evangelischen Kirche vollziehen sind eher Ausnahme-Erscheinungen.

'Candles at a baptism in a Roman Catholic Church', Ad Meskens

Denn die Taufe ist ein symbolisches Begräbnis. Wie es in dem Römerbrieftext heißt, der für heute vorgesehen ist:

Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod.

Die ursprüngliche Symbolik war dementsprechend das völlige Eintauchen in Wasser. Das, was wir heute machen – nämlich, ein bisschen Wasser auf den Kopf tröpfeln lassen -, ist nicht die vorgesehene Symbolik, sondern ein Symbol für ein Symbol. Diese Art Taufe wurde aus pragmatischen Gründen eingeführt, um die Taufe zu erleichtern und buchstäblich handlicher zu machen. Aber dieses Minimum an Symbolik vermittelt nicht richtig, worum es geht.

Die Taufe, die in dem Hotel von einem Baptistenpfarrer vollzogen wurde, war nicht nur eine korrekte Taufe, sondern man könnte sogar etwas übertrieben von einer Supertaufe sprechen. Wenn es eines Tages eine Fernsehsendung geben sollte mit dem Titel: „Deutschland sucht die Supertaufe“, dann würde diese Hoteltaufe in Frage kommen. Denn nicht nur das Eintauchen im Wasser war vollständig. Hinzu kam, dass die Frau Angst vor Wasser hatte und dass sie so absolut passiv war. Körpersprachlich war alles stimmig. Und Ihre Worte hinterher waren auch goldrichtig: „Jetzt bin ich bereit“. Diese Worte bedeuten, dass sie wusste, dass sie mit Christus und mit seinem unvergänglichen Leben unwiderruflich verbunden war. Sie brauchte keine Angst mehr zu haben, was aus ihr wird. Denn durch die Taufe gelangte sie zu der Gewissheit, dass sie zu einer ewigen Herrlichkeit gehörte, die nicht mehr zu verlieren war. Wie Paulus schreibt:

So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleichgeworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.

'Fish mosaic from Pompeii', Massimo Finizio

In der Anfangszeit des Christentums gab es in der antiken Welt eine Angst vor Wasser. Wasser galt als ein Urbild von Chaos. Denn Wasser erzeugte Stürme, die nicht nur lebensbedrohlich waren, sondern sie veranschaulichten die chaotischen menschenfeindlichen Mächte, die uns Menschen ständig bedrohen. Wasser war ein Sinnbild für das ursprüngliche Chaos, das Gott bei der Schöpfung bändigte.

In diesem Zusammenhang wurde ein Fisch zu einem Symbol für Christus und ein Symbol für die Taufe. Augustin im 5. Jahrhundert schrieb folgendes:

Stellt man die Anfangsbuchstaben der fünf griechischen Worte ...(für) „Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter“ zusammen, erhält man das (griechische) Wort „Ichthys“ – (zu Deutsch) „Fisch“ -, ein Wort, das mystisch verstanden Christus bedeutet, weil Christus im Abgrund der Sterblichkeit wie in Meerestiefen lebendig ... bleiben konnte.“

Augustin griff dieses Fisch-Gleichnis an einer anderen Stelle auf und sagte sinngemäß: so wie ein Fisch in die Tiefe eines Meeres hinabtauchen und unversehrt wieder aufsteigen kann, so ist Christus in die Tiefe des Todes hinabgestiegen und als Auferstandener wieder aufgestiegen. Die Taufe wurde als Nachahmung der Auferstehung Christi verstanden: der Taufkandidat stieg hinab in die Tiefe und kam unversehrt wieder heraus – wie Christus, und wie ein Fisch. Die Stürme des Lebens können einen Getauften nicht antasten, so wie die Stürme an der Oberfläche einen Fisch nicht aus der Ruhe bringen können.

Mit anderen Worten: die Taufe soll uns trösten. Sie soll uns vermitteln, dass wir zuletzt keine Angst haben müssen. Egal was passieren mag, egal in welche Abgründe wir absinken, auch wenn das Schlimmste eintreten sollte, unser ewiges Leben in Gott ist unantastbar.

'Componente de latón.', 2007, Anita Martinz

Einmal ist der berühmte Lawrence von Arabien nach London gekommen und hat einige arabische Freunde mitgebracht. Eine Stadt wie London hatten sie noch nie gesehen und sie waren tief beeindruckt. Für diese Wüstenbewohner war besonders eine Sache faszinierend: die Wasserhähne, die es in Küchen und in Badezimmern gab. Sie hatten so etwas noch nie gesehen: man drehte den Hahn und frisches Wasser kam heraus. Diese Besucher fragten Lawrence: "Wäre es möglich, einige von diesen Wasserhähnen mitzunehmen, damit wir in der Wüste jederzeit Wasser hätten." Sie hatten nicht verstanden, dass es darauf ankommt, dass die Wasserhähne an ein System von Wasserleitungen angeschlossen werden mussten, die mit einer großen Wasserquelle verbunden sind. Die Araber haben das Endergebnis gesehen, - dass Wasser aufgedreht werden kann - aber haben nicht gewusst, dass eine Vorgeschichte und eine Wasserwelt dahintersteckt.

Es gibt etwas Vergleichbares bei der Taufe. Bei der Taufe sehen wir das Endergebnis: nämlich, dass Wasser aus einem Taufbecken geschöpft wird und auf den Kopf eines Säuglings getröpfelt wird. Es wäre sehr leicht, nur diesen Moment zu sehen und zu übersehen, dass eine ganze Welt dahintersteckt. Hinter der Taufhandlung steckt eine lange Vorgeschichte und eine biblische Welt. Wenn die Taufhandlung von ihrem Hintergrund abgekoppelt wird, wird die Taufhandlung belanglos. Es wäre, als ob man einen Wasserhahn in die Tasche stecken würde, in der Hoffnung, dass man überall Wasser aufdrehen könnte.

Wer die Taufe für sich verwirklichen will, muss in die biblischen Geschichten eintauchen, die als Vorlage der Taufe dienen und die uns mit der Quelle unseres Lebens verbinden. Zum Beispiel: den Durchzug Israels durch das Schilfmeer, die Arche Noahs, die Taufe Jesu im Jordan, die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi – das gehört alles zur Taufe.

Als Getaufte ist es unsere Aufgabe, wie Fische in das Meer der biblischen Welt einzutauchen. Die Quelle unseres Lebens ist die biblische Heilsgeschichte. Dort sollen wir eintauchen, und zwar vollständig eintauchen. Es genügt nicht, ein paar Tropfen Bibel abzubekommen. Wir brauchen die ganze Heilsgeschichte als unsere Lebenswelt, um richtig glauben und leben zu können in Christus.

Möge Gott uns helfen, das Leben in Christus zu verwirklichen, indem wir vollständig in die biblische Geschichte eintauchen. Denn alles, was die Taufe vermitteln will, befindet sich dort in der Heilsgeschichte der Bibel. Amen.

Die Photpgraphie 'Mass baptism performed on Easter Sunday 12 April 2009 at Morro Rock in Morro Bay, CA', 2009, Mike Baird, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.
Die Photographie 'Candles at a baptism in a Roman Catholic Church', Ad Meskens, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.
Das Mosaik 'Fish mosaic from Pompeii', Massimo Finizio, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Italy license.
Die Photographie 'Componente de latón.', 2007, Anita Martinz, ist lizensiert unter derCreative Commons Attribution 2.0 Generic license.

^ Zum Seitenanfang

PSch