Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Lukas 17, 20–24 Das jenseitige Ufer ist sichtbar geworden

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Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr: Lukas 17, 20–24 Das jenseitige Ufer ist sichtbar geworden

Gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2009

'Lightning strike', Fir0002, 2007

Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man's beobachten kann; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es! Oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch. Er sprach aber zu den Jüngern: Es wird die Zeit kommen, in der ihr begehren werdet, zu sehen einen der Tage des Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen. Und sie werden zu euch sagen: Siehe, da! Oder: Siehe, hier! Geht nicht hin und lauft ihnen nicht nach! Denn wie der Blitz aufblitzt und leuchtet von einem Ende des Himmels bis zum andern, so wird der Menschensohn an seinem Tage sein.

Lukas 17, 20–24

Es gibt eine Langstreckenschwimmerin mit dem Namen Florence Chadwick. Im August 1950 durchschwamm sie den Ärmelkanal zwischen Frankreich und England: eine Strecke von 32 Kilometern. Ein Jahr später, im September 1951, durchschwamm sie den Kanal in der umgekehrten Richtung - von England nach Frankreich. Sie war die erste Frau, die den Ärmelkanal in beiden Richtungen durchschwamm. Ein weiteres Jahre später - 1952 - versuchte sie als erste Frau, von der Insel Santa Catalina bis zur kalifornischen Küste zu schwimmen, eine Strecke von 34 Kilometern. Sie hatte mehr als 33 Kilometer geschafft, es fehlte weniger als ein Kilometer. Und dann hat sie aufgegeben.

Was ihr zu schaffen gemacht hatte, war nicht so sehr die Länge der Strecke, sondern der Nebel, den es an diesem Tag gegeben hatte. Später sagte sie in einem Interview: „Ich will keine Entschuldigungen abgeben, aber wenn ich das Ufer hätte sehen können, dann hätte ich es vielleicht geschafft.“ Wenig später hat sie es noch einmal versucht - an einem nebelfreien Tag - und stellte für die Strecke einen Weltrekord auf.

Diese Begebenheit enthält eine Botschaft. Wir Menschen leben in einem übertragenen Sinne in einem Nebel. Wohin die Lebensreise geht, ist nicht sichtbar. Endet die Lebensreise am Friedhof? Ist Staub und Asche das Endziel? Versinken wir zuletzt in dem Nichts?

'Catalina island as seen from Laguna Beach, California', Kevin Zollman --Kzollman. GFDL and CC-by-sa, 2006

Die Verheißung der Bibel lautet, dass es ein jenseitiges Ufer gibt, für das wir bestimmt sind. Das biblische Urbild dieser Verheißung ist der Durchzug Israels durch das Schilfmeer. So wie Israel aus der ägyptischen Knechtschaft und durch die Tiefe des Meeres gezogen ist und ein jenseitiges Ufer der Freiheit erreichte, so sind wir Menschen dazu bestimmt, aus der Vergänglichkeit auszuziehen und durch die Tiefe des Todes hindurchzugehen und ein jenseitiges Ufer zu erreichen: die ewige Geborgenheit Gottes.

Aus diesem Grund ist ein Urbild der Kirche ein Schiff. So wie ein Schiff unterwegs ist zu einem jenseitigen Ufer, so ist die Kirche unterwegs zu einem Ufer, das jenseits der sichtbaren Welt liegt.

Aber das jenseitige Ufer ist innerhalb des Nebels dieser Welt für uns doch sichtbar gemacht worden, damit wir die Kraft nicht verlieren und zwischendurch nicht aufgeben.

In dem Text, der für heute vorgesehen ist, geht es um eine Auseinandersetzung zwischen Jesus und Pharisäern. Die Pharisäer wollten wissen, wann das Reich Gottes erscheinen wird. Der Begriff Reich Gottes bedeutet, dass Gott seine Herrschaft aufrichtet. Reich Gottes heißt: Gott hat seinen Willen überall und endgültig durchgesetzt. Es gibt keinen Krieg und keine Gottlosigkeit mehr, denn Gott hat seine Gerechtigkeit auf eine unübersehbare Weise verwirklicht, so dass die ganze Welt verwandelt ist.

Die Antwort Jesu auf das Kommen des Reiches Gottes ist wegweisend. Erstens stellt er fest, dass es keine Vorzeichen geben wird. Die Entstehung der weltweiten Herrschaft Gottes wird für Menschenaugen nicht sichtbar sein.

Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man's beobachten kann; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es! Oder: Da ist es!

Gott arbeitet im Verborgenen. Die Fortschritte, die im Laufe der Weltgeschichte zu sehen sind, sind nicht ungedingt Vorboten der Verwandlung der Welt durch Gott. Aber paradoxerweise gibt es doch etwas zu sehen. Denn Jesus sagt:

Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.

Diese Aussage Jesu ist oft falsch verstanden worden. Es klingt so, als ob Jesus sagen wollte, dass das Reich Gottes im Herzen vorhanden ist. Einige Gruppierungen der Christenheit haben das Reich Gottes in der Seele gesucht.

Aber bei dem Begriff Reich Gottes, geht es nicht um etwas, was in der privaten Welt der Seele verborgen ist. Das Reich Gottes ist eine öffentliche Erscheinung, eine sichtbare Verwandlung, eine unübersehbare Vollendung der Schöpfung. Und diese Unübersehbarkeit verkündet Jesus, indem er sagt:

Denn wie der Blitz aufblitzt und leuchtet von einem Ende des Himmels bis zum andern, so wird der Menschensohn an seinem Tage sein.

Was meinte Jesus, als er sagte: „Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch“?

Offenbar hat Jesus seine eigene Person gemeint. Er, die Verkörperung des Reiches Gottes, ist „mitten unter euch.“ In den Worten und Handlungen Jesu hat Gott sichtbar gemacht, wie er seine Herrschaft am Ende der Zeit aufrichten wird. In den Worten und Handlungen Jesu ist sichtbar geworden, was Gott mit dieser Welt zuletzt vorhat.

Ausschnitt aus 'Icon of transfiguration (Spaso-Preobrazhensky Monastery, Yaroslavl', 1516

Gott hat nämlich vor, alle Krankheiten zu heilen: die Blinden werden sehen, die Tauben werden hören, die Lahmen werden gehen, die Aussätzigen werden rein - das wurde in Jesus exemplarisch vorgeführt. Gott hat vor, die Welt von allen bösen Geistern zu befreien. Die Dämonenaustreibungen Jesu zeigen, dass Gott eine Unterscheidung macht zwischen dem Menschen, der in dem Ebenbild Gottes geschaffen ist, und dem Bösen, das vorübergehend in einem Menschen haust. Gott will nicht die Menschen vernichten, sondern die dämonischen Besessenheiten sollen abgeschafft werden. Jesus tötete niemanden, deshalb können wir wissen, dass Gott niemandem töten wird. Gott hat vor, Frieden und Gerechtigkeit ohne Gewaltanwendung zu verwirklichen. Gott hat vor, den Hunger des Menschen restlos zu sättigen. Gott hat vor, das Verlorene heimzuholen und ihm ewige Geborgenheit zu schenken. Gott hat vor, alle Sünden zu vergeben. Gott hat vor, alle Toten zu erwecken.

In Jesus wurde das jenseitige Ufer sichtbar gemacht, für das wir Menschen bestimmt sind, das momentan wie im Nebel verborgen ist. Es gibt deshalb zwei Sorten von Menschen. Diejenigen, die in Jesus gesehen haben, wozu wir Menschen zuletzt vorgesehen sind, und diejenigen, die das noch nicht sehen. Es ist kraftraubend, nicht zu wissen, wozu wir leben. Es gibt Menschen, die sich selbst aufgeben, wenn das Leben zu schwer wird, weil sie nicht wissen, warum sie auf dieser Erde sind.

Es gibt einen Mann mit dem Namen John Sculley. Er hatte einmal eine hohe Position bei der Getränkefirma Pepsi Cola. Er hatte eine sichere Zukunft und große Aufstiegschancen. Ein Leben im Wohlstand stand ihm bevor. Eines Tages wurde er von einem Freund besucht, der eine Computerfirma gegründet hatte. Diese Firma war winzig und es war absolut unsicher, ob diese Firma am Leben bleiben würde. Der Freund bat John Skully, seine sichere Stelle bei Pepsi Cola aufzugeben, und mit ihm an dieser neuen Firma zu arbeiten. Dieses Angebot konnte man nur als verrückt bezeichnen; es war ein ungeheuerliches Wagnis. Aber das Angebot wurde angenommen.

'Pepsi can', Lukas Stavek
, 2008

Dieser John Skully sagte hinterher, dass ein Argument ihn bewegt hatte, eine sichere Zukunft aufs Spiel zu setzen, nämlich als sein Freund zu ihm sagte: „Willst du den Rest deines Leben damit verbringen, farbiges Zuckerwasser zu produzieren, oder willst du etwas tun, was die Welt verändern wird?“ Diese Geschichte ging gut aus, denn diese kleine Firma, die damals um ihre Existenz kämpfte, hieß Apple und trug später tatsächlich mit seinen Produkten dazu bei, dass die Welt verändert wurde.

In jedem von uns steckt dieses Verlangen, etwas zu tun, was die Welt verändern wird. Kein Menschen kann es ertragen, hilflos einem blinden Schicksal ausgeliefert zu sein. Es steckt in uns Menschen eine Sehnsucht, zu etwas zu gehören, was die Welt unwiderruflich prägen wird. Deswegen ist es so großartig, dass wir zu Jesus gehören dürfen. Wir gehören schon jetzt zu dem Reich Gottes, das die Welt verwandeln wird. Es sieht manchmal so aus, als ob die Sache Jesu zu schwach oder zu gutmütig ist für diese Welt. Aber wie ein christlicher Zeuge sagte: „Ich möchte lieber Rückschläge einstecken für eine Sache, die eines Tages siegen wird, als für eine Sache erfolgreich sein, die eines Tages untergehen wird.“

Was Gott mit dieser Welt vorhat, ist in Jesus sichtbar geworden. Das Reich Gottes ist dadurch mitten unter uns. Deshalb gilt, was Paulus schrieb, als er von dem Sieg Gottes sprach: „Gott sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! Darum seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.“

Die Photographie 'Catalina island as seen from Laguna Beach, California', Kevin Zollman --Kzollman. GFDL and CC-by-sa, 2006, wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren.
Es ist erlaubt, die Photographie 'Lightning strike', Fir0002, 2007, unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, ausschließlich in der Version 1.2, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren.
Der Ausschnitt aus 'Icon of transfiguration (Spaso-Preobrazhensky Monastery, Yaroslavl', 1516, ist im public domain, weil das copyright abgelaufen ist.
Die Photographie 'Pepsi can', Lukas Stavek, 2008, wurde von ihrem Urheber zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben. Diese Datei ist damit gemeinfrei („public domain“). Dies gilt weltweit.

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