Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Gal. 5, 25 f. Glaube und Geld

« Predigten Home

'Paulus', 1875, Shakko, 2009

15. Sonntag nach Trinitatis

Glaube und Geld Gal. 5, 25 f.

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2006

Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln. Lasst uns nicht nach eitler Ehre trachten, einander nicht herausfordern und beneiden.
Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest. Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Denn wenn jemand meint, er sei etwas, obwohl er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Wer aber unterrichtet wird im Wort, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allem Guten. Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen. Gal. 5, 25 f.

Es gibt eine Mutter, die ihre kleine Tochter erziehen wollte, selbstverantwortlich mit Geld umzugehen. Eines Sonntages ging es um die Frage: wenn man in der Kirche ist, wie viel Geld sollte man in die Kollekte tun? Vor dem Gottesdienstbesuch bekam die Tochter zwei Münzen: 50 Cent und 2 Euro. Die Mutter sagte: „Du kannst eine Münze als Spende in den Klingelbeutel geben und die andere Münze für dich selbst behalten.“ Später als die Beiden die Kirche verließen, fragte die Mutter, wie die Tochter sich entschieden hatte. Das Kind sagte folgendes: „Also ursprünglich hatte ich vor, die 2 Euro Münze zu spenden, aber bei den Abkündigungen hieß es: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ Da wusste ich, dass ich fröhlicher wäre, wenn ich die 2 Euro für mich selbst behalten würde, also gab ich die andere Münze“.

Diese kleine Begebenheit veranschaulicht, dass Geld an die Kirche zu spenden nicht unbedingt eine fröhliche Angelegenheit ist. Das trifft besonders zu bei dem Thema „Kirchensteuer“. Kirchensteuer ist eine unbeliebte Einrichtung. Es ist ein typischer Vorgang, dass junge Menschen, wenn sie nach Frankfurt ziehen, diese Gelegenheit wahrnehmen, um aus der Kirche auszutreten. Denn in der Anonymität einer Großstadt, wo es Nachbarn und Kollegen egal ist, ob man zur Kirche gehört oder nicht, ist es leicht, aus der Kirche auszutreten. Und dagegen ist nichts zu sagen, wenn man keine Beziehung zur Christenheit hat. Wenn man sich zur Kirche nicht bekennen kann, dann ist es konsequent, auszutreten. Auch zu respektieren sind Menschen, die austreten, weil sie ein sensibles Gewissen haben und sich von Vorkommnissen in der Kirche distanzieren wollen, die sie nicht unterstützen können, weil das Gewissen sonst unerträglich belastet wäre. Auch so etwas kann man respektieren. Merkwürdigerweise gibt es Menschen, die aus der evangelischen Kirche austreten, weil sie mit einer Aussage des Papstes nicht einverstanden sind. Das ist schwieriger nachzuvollziehen, aber als Ausdruck der Zusammengehörigkeit aller Christen kann man das auch respektieren.

Aber Menschen, die austreten, sagen häufig: ich glaube trotzdem an Gott, ich habe das Christsein nicht aufgegeben. Ich sehe nur nicht ein, warum ich Kirchensteuer zahlen sollte. Was kann man solchen Personen sagen? Es gibt auch Kirchenmitglieder, die zähneknirschend Kirchensteuer zahlen: die also nicht zu den fröhlichen Gebern gehören, weil sie denken: mit dem Geld könnte ich einen Urlaub oder einen eigenen Pfarrer finanzieren – wie oft behauptet wird.

Mit anderen Worten: es gibt eine starke Neigung unter Protestanten, Geld und Glaube zu trennen. Kirchensteuer, Spenden und Kollekten sind für viele etwas Profanes, was mit dem persönlichen Glauben nichts zu tun hat. Kirchensteuer und Kollekten sind für viele eine lästige Pflicht, die man halt in Kauf nimmt, die aber nicht zu der Freude im Herrn beitragen.

'Lot of coins', 2009, Ashishbhatnagar72

Aber diese Empfindung ist nichts Neues. Auch Paulus musste Argumente finden für Gemeindemitglieder, die keine Lust hatten, Geld für die Kirche zu geben. Und in diesem Rahmen gehört der Text aus dem Galaterbrief, der für heute vorgesehen ist. Es war von Anfang an ein Prinzip der Christenheit, dass den Vertretern des Evangeliums – Missionaren, Predigern, Evangelisten, Lehrern – ein Lebensunterhalt zusteht, der von den Gemeinden zu bezahlen ist. Notfalls wurden ärmere Gemeinden von reicheren unterstützt. Paulus selber hat eine Bezahlung nicht in Anspruch genommen, sondern zog es vor, als Zeltmacher seinen eigenen Unterhalt zu bestreiten, damit seine Botschaft um so kräftiger zur Geltung kommen konnte. Denn er wollte nicht in den Verdacht geraten, dass er eventuell zu den Schmarotzern gehörte. In der damaligen Zeit gab es gebildete Leute – Philosophen z. B. -, die von Stadt zu Stadt wanderten und als Parasiten galten, weil sie in Wohnungen aufgenommen wurden und länger blieben, als sie sollten. Paulus hat sich von solchen Schmarotzern bewusst distanziert, indem er als Handwerker seinen eigenen Unterhalt verdiente.

Aber Paulus war ein wandernder Missionar. Er konnte keine Gemeinde richtig betreuen. Deshalb wurden Christen beauftragt, Gemeinden zu leiten und in Glaubensinhalten zu unterrichten. Solche Leute waren natürlich nicht so charismatisch wie Paulus. Und hier ergab sich ein Problem bei den Galatern: sie wollten diese Kirchlich-Beauftragten finanziell nicht unterstützen. Und in dieser Situation schrieb Paulus die Worte, die wir vorhin gehört haben:

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen....Wer aber unterrichtet wird im Wort, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allem Guten. Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Wer auf sein Fleisch sät, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten. Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen. Darum, solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.

Paulus hat seine eigene Sprache entwickelt, um Geld locker zu machen. Wenn er von Säen spricht, - wie hier – dann meint er konkret, dass Geldspenden wie Samenkörper sind, die zu einer Ernte beitragen werden. Dieser Sprachgebrauch gibt es auch im 2. Korintherbrief, wo Paulus Geld sammeln will für notleidende Christen. Da heißt es:

Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb... Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit.

Paulus benutzt landwirtschaftliche Vorgänge als Gleichnis für das, wie Gott in dieser Welt vorgeht.

Eine Veranschaulichung dessen, was Paulus hier beschreiben will, erlebte August Franke im 19.Jahrhundert in Halle. Franke gründete dort ein Waisenhaus, und finanziell sah es am Anfang hoffnungslos aus. Eines Tages meldete sich eine Witwe bei ihm und bettelte um Geld; sie bat konkret um einen Dukaten, eine Goldmünze. Franke erwiderte, so höflich er konnte, dass es bei ihm aussichtslos war; er konnte beim besten Willen nicht helfen. Als die Frau anfing zu weinen, war Franke so bewegt, dass er die Frau bat, einen Moment zu warten. Er ging in ein anderes Zimmer und betete; er bat Gott, ihm zu zeigen, was er in dieser Situation tun sollte. Er bekam den Eindruck, dass er dieser Witwe helfen sollte, auch wenn er es sich nicht leisten konnte. Er gab ihr einen Dukaten. Zwei Tage später bekam er einen Dankbrief von der Frau. Sie schrieb, dass sie wegen seiner Großzügigkeit Gott gebeten hatte, das Waisenhaus mit Spenden reichlich zu unterstützen. Am selben Tag kam eine Spende von 12 Dukaten von einer reichen Frau und zwei weitere von einem Freund in Schweden. Kurz danach bekam er die Nachricht, dass das Waisenhaus von einem Fürsten in Württenburg 500 Goldmünzen bekommen würde.

Ein Skeptiker würde an dieser Stelle sagen, dass diese Zuwendungen rein zufällig zu dieser Zeit zustande gekommen sind und mit dem Gebet einer dankbaren Witwe nichts zu tun hatten. Aber Paulus würde das anders sehen. Paulus verkündete in seinen Briefen, dass solche Vorgänge zu erwarten sind, wenn Christen freigebig ihr Geld einsetzen – in der Erwartung, dass Spendengelder wie Samenkörner sind, die zu einer Ernte beitragen werden. Aber es muss Gott überlassen werden, wann und in welcher Form er eine Vollendungsernte verwirklichen will.

Und es kommt nicht darauf an, große Geldsummen einzusetzen. Kirchensteuer z. B. ist prozentmäßig nicht sonderlich hoch; auch unsere Kollektenergebnisse sind prozentmäßig gering. Aber in der Kirchengeschichte findet man immer wieder Beispiele für Menschen, die gewissenhaft auch mit kleinen Beträgen umgehen.

Zum Beispiel: Der große Prediger Charles Spurgeon, obwohl er in London seine Gemeinde hatte, hat mit seiner Frau zusammen eigene Hühner gehabt. Die Eier, die von diesen Hühnern stammten, wurden verkauft – aber sie wurden nie verschenkt, auch nicht an Familienangehörige. Deshalb wurde in der Gemeinde über ihn und seine Frau gelästert: sie bekamen den Ruf, gierig und geizig zu sein. Auf diese Vorwürfe haben sie aber nie reagiert. Erst nachdem Frau Spurgeon gestorben war, kam die Wahrheit heraus. Der gesamte Profit von dem Eierverkauf war für zwei Witwen bestimmt. Sie haben nie davon gesprochen, weil Jesus in der Bergpredigt sagte, dass Spenden heimlich zu machen sind, damit der Spender nicht zu seiner eigenen Ehre handelt. „Die linke Hand soll nicht wissen, was die Rechte tut“, wie Jesus sagte.

Hier ist ein Beispiel dafür, dass es auch auf kleine Spenden ankommt. Und die wahre Freude am Spenden entsteht erst dann, wenn es heimlich geschieht.

Kirchensteuer und Kollekten sind also nicht profane Handlungen, die mit Glauben nichts zu tun haben, sondern sind im Gegenteil ein ureigenster Ausdruck des Glaubens. Wie Martin Luther sagte: „Was ich für mich selbst behalte, verliere ich; was ich Gott anvertraue, behalte ich“. Denn in Gott geht nichts verloren, sondern das, was Gott anvertraut ist, egal wie klein, wird zu der Vollendungsernte beitragen, die Gott mit seiner Schöpfung vorhat.

Das Gemälde 'Paulus', 1875, Shakko, 2009, ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.
Die Photographie 'Lot of coins', 2009, Ashishbhatnagar72, wurde von ihrem Urheber zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben. Diese Datei ist damit gemeinfrei („public domain“). Dies gilt weltweit.

^ Zum Seitenanfang

PSch