Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Matt. 13, 44 – 46 Unermessliche Kostbarkeit

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'Crystal of sapphire', Parent Géry
, 2009

9. Sonntag nach Trinitatis

Unermessliche Kostbarkeit Matt. 13, 44 – 46

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2001

Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie. Matt. 13, 44 – 46

In Nord-Carolina gibt es ein kleines Geschäft am Straßenrand einer Landstraße, das Steine und Schmuck anbietet. Der Besitzer dieses Geschäftes heißt Robert Cutshaw. Durch sein Geschäft ist er nicht wohlhabend geworden, sondern – im Gegenteil – manchmal muss er Gelegenheitsarbeiten annehmen, damit er überlebt. In seiner Freizeit sucht er in der freien Natur nach wertvollen Steinen. Er weiß gerade genug über Steine, um zu wissen, ob ein Stein wertvoll ist oder nicht, aber er ist kein Experte. In den 60er Jahren fand er einen großen blauen Stein, der besonders schön aussah. Er meinte, dass er diesen Stein für vielleicht $500 verkaufen könnte, aber er hätte ihn für weniger verkauft, falls er z.B. nicht genügend Geld gehabt hätte, um eine Stromrechnung zu zahlen. Aber es war ihm nicht gelungen, den Stein zu verkaufen. Weil er den Stein für wertvoll hielt, versteckte er ihn manchmal unter seinem Bett und zuletzt war der Stein in einem Kleiderschrank untergebracht, wo er 20 Jahre lang aufbewahrt wurde – so gut wie vergessen. Aber eines Tages schaute ein Experte den blauen Stein ein. Es stellte sich heraus, dass dieser Stein ein Saphir war, und zwar der größte und kostbarste Saphir, der jemals gefunden wurde. Dieser Saphir hat nun einen Namen bekommen: er heißt der Stern Davids. Er hat einen Wert von mindestens $2.75 Millionen.

Diese Begebenheit kann als Gleichnis dienen für uns Christen. Das, was wir durch den Glauben haben, ist nach dem Matthäusevangelium so kostbar, dass es sich lohnt, alles, was man besitzt, einzusetzen, um diesen Schatz, bzw. diese Perle zu bekommen. Aber das Kostbare, das wir in Gott haben, ist leicht zu unterschätzen. Unsere Lage ist wie die Lage des Entdeckers des Saphirs; er wusste zwar, dass der Stein, den er gefunden hatte, wertvoll war, aber er hatte keine Ahnung, wie wertvoll er war. Denn er hat ihn 20 Jahre lang in einem Schrank aufbewahrt, wo er so gut wie vergessen war. Und er hätte ihn leichtfertig verkauft, wenn sich die Gelegenheit geboten hätte. Und so gibt es Menschen, die leichtfertig bereit sind, die Schätze des Glaubens preiszugeben, oder diese Schätze des Glaubens 20 Jahre lang irgendwo abzustellen und in Vergessenheit geraten zu lassen.

Der Grund, weshalb Menschen die Kostbarkeit ihres Glaubens nicht erkennen, hängt damit zusammen, dass wir in Wohlstand und Sicherheit leben. Der natürliche Hunger nach Gott, der in jeder Seele vorkommt und den zuletzt nur Gott allein erfüllen kann, lässt sich durch alle möglichen Dinge stillen. Gerade hier in Frankfurt gibt es so viele Möglichkeiten, wie man das Leben ausfüllen kann, dass man rund um die Uhr beschäftigt bleiben kann. Man kann das Bewusstsein für die Kostbarkeit des Glaubens mit allen möglichen Freizeitbeschäftigungen verdrängen.
Damit wir erkennen, wie kostbar der christliche Glaube ist, sind wir auf Beispiele aus anderen Ländern angewiesen.

'Skyline von Hong Kong', Diliff
, 2007

Zum Beispiel: es gibt einen christlichen Mitarbeiter mit dem Namen Eric Fellmann, der vor einigen Jahren nach China reisen sollte; und er wurde gebeten, vor seiner Einreise in China ein Ehepaar in Hong Kong aufzusuchen. Er wurde zu einer Wohnung gebracht und lernte einen Mann kennen, der gerade aus einem Gefängnis in China entlassen worden war. Er war etwa 60 Jahre alt und sein Gesicht strahlte eine Heiterkeit aus, obwohl sein Rücken schrecklich verkrümmt war. Seine Frau servierte Tee und es war auffallend, dass dieses ältere Ehepaar wie ein verliebtes junges Paar wirkte. Und sie hatten auch gerade geheiratet und beide strahlten Lebensfreude aus. Und sie erzählten dem Besucher ihre Lebensgeschichte. Im Jahre 1949 waren sie verlobt. Der Mann war damals Theologiestudent in Nanking. Kurz vor der Trauung wurde das theologische Seminar in Nanking von den Kommunisten besetzt; die Pfarramtskandidaten wurden ins Gefängnis gesteckt, wo sie zu harter Arbeit verurteilt waren. Während der nächsten 30 Jahre durfte die Verlobte einmal im Jahr für einige Minuten ihren Verlobten besuchen. Nach jedem Besuch wurde der Mann zu dem Gefängnisleiter gebracht, der immer dasselbe sagte: „Sie dürfen ihre Braut nach Hause begleiten, sobald sie ihren christlichen Glauben leugnen.“ Und jedes Mal antwortete der Mann mit einem einzigen Wort. „Nein“.

Der Besucher, nachdem er diese erstaunliche Geschichte gehört hatte, war erschüttert und fragte den Mann, wie er das ausgehalten hatte und wie er auf seine Familie, auf seine Ehe und auf seine Gesundheit verzichten konnte. Aber der Mann, der 30 Jahre lang im Gefängnis verbracht hatte, war erstaunt, dass der Besucher eine solche Frage stellen konnte. Er erwiderte: „Jesus hatte mir so viel gegeben, wie könnte ich ihn verraten?“

Hier sehen wir eine Auslegung der zwei Gleichnisse, die Jesus in unserem Matthäustext erzählt. Das, was Jesus zu bieten hat ist so kostbar, dass ein Mensch, der das richtig erkannt hat, bereit sein wird, alles dafür zu geben, egal was es kostet.

Aber was ist es genau, was so kostbar ist? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dieses Kostbare zu beschreiben. Eine Möglichkeit ist es, von der Gleichwertigkeit aller Menschen zu sprechen. Zu der Zeit Jesu gab es keine Vorstellung von einer unantastbaren Würde des Menschen. Sondern der Wert eines Menschen hing von seiner Nützlichkeit ab. Frauen und Behinderte galten als minderwertig. Kinder und Sklaven waren Objekte, die der Besitzer buchstäblich wegwerfen konnte, wenn er wollte. Jesus Christus offenbarte eine Wahrheit, die unsere Welt grundlegend veränderte: diese Wahrheit lautet – grundsätzlich jeder Mensch ist Gott heilig. Alle Menschen haben vor Gott die gleiche Wertschätzung. Alle Menschen haben deshalb einen absoluten Wert. Die Nützlichkeit oder Leistungsfähigkeit, das Geschlecht oder Alter, die Nationalität oder der Gesundheitszustand spielen keine Rolle: alle Menschen haben eine unvergängliche Würde, die nicht antastbar ist. Sogar der Tod kann einen Menschen nicht entwerten. Und diese Würde ist ein reines Geschenk Gottes. Diese Wahrheit ist der verborgene Schatz, die kostbare Perle, für die es sich lohnt, alles zu geben. Denn wer möchte in einer Welt leben, in der diese Wahrheit nicht anerkannt wird? Und da, wo diese Wahrheit gilt, wird die Welt verändert.

'Archbishop Desmond Tutu', Benny Gool
, 2004

Zum Beispiel in Südafrika. Desmond Tutu, anglikanischer Erzbischof von Kapstadt, der 1984 den Friedensnobelpreis erhielt, wurde im Jahre 1992 in einem Interview gefragt, was ihn dazu bewegt hatte, gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu kämpfen. Und in seiner Antwort verwendete er eine trinitarische Sprache. Er sprach von dem absoluten Wert, den jeder Mensch hat: einen Wert, der davon abgeleitet ist, dass der Mensch von Gott geschaffen und durch Christus erlöst ist. Tutu sagte folgendes: „Und als ob das nicht genug wäre, sagt Gott außerdem: „Ich werde euch heiligen durch die Gabe des Heiligen Geistes." Also hat jeder Mensch einen Wert - nicht nur deswegen, weil er in dem Ebenbild Gottes geschaffen ist und ihm Erlösung angeboten wird durch das kostbare Blut unseres Erlösers, sondern er hat auch die Möglichkeit, eine Wohnung des heiligen Geistes zu werden.“ Tutu bezeugt hier, wie unermesslich kostbar die biblische Botschaft ist und die Konsequenz, die sich daraus ergibt: nämlich, dass jeder Mensch unendlich kostbar ist. Und diese Erkenntnis erweckte in diesem Erzbischof eine enorme kämpferische Kraft.

'Apostle Thomas', Diego Velázquez
, ca. 1619 - 1620

Aber es gibt eine andere Möglichkeit, wie man die Kostbarkeit des Evangeliums beschreiben kann. Man kann auch von uneigennütziger Liebe sprechen, von Liebe ohne Hintergedanken. Es gibt einen französischen Historiker, der behauptet, dass uneigennützige Wohltätigkeit eine Erfindung der Christenheit sei: D.h. Wohltätigkeit, die man tut ohne Rücksicht darauf, wer der Empfänger ist. Es gibt in diesem Zusammenhang eine Legende, die aus dem ersten Jahrhundert stammte. Es geht um den Apostel Thomas, der nach gut belegter Tradition nach Indien kam. Nach dieser Legende wurde er dort von dem König beauftragt, einen Palast für ihn zu bauen. Er bekam Baumaterial und Geld, um Arbeiter zu bezahlen. Thomas aber gab dieses Geld an die Armen. Als der König bei Thomas immer wieder nachgefragt hatte, wie das Bauprojekt laufe, bekam er die Antwort, dass sein Palast immer größer werde. Aber jedes Mal wenn er den entstehenden Palast sehen wollte, hat Thomas ihn durch irgendeinen Vorwand davon abgehalten. Zuletzt wurde der König misstrauisch und eines Tages bestand er darauf, den Palast sofort zu sehen. Thomas antwortete: "Sie können Ihren Palast im Moment nicht sehen. Erst wenn Sie dieses Leben verlassen, werden Sie ihn sehen. Denn ich habe für Sie einen Palast im Himmel gebaut, indem ich Ihr Geld an Arme und Bedürftige geschenkt habe.“ Der König war außer sich vor Wut und warf Thomas ins Gefängnis. Während der Nacht konnte der König nicht schlafen, weil er andauernd überlegen musste, durch welche Methode er Thomas hinrichten sollte. Aber in dieser Nacht ist sein Bruder gestorben und der Bruder sah im Himmel den großartigen Palast, den Thomas durch seine Wohltätigkeit im Namen des Königs gebaut hatte. Der Bruder wurde zur Erde zurückgeschickt, sein Leib wurde von den Toten auferweckt; er suchte den König auf und beschrieb die Herrlichkeit, die auf ihn in Ewigkeit wartet. Der König sah jetzt ein, dass Thomas richtig gehandelt hatte und er durfte das Gefängnis verlassen.

Diese Legende will veranschaulichen, wie unermesslich kostbar jede Tat der Liebe ist. Alles, was in Liebe getan wird, trägt zu der Herrlichkeit bei, für die wir in Ewigkeit vorgesehen sind. Deswegen hat Jesus zu einem Wohlhabenden gesagt: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben.

Die kostbare Perle, der verborgene Schatz, von dem Jesus erzählte, besteht aus der unermesslichen Kostbarkeit jeder menschlichen Seele; jeder Mensch ist für ewige Herrlichkeit vorgesehen und deshalb ist jede Tat der Liebe etwas, was in Ewigkeit nicht verloren geht. Für diese Wahrheit lohnt es sich, alles einzusetzen, was man kann.

Die Photographie 'Crystal of sapphire', Parent Géry, 2009, wurde von ihrem Urheber, zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben. Diese Datei ist damit gemeinfrei („public domain“). Dies gilt weltweit.
Die Photographie 'Skyline von Hong Kong', Diliff, 2007, wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht. Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren.
Die Photographie 'Archbishop Desmond Tutu', Benny Gool, 2004, ist im public domain, weil sie zur uneingeschränkten Nutzung freigegeben wurde.
Das Bild 'Apostle Thomas', Diego Velázquez, ca. 1619 - 1620, ist im publicdomain, weil sein copyright abgelaufen ist.

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