Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Matt. 13, 44 – 46 Die kostbarste Perle

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'A white pearl necklace', Flickr.com user 'tanakawho', 2006

9. Sonntag nach Trinitatis

Die kostbarste Perle Matt. 13, 44 – 46

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2007

Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker. Wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er eine kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie. Matt. 13, 44 – 46

Es gibt eine Art Humor, die Galgenhumor oder schwarzer Humor genannt wird. Diese Art Humor greift todernste Situationen auf und macht Witze daraus - wobei es eine Geschmacksfrage ist, ob Galgenhumor witzig ist oder nicht. Die folgende Anekdote ist ein Beispiel für schwarzen Humor:

Ein Mann erlitt einen Herzinfarkt und wurde eilig ins Krankenhaus gebracht. Sein Zustand war kritisch. Er sollte auf gar keinen Fall aufgeregt werden. In diesem sensiblen Moment ist sein reicher Onkel gestorben, von dem er eine Million Euro erben würde. Seine Familie überlegte, wie sie dem Herzleidenden beibringen könnte, was eingetreten war, ohne ihn aufzuregen. Sie kamen auf die Idee, seinen Gemeindepfarrer einzuschalten. Er sollte den Kranken besuchen und ihm möglichst schonend beibringen, dass er gerade eine riesige Summe geerbt hatte. Der Pfarrer saß daraufhin am Krankenbett und versuchte, mit Fingerspitzengefühl das Thema Erbschaft anzusprechen. Er fragte den Herzkranken – ganz beiläufig und lässig, so als ob es sich um eine theoretische Frage handeln würde, die ihm gerade spontan eingefallen wäre – was er machen würde, wenn er eine Million Euro erben würde. Der Mann im Krankenbett erwiderte: „Wenn ich so viel Geld erben würde, würde ich die Hälfte davon unserer Kirchengemeinde spenden.“ Als der Pfarrer das hörte, fiel er tot um.

'Mr. Charles M. Schwab', 1901, Google Books - 'Harnessing The Sun'

Diese Anekdote kann uns als Gleichnis dienen, denn sie veranschaulicht eine biblische Wahrheit. Um diese Wahrheit zu erfassen, sollte man sich fragen: Unter welchen Umständen fallen Menschen in Ohnmacht auf den Boden? Und die biblische Antwort lautet: es ist die Begegnung mit Gott, die einen Menschen so umhauen kann, dass er wie tot auf dem Boden liegt. Der Pfarrer in der Anekdote, der umfiel als er hörte, dass seine Gemeinde eine halbe Million Euro bekommen würde, hat damit bezeugt, dass er seinem Gott begegnet ist, und sein Gott war Geld, viel Geld. Geld kann zu einem Gott werden. Und Geld als Götze kann Menschen buchstäblich umbringen.

Zum Beispiel: im Jahre 1928 waren 7 der reichsten Männer der Erde in einem Hotel in Chicago versammelt. Zusammen verfügten sie über mehr Geld als das US-Finanzministerium. Was ist aus diesen sieben geworden? Ich werde sie mit Namen nennen: Charles Schwab starb in Armut, Arthur Cutten war bankrott, als er starb, Richard Whitney kam ins Gefängnis, Albert Fall kam ins Gefängnis, Jesse Livermore beging Selbstmord, Leon Fraser beging Selbstmord, Ivar Drueger beging Selbstmord. Ohne diese Personen näher zu kennen, kann man kategorisch sagen: sie sind einem falschen Gott begegnet. Und wer einem falschen Gott angehört, wird entweder von diesem Götzen tödlich zerrüttet oder wird von diesem Götzen im Stich gelassen, wenn das Leben zu Ende geht.

'The Resurrection', James Tissot, 1886-1894

Wie gesagt: in der Bibel bedeutet die Begegnung mit der Heiligkeit Gottes, dass der Betreffende umgehauen wird und wie tot auf dem Boden liegt. Das Buch Daniel beschreibt diesen Vorgang exemplarisch; es geht um die Begegnung mit einem Engel, der die unmittelbare Nähe Gottes verkörperte. Und Daniel schreibt folgendes:

Und Gabriel trat nahe zu mir. Ich erschrak aber, als er kam, und fiel auf mein Angesicht. Und als er mit mir redete, sank ich in Ohnmacht zur Erde auf mein Angesicht.

Es gibt einen Moment im Neuen Testament, der vergleichbar ist. Und zwar an dem ersten Ostermorgen erschien der Engel des Herrn, als das Grab Jesu geöffnet wurde, da heißt es:

Die Wachen aber erschraken aus Furcht... und wurden, als wären sie tot.

Dieser Moment ist eine Offenbarung: hier wird offenbart, dass die Begegnung mit der Auferstehung eine Begegnung mit Gott ist. Das ist die Botschaft hier: wer Gott begegnen will, begegnet ihm in dem Auferstandenen.

Und die Auferstehung Christi ist deshalb der verborgene Schatz, für den ein Mensch alles einsetzen sollte, um ihn sich anzueignen. Die Auferstehung Christi ist die kostbare Perle, für die es sich lohnt, alles stehen und liegen zu lassen, bis sie einem gehört.

In diesem Zusammenhang muss ich an eine Fortbildung denken, an der ich 1974 teilnahm. Diese Fortbildung vermittelte wertvolle theologische Inhalte. Aber zum ersten Mal in meinem Leben wurde ich mit der Behauptung konfrontiert, dass die Auferstehung Christi in erster Linie als geistiges Erlebnis zu verstehen ist. Es wurde immer wieder behauptet: wir haben nur dieses Leben. Es gab keine Perspektive für das, was jenseits der Grenze des Todes kommt. Auferstehung geschieht hier und jetzt als spirituelles Erlebnis, wurde behauptet. Was nach dem Tode kommt wurde ausgeklammert.

Nach dieser Tagung war ich verunsichert. Und ich stellte fest: mit dieser Ungewissheit kann ich nicht leben. Ich musste wissen, was die Bibel meint, wenn sie von Auferstehung spricht. Und für uns Evangelische ist der Weg zur Gewissheit klar: nämlich man sucht in der Bibel und hört nicht auf zu suchen, bis man Gewissheit gefunden hat. Gewissheit über die Auferstehung Jesu Christi ist ein verborgener Schatz und eine kostbare Perle, die man in der Bibel suchen und finden kann. Ich habe ziemlich schnell in der Bibel feststellen können, wie Auferstehung gemeint ist, nicht bloß als subjektives Erlebnis innerhalb dieses irdischen Lebens, sondern etwas Objektives, was den Tod überwältigt und das Himmelreich öffnet.

'Resurrection', um 1455, Dirk Bouts (Norton Simon Museum of Art)

In diesem Zusammenhang hat es mir geholfen, dass unsere Evangelische Kirche in Hessen und Nassau an diesem Punkt eindeutig ist. Die Kirche, zu der wir gehören, bezeugt mit Eindeutigkeit die Auferstehung Christi als objektives Ereignis, das uns die Tür zum Paradies eröffnet. Und das hat mir sehr geholfen damals. Und in diesem Kontext muss ich an die frühere Pröpstin denken.

Die ehemalige Pröpstin, Helga Tröskin, hat einen Abschiedsbesuch bei dem Pfarrkonvent im Dekanat Süd gemacht, und sie erzählte uns, wie sie sich zum ersten Mal für eine Pfarrstelle bewarb. Der Kirchenvorstand hat die üblichen Fragen gestellt, um sie als Pfarrerin kennenzulernen, aber es stellte sich heraus, dass es für diesen Kirchenvorstand eine einzige Kernfrage gab. Für diesen Kirchenvorstand waren die politischen oder feministischen Ansichten dieser Pfarramtskandidatin zweitrangig. Es gab nur eine Frage, die für diesen Vorstand ausschlaggebend war. Und die Frage lautete: Glauben Sie an die Auferstehung? Der Propst, der bei diesem Gespräch dabei war, war empört, als er diese Frage hörte; er sagte zum Vorstand: Meinen Sie wirklich, dass wir eine Person ordinieren würden, die nicht an die Auferstehung glaubt?

Und hier wird noch einmal deutlich: wenn es um die Auferstehung Jesu Christi und die Auferstehung der Toten geht, ist Ungewissheit absolut unerträglich. An diesem Punkt kann man sich keine Unsicherheit leisten. Die Auferstehung ist der verborgene Schatz, den man aus der Bibel vollständig herausheben muss, egal was es an Zeit und Einsatz kostet. Die Auferstehung ist die kostbare Perle, die man sich um jeden Preis aneignen muss. 30 Jahre nach dieser Tagung, die mich verunsichert hat, bin ich immer noch dabei, alles zu lesen, was ich zum Thema Auferstehung Christi finden kann. Ich habe zwar Gewissheit gefunden, aber ich möchte nie wieder bei diesem Kernthema verunsichert werden.

Denn es geht nicht nur um die Auferstehung an sich, sondern um alles, was damit zusammenhängt. Es gibt einen Millionär, der einmal entdeckt wurde, wie er nach Mitternacht an einem Seeküstenbadeort am Ende eines Piers stand; er starrte in das dunkle Wasser und sagte: „Ich glaube, dass kein Mensch auf dieser Erde sich für mich interessiert mit einer Liebe, die selbstlos und uneigennützig ist.“ Was er ausgesprochen hat, ist das Urbedürfnis aller Menschen. Kein Mensch kann leben ohne eine Liebe, die selbstlos und uneigennützig ist. Diese Art Liebe will uns Gott schenken. Und diese Art Liebe schenkt er uns durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi.

Die Auferstehung ist deswegen so zentral, weil sie die Liebe Gottes durch objektive Ereignisse offenbart, so dass diese Liebe für uns zugänglich gemacht wird, zugänglich durch Bibelauslegung und durch Abendmahlsgottesdienste. Die Liebe Gottes, zugänglich gemacht durch die Auferstehung Christi, ist das Kostbarste, was es gibt. In dem Altarsakrament, das eine Begegnung mit dem Auferstandenen bietet, können wir diese kostbare Perle annehmen.

Die Photographie 'A white pearl necklace', Flickr.com user 'tanakawho', 2006, ist lizenziert unter der Creative Commons Namensnennung 2.0 Lizenz.
Die Photographie 'Mr. Charles M. Schwab', 1901, Google Books - 'Harnessing The Sun', ist im public domain der Vereinigten Staaten, weil sie vor dem 1. Januar 1923 veröffentlicht wurde.
Das Bild 'The Resurrection', James Tissot, 1886-1894, sowie das Bild 'Resurrection', um 1455, Dirk Bouts (Norton Simon Museum of Art), sind im public domain, weil ihr copyright abgelaufen ist.

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