Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Johannes 4, 16b – 21 Liebe ohne Hintergedanken

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1. Sonntag nach Trintiatis

Liebe ohne Hintergedanken Johannes 4, 16b – 21

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt am 13. Juni 2004 im Gemeinsamen Gottesdienst mit der Sarangegemeinde im Kirchsaal Süd

'Jews Praying in the Synagogue on Yom Kippur', Maurycy Gottlieb, 1878

Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.
Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. Wenn jemand spricht: Ich liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann nicht Gott lieben, den er nicht sieht? Und dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe. Johannes 4, 16b – 21

Es wird von einem Rabbi berichtet, der Gott anklagte, weil es so viel Ungerechtigkeit in der Welt gibt. Er konnte nicht aufhören, Gott vorzuhalten, dass er zu viel Unrecht zulasse. Irgendwann hörte er eine Stimme vom Himmel, die sagte: „Wenn du nicht aufhörst, Gott anzugreifen, wirst du aus dem Buch des Lebens entfernt.“ Der Rabbi hat aber nicht aufgehört, Gott vorzuhalten, dass er zu viel unschuldiges Leiden zulässt. Er hörte dann zum zweiten Mal die himmlische Stimme, die sagte: „Ich habe dich gewarnt. Jetzt bist du zu weit gegangen. Dein Name ist aus dem Buch des Lebens gestrichen. Du bist von dem Paradies ausgeschlossen.“

Als der Rabbi diese Stimme hörte, war er merkwürdigerweise nicht erschüttert, sondern er lobte Gott. Er betete folgendermaßen: „Jetzt bin ich frei. Ab jetzt brauche ich keine Rücksicht mehr auf Belohnung oder Strafe zu nehmen. Ich kann dir absolut freiwillig dienen, so wie ich will, ohne zu überlegen, ob ich etwas tue, um einen Platz im Himmel zu verdienen oder einen Platz in der Hölle zu vermeiden. Denn ich bin total auf deine Gnade angewiesen.“

Diese Geschichte ist ein Gleichnis. Dieses Gleichnis veranschaulicht, dass ein Mensch erst dann Gott richtig dienen kann, wenn er sich keine Gedanken macht wegen Belohnung oder Strafe. Denn ein Christ lebt allein von Gnade. Deswegen: wenn ein Christ entscheidet, etwas Gutes zu tun, dann nicht deswegen, weil er einen Platz im Himmel verdienen oder einen Platz in der Hölle vermeiden will, sondern einfach weil er spontan und freiwillig das Gute tun will, nicht, weil er mit einem Vorteil rechnet.

Wie es in dem 1. Johannesbrief-Text heißt:

„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“

Das heißt: solange wir Angst vor Gott haben, ist selbstlose Liebe nicht möglich. Die Angst vor einer möglichen Bestrafung Gottes wird jede Handlung vergiften, denn hinter jeder Handlung wird Berechnung stehen, ob bewusst oder unbewusst. Wenn ich Angst vor Gott habe, werde ich bei jeder guten Tat überlegen, wie diese Tat bei Gott ankommt und wie viel ich noch tun muss, damit Gott mit mir zufrieden ist.

Aber Gott hat uns seine Gnade in Jesus offenbart. Wir brauchen keine Angst zu haben. Wir sind in Gott in Ewigkeit geborgen. Unser ewiges Schicksal hängt allein von der Güte Gottes ab. Das hat auch der vorhin erwähnte Rabbi erkannt. Deswegen können wir ohne Hintergedanken die Liebe weitergeben, die wir von Gott empfangen haben. Wir können liebevolle Handlungen spontan und freiwillig vollbringen ohne Zwang, ohne Berechnung, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Denn Gott schenkt uns seine Gnade freiwillig, ohne Berechnung, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Wie Jesus in der Bergpredigt sagte:

„Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“

Die Abbildung des Kunstwerkes 'Jews Praying in the Synagogue on Yom Kippur', Maurycy Gottlieb, 1878, ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.

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