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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: 1. Kor 6,19-20 Signale der Körpersprache

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Konfirmation: 1. Juni 2003: 1. Kor 6,19-20 Signale der Körpersprache

Gehalten von Pfarrer Phil Schmidt

'Christ and the Two Marys', Art Gallery of South Australia, Adelaide, William Holman Hunt, 1847 (с. 1897)

Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.

1. Kor 6,19-20

Liebe Konfirmanden!

Vor einer Woche bei der Vorstellung habt ihr 10 Gebote für den Gottesdienst vorgeführt. Es ging dabei um Körpersprache im Gottesdienst. Körpersprache ist etwas, was Jugendliche maßlos unterschätzen.

Zum Beispiel: Einige von Euch wissen, dass ich an der Deutschherrenschule Religionsunterricht gebe. Und manchmal ist es notwendig, einen Lernkontrolltest schreiben zu lassen. Bei solchen Arbeiten gibt es Schüler, die schummeln, indem sie von Spickzetteln oder von Nachbarn abschreiben. Wenn so etwas vorkommt, dann merke ich das sofort. Schüler sind in dieser Hinsicht völlig naiv, denn sie unterschätzen die Signale der Körpersprache. Wenn ein Schüler abschreibt, fällt das sofort auf – die Körpersprache ist so auffällig wie ein Blitzlicht.

Oder wenn ein Schüler auch nur auf eine Gelegenheit wartet, abzuschreiben, sehe ich das sofort, denn die Signale der Körpersprache sind eindeutig: es ist, als ob ein solcher Schüler ein großes Schild um seinen Hals gehängt hätte, auf dem geschrieben steht: „Schaue mich an. Ich habe vor, abzuschreiben.“ So eindeutig sind die Signale des Körpers.

Und Körpersprache fällt besonders im Gottesdienst auf. Zum Beispiel: wenn einer von euch jetzt bei dieser Ansprache nicht mehr zuhören würde, sondern würde anfangen, zu träumen, würde ich das sofort merken, denn für jede seelische Regung gibt es automatisch einen körperlichen Ausdruck, der sogleich auffällt.

Und Körpersprache ist nicht nur auffällig, sondern kann unvergessliche Eindrücke hinterlassen. Zum Beispiel: vor etwa 7 Jahren war ich Gast bei einer Konfirmation in Kronberg. Und ich habe alles vergessen, was in diesem Konfirmationsgottesdienst vorkam - außer einer einzigen Sache. Vor meinem geistigen Auge sehe ich immer noch die Gottesdienstbesucher, die neben mir saßen. Als die Gemeinde die Lieder sang, haben sie stumm und apathisch da gesessen. Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Texte der Lieder anzuschauen, die sie nicht mitsingen wollten. Und während der Gebete haben sie geschwätzt. Mit ihrer Körpersprache haben sie die Botschaft vermittelt: Dieser Gottesdienst ist uns völlig egal. Es ist uns total gleichgültig, ob die Gottesdienstteilnehmer neben uns zu Gott beten können oder nicht, denn Gott ist uns auch völlig egal. Nach sieben Jahren habe ich diese Signale der Körpersprache nicht vergessen und sie belasten mich immer noch, wenn ich daran denke.

Warum ist Körpersprache so eindringlich? Es gibt Erklärungen dafür. Denn Körpersprache ist wissenschaftlich untersucht worden. Es ist z. B. folgendes festgestellt worden: wenn Menschen miteinander kommunizieren, besteht ihre Verständigung zu 93% aus Körpersprache; die Worte, die man sagt, machen nur 7% einer Mitteilung aus. Außerdem ist empirisch festgestellt worden, dass jeder Mensch über eine Million Signale der Körpersprache verfügt. Ein normaler Mensch verfügt vielleicht über 4000 bis 10.000 Wörter, aber mit dem Körper kann man buchstäblich eine Million Botschaften schicken.

Bis jetzt habe ich erwähnt, wie Körpersprache negativ auffällt. Aber sie kann auch positiv auffallen und ein unvergessliches Glaubenszeugnis hinterlassen. In diesem Zusammenhang denke ich an einen Gottesdienst in England, der mehr als zehn Jahre zurück liegt. Ein Chormitglied – ein Jugendlicher im Konfirmandenalter - hat vor dem Gottesdienst niedergekniet und gebetet. Seine Körperhaltung hat auf mich einen unvergesslichen Eindruck gemacht, denn es war eindeutig zu sehen: hier ist ein junger Mensch, der voll bei der Sache ist, der Gott mit Hingabe und Anbetung begegnet. Dieser Moment geschah vor mehr als 10 Jahren und dauerte nur ein paar Sekunden, aber ich habe ihn immer noch nicht vergessen. So nachdrücklich kann Körpersprache wirken. Dieses Beispiel veranschaulicht das, was Paulus meinte, als er schrieb: Preist Gott mit eurem Leibe.

Liebe Konfirmanden! Durch Taufe, Konfirmation und Abendmahl seid ihr Mitglieder des Leibes Christi. Und dieser Leib Christi hat eine eigene Körpersprache, die besonders in einem Abendmahlsgottesdienst zur Geltung kommt. Denn während eines Gottesdienstes werden buchstäblich Tausende von Signalen der Körpersprache ausgestrahlt. Die Art und Weise wie wir Singen kann ein gewaltiges Glaubenszeugnis sein oder ein Zeugnis von Glaubensarmut. Oder wenn wir gemeinsam das Vater Unser beten - die Art und Weise wie wir stehen und wie wir sprechen, kann auch ein starkes oder schwaches Glaubenszeugnis sein. Es gibt außerdem den Friedensgruß, das Vortreten zum Altar, das Empfangen von Brot und Kelch. Während einer Abendmahlsfeier werden durch die Körperhaltung Hunderte von Signalen ausgestrahlt, mit denen wir uns im Glauben gegenseitig stärken oder auch belasten können.

Zu jedem Einzelnen von euch sage ich: Es ist deine Aufgabe, als Glied des Leibes Christi, Gott mit dem eigenen Leib zu verherrlichen. Es ist deine Aufgabe, dazu beizutragen, dass jeder Gottesdienst, an dem du teilnimmst, ein Glaubenszeugnis der Gemeinde darstellt, indem du auf deine Körpersprache achtest, indem du mitbetest und mitsingst und aufmerksam zuhörst. Wenn Du Sonntagsmorgens im Bett liegen bleibst, anstatt die Auferstehung Christi mit anderen Christen zusammen zu feiern, ist das auch eine Glaubensaussage deines Körpers, die eine kräftige Auswirkung hat – eine Auswirkung auf deine eigene Seele und auch auf die eigene Gemeinde. Auch selbstlose Liebe gehört zu der Körpersprache des Leibes Christi.

Wie gesagt: als junge Menschen habt ihr noch nicht richtig wahrgenommen, wie ausdruckskräftig Körpersprache ist. Mit eurer Körpersprache könnt ihr großen Schaden anrichten, ohne es zu merken, und mit eurer Körpersprache könnt ihr Gott verherrlichen. Und nach biblischer Auffassung ist das der eigentliche Sinn eures Lebens: Gott zu verherrlichen. Dazu seid ihr geschaffen, dass ihr Gott verherrlicht – heute und in Ewigkeit. Deswegen schreibt Paulus: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.“

Das Gemälde 'Christ and the Two Marys', Art Gallery of South Australia, Adelaide, William Holman Hunt, 1847 (с. 1897), ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.

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