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Predigten von Pfarrer Phil Schmidt: Psalm 96 Gott halbherzig anzubeten ist schädlich

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Queen Elizabeth's High School and Gainsborough Choral Society, 2007, Qwerty9999

Cantate

Gott halbherzig anzubeten ist schädlich Psalm 96

Predigt gehalten von Pfarrer Phil Schmidt 2007

Singet dem HERRN ein neues Lied; singet dem HERRN, alle Welt!
Singet dem HERRN und lobet seinen Namen, verkündet von Tag zu Tag sein Heil!
Erzählet unter den Heiden von seiner Herrlichkeit, unter allen Völkern von seinen Wundern! Denn der HERR ist groß und hoch zu loben, mehr zu fürchten als alle Götter.
Denn alle Götter der Völker sind Götzen; aber der HERR hat den Himmel gemacht.
Hoheit und Pracht sind vor ihm, Macht und Herrlichkeit in seinem Heiligtum.
Ihr Völker, bringet dar dem HERRN, bringet dar dem HERRN Ehre und Macht!
Bringet dar dem HERRN die Ehre seines Namens, bringet Geschenke und kommt in seine Vorhöfe! Psalm 96

In den 50er Jahren war Dwight Eisenhower Präsident der USA. Einmal besuchte er die Stadt Denver. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass ein Junge mit dem Namen Paul Haley, 6 Jahre alt, einen Leserbrief an eine lokale Tageszeitung geschrieben hatte, in dem er den Wunsch äußerte, den Präsidenten zu sehen. Dieser Junge hatte Krebs und war todkrank. An einem Sonntag morgen fuhr eine schwarze Limousine vor das Haus, in dem dieser Junge wohnte. Eisenhower stieg aus und klopfte an die Haustür. Der Vater des Jungen, mit Namen Donald Haley, machte die Tür auf; hinter ihm stand sein Sohn. Der Präsident ging auf den Jungen zu und sagte: „Paul, wie ich mitbekommen habe, wolltest Du mich sehen.“ Er zeigte dem Jungen seine Limousine, gab ihm seine Hand und verabschiedete sich. Die Familie und Nachbarn haben lange danach über diesen Besuch gesprochen. Aber für den Vater war dieser Besuch peinlich und er konnte nur mit Reue an diese Begegnung denken. Denn als der Präsident vor ihm stand, sah er ungepflegt aus: er war schlampig gekleidet – er trug alte, schmuddelige Hosen und ein zerknittertes Hemd - außerdem hatte er sich noch nicht rasiert. Für Eisenhower war es sicherlich unwichtig, wie der Vater aussah, aber für den Vater war es jahrelang schmerzhaft, an diese Begegnung zu denken.

Wenn ein Mensch vor einer prominenten Person steht, will er sauber und gepflegt aussehen – nicht schäbig. Aber wie ist es, wenn ein Mensch vor Gott steht? In der Bibel wird dieses Thema angesprochen. Es ist z. B. absolut ausgeschlossen, mit schmutzigen Kleidern vor Gott zu stehen. Die erste große Begegnung zwischen Gott und dem Volk Israel geschah am Berg Sinai. Die Israeliten hatten drei Tage, um sich auf diese Begegnung vorzubereiten. Und in diesen drei Tagen sollten sie ihre Kleider waschen. Nur mit sauberen Kleidern durften sie vor Gott treten.

Und als die Stiftshütte – ein Tempelzelt - gebaut wurde, gab es den Raum, der das Allerheilige hieß, der Raum, in dem Gott persönlich anwesend war. Einmal im Jahr durfte nur der Hohepriester diesen Raum betreten. Und vor der Begegnung mit der unmittelbaren Nähe Gottes, musste der Priester sich mehrmals waschen und musste ein sauberes weißes Leinengewand tragen. Wenn sein Gewand aus Versehen schmutzig wurde, durfte er nicht hineingehen.

Und abgesehen von der Vorschrift der Reinheit, gab es ein zweites Gebot: vor Gott darf man nicht mit leeren Händen erscheinen. Es gab nämlich drei Jahresfeste, bei denen männliche Juden verpflichtet waren, nach Jerusalem zu pilgern, um die Nähe Gottes aufzusuchen. Und es heißt im zweiten Buch Mose:

„Erscheint aber nicht mit leeren Händen vor mir!... Das Beste von den Erstlingen deines Feldes sollst du in das Haus des HERRN, deines Gottes, bringen.“

Vor Gott darf man nicht mit leeren Händen erscheinen. Auch der Hohepriester, als er in das Allerheiligste ging, kam nicht mit leeren Händen in die Anwesenheit Gottes, sondern brachte Weihrauch und Opferblut mit.

Wir haben vorhin Psalm 96 gehört. An einer Stelle dieses Psalms heißt es:

„Ihr Völker, bringet dar dem HERRN, bringet dar dem HERRN Ehre und Macht! Bringet dar dem HERRN die Ehre seines Namens, bringet Geschenke und kommt in seine Vorhöfe!“

Auch hier geht es darum, nicht mit leeren Herzen und Händen vor Gott zu erscheinen.

Und wie ist es bei uns in der Christenheit? Wie kommen wir in die Anwesenheit Gottes? Diese Frage wird durch die Taufe, durch die Kollekte und durch die Abendmahlsliturgie beantwortet. Die Taufe ist ein Reinigungsbad. Und früher bekamen die Getauften ein weißes Gewand: ein Symbol, dass sie rein geworden sind und in die Anwesenheit Gottes treten dürfen – so wie der Hohepriester am Versöhnungstag. Durch die Taufe haben wir eine Reinheit, die uns erlaubt, vor Gott zu treten, Gemeinschaft mit Gott zu feiern.

Und wie ist es mit unseren Händen? Kommen wir mit vollen oder mit leeren Händen in die Anwesenheit Gottes? Vorgesehen ist es, mit vollen Händen vor Gott zu treten.

Denn erstens: Es gehört zu jedem Gottesdienst, eine Kollekte zu sammeln. Leider wird die Kollekte am Ausgang gesammelt – aus pragmatischen Gründen. Aber eigentlich sollte die Kollekte zum Altar gebracht werden, damit deutlich wird, dass die Kollekte die Gabe der Gemeinde an Gott ist.

Und zweitens: die Abendmahlsliturgie wird mit den Worten eingeleitet: „Erhebet eure Herzen!“ bzw. „Die Herzen in die Höhe!“ Die Gemeinde erwidert: Wir erheben sie zum Herrn. Bei dieser Sprache sollte man daran denken, wie Menschen früher gebetet haben: sie haben ihre Arme erhoben, mit den Handflächen nach oben gerichtet, so als ob sie etwas empfangen wollten, was von oben herabkommt. Und wenn es heißt: „Die Herzen in die Höhe / erhebet eure Herzen“, sollte man sich das so vorstellen, dass die Herzen der Menschen sich in diesen erhobenen Händen befinden. Die Herzen sind die Opfergabe der Gemeinde an Gott. Und dann heißt es anschließend: „Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserem Gott!“ Die Opfergabe der Herzen wird durch Dank sagen vollzogen, bzw. durch das Singen von Dank- und Lobliedern.

Miriams Tanz

Dementsprechend tragen wir im Gottesdienst Gesangbücher auf unseren Händen. Unsere Danklieder sind unsere Opfergabe an Gott. Paul Gerhardt hat diesen Glaubensinhalt wunderschön zum Ausdruck gebracht in seinem Lied: "Die güldne Sonne". In der 3. Strophe heißt es:

Lasset uns singen, dem Schöpfer bringen Güter und Gaben; was wir nur haben, alles sei Gotte zum Opfer gesetzt! Die besten Güter sind unsre Gemüter; dankbare Lieder sind Weihrauch und Widder, an welchen er sich am meisten ergötzt.

In diesem Zusammenhang sollte man sich fragen: Warum ist es so wichtig, mit dankbaren Liedern, mit Gütern und Gaben, mit reinen Herzen und nicht mit leeren Händen vor Gott zu treten? Es geht nicht darum, dass Gott irgendwelche Opfergaben braucht, sondern es geht darum, was wir brauchen. Denken Sie an den Mann in der Stadt Denver, der den Präsidenten ungewaschen, unrasiert und mit schmuddeligen Kleidern empfangen hat. Für Eisenhower war das mehr oder weniger egal, aber nicht für diesen Mann. Jahrelang war es ihm peinlich, dass er in der Anwesenheit eines Staatsmannes ungepflegt gestanden hatte. So etwas kann ein Leben nachhaltig prägen.

Und so ist es auch, wenn wir in die Anwesenheit Gottes kommen. Wenn wir vor Gott mit Halbherzigkeit treten, ohne dankbare Lieder, ohne Ehrfurcht, ohne Hingabe, ohne Konzentration, ohne Spannung, ohne etwas Wesentliches geben zu wollen, dann sind wir die Leidtragenden. Es kann eine Abgestumpftheit entstehen, die kraftraubend ist; es kann eine Herzlosigkeit eintreten, die unheilsam ist. Die Bibel bezeugt eindeutig, dass es nicht ungefährlich ist, in die Nähe Gottes zu kommen, wenn man für diese Begegnung nicht vorbereitet ist.

Denn jede Begegnung mit Gott ist ein Hinweis auf die große Begegnung, die jenseits der Grenze des Todes vorgesehen ist, wenn wir in die unmittelbare Anwesenheit Gottes treten. In diesem Moment werden wir mit stechender Klarheit sehen, ob wir unser Bestes für Gott gegeben haben oder ob wir halbherzig waren.

In dieser Hinsicht können wir etwas von afrikanischen Christen lernen. In der Demokratischen Republik Kongo, die vor 1997 Zaire hieß, wurden ausländische Missionare ausgewiesen. Ein westlicher Beobachter besuchte die Hauptstadt Kinshasa kurz danach und berichtete Folgendes: „Ich besuchte Zaire nach der Ausweisung unserer Missionare. Die Tore des christlichen Krankenhauses in Kinshasa sind fest verriegelt. Lebensmittel sind kaum vorhanden. Viele Kinder bekommen nur an jedem zweiten Tag etwas zu essen. Die explosivartige Inflation hat Geld wertlos gemacht. In dieser Situation: was ist der Höhepunkt des Gottesdienstes in diesem Land heute? Es ist die Sammlung der Kollekte. Wenn die Kollekte im Gottesdienst gesammelt wird, gibt es Singen und Tanzen. Mit fröhlicher Feierlichkeit kommen die Mitglieder der Gemeinde nach Vorne, um ihre Gaben in die Körbe vor dem Altar abzugeben. Einige, die nichts Materielles haben, was sie geben können, kommen trotzdem nach Vorne und drücken ihre Hände auf einen Korb - um zu symbolisieren, dass sie sich selbst an Gott hingeben.“

Diese Gottesdienstsitte ist eine gute Veranschaulichung, wie wir vor Gott treten sollen: mit Hingabe, mit Fröhlichkeit, mit Dankbarkeit, mit Lobgesang. Denn wenn wir halbherzig Gott anbeten, sind wir die Leidtragenden. Jeder Gottesdienst ist ein Anlass, sich auf eine Begegnung mit Gott vorzubereiten. Möge Gott uns helfen, dass wir mit dankbaren Herzen und gefüllten Händen die Gemeinschaft mit Gott pflegen.

Das Photo 'Queen Elizabeth's High School and Gainsborough Choral Society', 2007, Qwerty9999, wurde durch den Autor, auf Wikimedia Commons, in die Gemeinfreiheit übergeben. Dies gilt weltweit.
Das Bild Miriams Tanz, Miniatur aus dem bulgarischen Tomić Psalter, 1360/63 gehört zum Public Domain, weil ihr Copyright abgelaufen ist
Die Photographie 'Dwight D. Eisenhower', 1956, ist in den Vereinigten Staaten gemeinfrei, da es von einem Beamten oder Angestellten einer US-amerikanischen Regierungsbehörde in Ausübung seiner dienstlichen Pflichten erstellt wurde und deshalb nach Titel 17, Kapitel 1, Sektion 105 des US Code ein Werk der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ist.

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