Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten von Pfarrer Martin Vorländer: Trinitatis - Konfirmationsjubiläum

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Heiliges Abendmahl - Ausschnitt aus Ostfenster (unteres Fenster) von Charles Crodel, Dreikönigskirche

Trinitatis

Konfirmationsjubiläum


Predigt gehalten von Pfarrer Martin Vorländer am 3. Juni 2012 in der Dreikönigskirche

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Liebe Gemeinde!

Klassentreffen

Klassentreffen. Konfirmationsjubiläum. Ab einem gewissen Alter sind das Klassiker, die jeder kennt. Die Gefühle vorher sind gemischt. Hoch gespannt, die Weggefährten aus der Jugendzeit nach langer Zeit wiederzusehen. Wer wird kommen? Was ist aus den einzelnen geworden? Wie haben sich meine Mitkonfirmanden von damals verändert? Werde ich sie erkennen? Und werden sie mich erkennen? Wie sieht die Kirche aus? Was ist wie damals, was hat sich verändert?

Paulus North

Paulus North

Fritz Creter

Fritz Creter

Martin Schmidt

Martin Schmidt

„Wisst ihr noch?“

Dann nach dem ersten Treffen und sich wieder Bekanntmachen taucht man ein in die Vergangenheit. „Wisst ihr noch, die endlos langen Konfirmandenstunden. Da bekam man eine Ahnung von Ewigkeit… Und dann jeden Sonntag in die Kirche gehen! Wisst ihr noch, der Pfarrer… Und was wir alles können mussten!“ Der Katechismus, den Sie vermutlich noch lernen mussten, ist hier in der Dreikönigskirche in den Altarfenstern als Gedächtnisstütze präsent: Die Zehn Gebote, die Taufe, das Glaubensbekenntnis, das Abendmahl, das Vaterunser. „Wisst ihr noch…“ Eine Geschichte von früher folgt der nächsten. Es ist ganz unterschiedlich, wer sich an was erinnert, wer was wie erlebt hat. Die eine fühlte sich mittendrin in der Konfirmandengruppe, war beliebt und bewundert. Ein anderer blieb immer ein bisschen außen vor, wurde vielleicht sogar von den Mitkonfirmanden gehänselt und hätte doch einfach gerne dazugehört.

Alt und jung zugleich

Erinnerungen. Ich fühle mich dabei immer gealtert und jung zugleich. Wenn ich mich erinnere, merke ist, wie viel Zeit vergangen ist, und zugleich ist die Erinnerung so lebendig, als wäre es gestern gewesen. Wir leben nicht nur im Augenblick. Wir leben nicht nur vorwärts. Was wir hier und jetzt sind, ist auch das, was wir einmal waren, unsere Gestalt gewordene Vergangenheit, die mit uns geht. Sich erinnern ist wie im Haus des eigenen Lebens treppauf und treppab zu gehen, wieder einmal Räume zu betreten, in denen ich schon lange nicht mehr war.

Zurück in die Vergangenheit

Liebe Konfirmationsjubilare, Sie sind wieder in der Kirche, in der Sie vor 50, 60 oder sogar vor 65 Jahren konfirmiert worden sind. Vielleicht waren Sie über die Jahre hinweg gelegentlich oder sogar häufig hier. Aber heute haben Sie sich in der Dreikönigskirche eingefunden in Erinnerung an Ihre Konfirmation. Und auch wer heute noch keine runde Konfirmation feiert, mag sich zurückversetzen in die eigene Konfirmandenzeit – oder, für die Katholiken unter uns, in die Zeit der Firmung.

Backfisch- und Teenagerzeit

Wie war das damals? Sie waren zwölf, 13, 14 oder 15 Jahre alt, heranwachsend, Backfisch, sagte man damals für die Mädchen, Teenager, sagt man heute. Wie sahen Sie seinerzeit aus? Was für ein Kleid, was für einen Anzug hatten Sie an für Ihre Konfirmation? Was für eine Frisur trugen Sie? Was waren Ihre Träume? Womit hatten Sie zu kämpfen? Gibt etwas, das Sie damals nicht nur für den Konfirmandenunterricht, sondern fürs Leben gelernt haben? Dann die Konfirmation: Der Einzug, als alle Erwachsenen für Sie junge Menschen aufstanden und ihnen damit die Ehre erwiesen haben. Vor der Gemeinde beim Namen genannt werden, den Konfirmationsspruch hören und die Hand des Pfarrers zum Konfirmationssegen auf Ihrem Kopf. Das allererste Abendmahl mit Hostie und Wein. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren Konfirmator, Pfarrer Creter, Pfarrer Martin Schmidt, Pfarrer Güttler, Pfarrer Nord.

'Frankfurt am Main, Luftbild der Altstadt-Zerstörung 1944', Private collection Mylius, 1945

Frankfurt am Main, Luftbild der Altstadt-Zerstörung 1944

1947

Es war eine ganz andere Zeit: 1947. Frankfurt lag in Trümmern. Deutschland war nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich zerstört durch die massenmörderische Nazi-Diktatur, durch Krieg, Todesangst, Zerstörung und Flucht. Inmitten von Ruinen jung sein und in der Dreikönigskirche, eine der wenigen Kirchen, die noch stand, konfirmiert werden, bestärkt werden für das Leben, das mit so viel Aufbauarbeit vor einem lag. Auch in den Familien sah es ganz anders aus als heutzutage. Ich kann mir das nur aus Erzählungen vorstellen. Sie, liebe Frau Rettig, haben es erlebt.

1952

1952. Die Altstadt von Frankfurt wurde neu aufgebaut – damit sind wir in gewisser Weise bis heute beschäftigt. Unter Bundeskanzler Adenauer wird die noch junge Bundesrepublik wieder mehr in den Westen integriert. Der damalige Kirchenpräsident Martin Niemöller reist in die Sowjetunion, um sich für die Freilassung von deutschen Kriegsgefangenen einzusetzen. In Großbritannien wird Elisabeth II zur Königin gekrönt. Sie feiert heute mit Ihnen, liebe Konfirmationsjubilare, ihr Krönungsjubiläum. Ein Bibelvers aus dem Buch der Offenbarung, den manche zur Konfirmation zugesprochen bekommen, heißt: „Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!“ (Offb. 3, 11). Das ist nicht nur für Königin Elisabeth geschrieben.

Heiliges Abendmahl - Ausschnitt aus Ostfenster von Charles Crodel, Dreikönigskirche

Heiliges Abendmahl - Ausschnitt aus Ostfenster von Charles Crodel, Dreikönigskirche
Auf dem Tisch sind 19 kleine Objekte, die mehr oder weniger wie Kronen aussehen. Hier wird das letzte Ziel des Weges der Drei Könige angedeutet: nicht Bethlehem, sondern eine innige Gemeinschaft mit Christus als Krönung des Lebens. Das letzte Buch der Bibel spricht von der „Krone des Lebens“ (Offenbarung 2, 10: 3, 11), für die wir Menschen vorgesehen sind, und Christus spricht von denen, die „mit mir auf meinem Thron sitzen“ werden (3, 20). Die Kronen auf dem Abendmahlstisch deuten an, dass das Abendmahl uns nicht nur mit dem unvergänglichen Leben Christi verbindet, sondern uns auch Anteil an seiner königlichen Würde gibt.

Glaube krönt

Glaube krönt einen Menschen. Glaube erinnert daran, was jeder von uns bei Gott ist: mit höchster Würde gekrönt wie ein König oder eine Königin. Das bestärkt die Konfirmation: Dass wir von Gott, dem Vater höchstpersönlich geschaffen sind. Dass Jesus Christus für uns, für unsere Erlösung gelebt hat, gestorben und auferstanden ist, damit wir leben – jetzt und in Ewigkeit. Dass Gott uns krönt mit seinem Heiligen Geist. Gottes Geist in uns, wo wir auch sind, alle Jahre, durch die wir wandern. Sie dürfen sich also in Gottes Namen mit der Queen gleichauf wissen und nach der unsichtbaren Krone auf Ihrem Haupt tasten.

1962

Das Jahr der Spiegel-Affäre. Frankfurt hatte mit dem Zürich-Haus sein erstes Hochhaus. Die Beatles machen ihre erste Aufnahme und werden von der Plattenfirma mit der Begründung abgelehnt, Gitarrengruppen seien nicht mehr modern. Im selben Jahr haben auch die Rolling Stones ihren ersten Auftritt. Als Konfirmanden sind Sie im besten Alter, um dann die 68er als junge Erwachsene zu erleben, sei es mittendrin, sei es mit Abstand. Das Althergebrachte und die Altvorderen werden von den Jüngeren immer mehr in Frage gestellt.

Frucht bringen

1962 war der letzte Konfirmandenjahrgang von Pfarrer Martin Schmidt, der zusammen mit Pfarrer Fritz Creter während der NS-Diktatur ein aufrechter bekennender Christ und Pfarrer der Dreikönigsgemeinde gewesen ist. Pfarrer Martin Schmidt hatte eine feinsinnige Art, ein biblisches Menschenbild zu predigen, das fundamental der Barbarei der Nationalsozialisten widersprach. Als er frisch gewählt war, schrieb er seiner neuen Gemeinde, der Dreikönigsgemeinde: „Die in den Dingen Gebundenen verwechseln Erfolg mit Frucht (…) Nach Erfolg wird gejagt (…) Auf Frucht wird gewartet.“ Der biblische Mensch, von dem Pfarrer Schmidt sprach, tut sich nicht hervor durch brachiale Stärke, ist kein Über- oder Herrenmensch, für den nur Erfolg zählt. Ein Mensch mit Gottvertrauen kann wachsen lassen, wartet auf Frucht und bringt Frucht. Das ist ein feiner, doch fundamentaler Unterschied im Menschenbild. Wir müssen auch heute wach bleiben, welchem Menschenbild wir folgen: Einem, das Erfolg will um jeden Preis, oder einem, das jeden Einzelnen wachsen und Frucht bringen lässt.

Der Weinstock und die Reben

Konfirmation. Bestärkung, damit ein Mensch im Glauben wachsen und Frucht bringen kann. „Christus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht.“ (Johannes 15, 5) Wenn Sie zurückschauen auf 50, 60 oder 65 Jahre Konfirmation, welche Früchte hat Ihr Leben im Glauben getragen? Ein Weinstock ist eine ziemlich knorrige Angelegenheit. Ein harter trockener Stamm, der krumm und schief wächst. So gibt es manches, was im eigenen Leben wie krumm und schief gewachsen aussieht. Es gibt Äste, die sahen vielversprechend aus, sind aber fruchtlos geblieben.

Entfernt oder ganz nahe

Wer in mir bleibt und ich in ihm – es mag Zeiten geben, in denen Sie nicht so drangeblieben sind an Jesus Christus. Man entfernt sich und spürt nicht, was einem Kraft zum Wachsen und Leben geben kann. Doch sind das Entscheidende am Weinstock, das was ins Auge fällt, die Reben. Aus dem knorrigen und krummen Stock wachsen sie saftig und farbenkräftig. Lebensfülle, die Ihnen geschenkt ist. Erfahrungen, dass nach scheinbar trostlosen, verdorrten Zeiten wieder Neues wachsen konnte. Erfahrungen von Gottes Geleit und Gottes Nähe, sei es in den Hoch-Zeiten oder an den Tiefpunkten des Lebens.

Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist

„Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist gebe dir seine Gnade, Schutz und Schirm vor allem Argen, Stärke und Hilfe zu allem Guten, dass du bewahrt werdest im rechten Glauben zum ewigen Leben.“ So lautet der Konfirmationssegen. Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der dreieinige Gott. Der Sonntag heute ist Trinitatis, das Fest der heiligen Dreifaltigkeit. Die drei Kunstwerke im Altarraum waren damals bei Ihrer Konfirmation noch nicht da. Sie wurden 1994 von der Malerin Petra Falk der Dreikönigskirche überlassen. Sie stellen die Dreifaltigkeit dar: Gold für Gott Vater – Gott, der unserem zeitlich begrenzten Leben goldene Ewigkeit verleiht. Kupfer für Gott, den Sohn – bräunlich-irdische Farbe für Jesus Christus, der auf die Erde gekommen ist, der Mensch wurde, sterblich wie wir, auferstanden vom Tod, damit auch wir auferstehen. Silber, die schillernde, nicht greifbare Farbe für den Heiligen Geist, Gottes Gegenwart in unserem Leben, die wir nicht dingfest machen können, die aber da ist und wie ein Silberfaden unser Leben durchzieht.

Der Weg geht weiter

„Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist schenke dir seine Gnade, Schutz und Schirm vor allem Argen, Stärke und Hilfe zu allem Guten.“ Solche Konfirmation, solche Bestärkung brauchen wir nicht nur zur Konfirmation, sondern an allen Tagen. Ein Schirm, so dass wir nicht schutzlos ausgeliefert sind an das, was das Leben bedroht. Stärke und Hilfe in uns, dass wir das Gute erkennen und dann auch tun. Der Weg geht weiter. Gott konfirmiere, bestärke Sie und uns alle weiterhin mit seinem Schutz und Schirm vor allem Argen, mit seiner Stärke und Hilfe zu allem Guten, dass wir bewahrt werden im rechten Glauben zum ewigen Leben. Amen.

Die Photographie 'Frankfurt am Main, Luftbild der Altstadt-Zerstörung 1944', Private collection Mylius, 1945, ist ein Werk eines Angestellten der U.S. Air Force, das im Verlauf seiner offiziellen Arbeit erstellt wurde. Als ein Werk der Regierung der Vereinigten Staaten ist diese Datei gemeinfrei.

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