Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Martin Vorländer: Ostermontag: Ostern – ein einziges großes Halleluja!

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Ostermontag:

Ostern – ein einziges großes Halleluja!

Predigt gehalten von Pfarrer Martin Vorländer am 5. April 2010

'Ancient Corinth', 2007, Olecorre

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

Halleluja

Ostern – ein einziges großes Halleluja!

Ostern ist ein einziges großes Halleluja. Halleluja! Christus ist auferstanden! Jedes Lied, das wir bis jetzt im Gottesdienst gesungen haben, war getragen von dem Ruf: Halleluja! Das heißt aus dem Hebräischen übersetzt: Lobet Gott! Alles, was Odem hat, lobe Gott! Mit allem, was wir sind und was uns ausmacht, von unserem ersten bis zu unserem letzten Atemzug und darüber hinaus steht über unser Leben geschrieben: Halleluja, lobet Gott!

Halleluja im Hals stecken geblieben

Unser Lob klingt nicht zu allen Zeiten gleich. Manchmal bekommen wir kaum einen Ton heraus, weil die Kehle vor Sorgen und Angst wie zugeschnürt ist, weil uns das Wasser bis zum Hals steht. Sieben Wochen Passionszeit liegen hinter uns und die Zeit war lang. Mitunter scheint es, als würde Karfreitag kein Ende nehmen angesichts von Leiden und Bösem, das wir erleben, von dem wir hören. Es lässt das österliche Halleluja im Halse stecken bleiben.

Friede sei mit euch! Aufgabe und Gabe

An Karfreitag sind in Afghanistan drei Bundeswehrsoldaten getötet worden. Am selben Tag wurden fünf Afghanen von Bundeswehrsoldaten getötet. Es herrschen Trauer über die Toten, Mitgefühl mit den Familien, Erschütterung, Zweifel und Fragen.
Hier in Frankfurt wie in vielen anderen Städten findet heute zum 50. Mal der Ostermarsch für Frieden statt. „Friede sei mit euch!“ So spricht der auferstandene Jesus seine Jünger an. Das ist Gabe und Aufgabe. Gemeinsam ist uns als Christenmenschen die Aufgabe, uns für Leben in Frieden einzusetzen – in unserem persönlichen Leben, in unserer Gemeinschaft vor Ort und weltweit. Frieden schaffen - aber wie? Es ist schon im Privaten, in Beziehungen unendlich schwierig, wirklich konstruktiv zu streiten und zu Versöhnung zu finden. Erst recht schwierig in weltweiter Verantwortung: Wo hört Friedensmission auf, wo fängt Kriegseinsatz an? Das ist eine Frage nach der Überwindung von Leid und Tod, eine Frage nach Auferstehung. Eine Osterfrage. „Friede sei mit euch!“ Der Gruß des Auferstandenen ist nicht nur Aufgabe. Er ist vor allem Gabe. Wir können in Jesu Namen viel für Frieden in unserer unmittelbaren Umgebung und in der Welt tun. Und zugleich wissen wir: Wahrer Friede ist ein Geschenk.

Angetanes Leid, das die Sprache verschlägt

Wie ein gigantischer Karfreitag, der den Osterjubel in der Kehle erstickt, ist das Leiden, das Kindern und Jugendlichen über Jahrzehnte hinweg in unserem Land, in kirchlichen und anderen Einrichtungen angetan wurde. Es ist unsäglich und unfassbar, dass Missbrauch und Gewalt gerade die verschuldet haben, denen Kinder und Jugendliche zum Schutz anvertraut waren. Als Kirche Jesu Christi müssen wir alles tun, damit Opfer nicht Opfer bleiben. Die begangenen Taten können nicht ungeschehen gemacht werden. Aber sie dürfen um Himmels willen nicht die Lebensmöglichkeiten derer ersticken, denen Leid angetan wurde. Das ist die Hoffnung von Ostern: Allem Leiden und aller Schuld zum Trotz siegt das Leben. Wir haben im Glaubensbekenntnis gesagt: „Ich glaube an die Auferstehung der Toten“ - das heißt, dass wir mit aller Kraft auch an das Leben vor dem Tod glauben.

Mitten im Leben und zum ewigen Leben

Auferstehung mitten im Leben und zum ewigen Leben. Das gehört zusammen. Darauf pocht der Apostel Paulus mit aller argumentativen Kraft im Bibelwort für den heutigen Ostermontag.

Ich lese die Worte des Paulus aus dem 1. Korintherbrief im 15. Kapitel (1. Kor 15, 12-20)

Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.

Gott segne unser Hören und Reden. Amen.

'Narcissus', 2007, Johnathan J. Stegeman

Völlig vergeistigt

Paulus schreibt an die Gemeinde in Korinth. Dort gibt es Einige, die durchaus daran glauben, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Aber sie leugnen, dass auch die Toten auferstehen werden. Welche Gründe sie für diese Überzeugung hatten, können wir heute nur noch vermuten. Nach allem, was wir bei Paulus lesen, waren die Korinther ein enthusiastisches Volk. Sie waren so begeistert von ihrer eigenen Glaubenserfahrung, dass einige der Meinung waren: Mit der Taufe und durch das Heilige Abendmahl sind wir schon auferstanden. Wir sind bereits völlig vergeistigt.
Dieses irdische Leben, dieser vergängliche Körper, den wir mit uns herumtragen – das tangiert uns nicht mehr. Ach Paulus, komm uns nicht mit deiner ewigen Predigt von Kreuz und Leiden. Gott, ist das negativ! Positiv denken, heißt die Devise. Alles ist jetzt schon gut. Wir sind schon auferstanden. Also brauchen wir keine Auferstehung der Toten, denn der Tod hat für uns keine Bedeutung mehr.

Funke Auferstehung

Paulus hält dagegen. Auch als getaufte Christen bleiben wir sterblich, verletzbar. Wer Leiden ausblendet, den Tod verdrängt, macht sich unberührbar gegen alles, was Leben ausmacht, wird apathisch statt sympathisch, gefühllos statt mitfühlend. Letztlich wird dadurch leer, wofür Jesus gelebt hat, wofür er gestorben und auferstanden ist. Christus ist auferstanden – nicht zum Selbstzweck, sondern als Erstling für alle, die leben und sterben, als Bahnbrecher für das Leben hier und in Ewigkeit.
Die Theologin Dorothee Sölle schreibt: „Die Auferstehung ist längst schon vor dem Tod sichtbar, in dieser anderen Art zu leben. Jesus glaubte vor allem an ein Leben vor dem Tod, und für alle. Die Auferstehung, dieser Funke des Lebens, war schon in ihm.“

Augen auf für Auferstehung!

Halten wir Ausschau nach diesem Funken Auferstehung! Woran denken Sie bei Ostern und Auferstehung? Ostereier – Osterhasen – leuchtende Forsythienzweige und Magnolienknospen, die wie Flamingoschnäbel aussehen – Tulpen und Osterglocken, so viel die Vase fasst - das Juchzen von Kindern beim Suchen der Ostereier – Osterüberraschungen unter Erwachsenen - Osterspaziergang mit Goethes Worten auf den Lippen „Vom Eise befreit…Jeder sonnt sich heut so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn“ – Ostermontagssherry in der Dreikönigsgemeinde… Das alles sind Zeichen für das blühende Leben, das uns geschenkt ist.

Opfer bleibt nicht Opfer

Schauen wir weiter: Es ist ein Funke von Auferstehung, wenn Opfer nicht Opfer bleiben und Täter nicht Täter. Es ist ein Funke von Auferstehung, wenn ein Mensch nach langer seelischer oder körperlicher Krankheit wieder mit einem vorsichtigen Lächeln das Gesicht in die Frühlingssonne halten kann.
„Die ist für mich gestorben.“ Ein solcher Satz fällt, wenn eine Freundschaft, eine Liebe in die Brüche geht. Es ist ein Funke von Auferstehung, wenn tot geglaubte Beziehungen wieder zu neuem Leben erwachen.
Es ist ein Funke von Auferstehung, nach langer Trauer um einen geliebten Menschen wieder die Kraft zu finden, sich selbst nicht mehr zu begraben und dem Verstorbenen nicht mehr hinterher zu sterben. Der Verlust wird ein Leben lang begleiten. Aber auch mit Wundmalen auf der Seele kann man auferstehen und das eigene Leben neu ergreifen.
Halten wir Ausschau nach Auferstehung, bis hin zu den Gräbern unserer Verstorbenen, bis hin zu unserem eigenen Tod. Der Stein, den man aufs Grab legt, wird weggerollt werden. Auferstehen aus der Erde des Grabes und aus der Asche der Urne, wenn Gott uns aus den Toten ruft und uns neuen Lebensatem gibt, so wie er am Anfang der Schöpfung Adam und Eva seinen Odem eingehaucht hat.

'A child blowing a dandelion clock', 2005, Maksim

Auferstehung mit jedem Atemzug

Halleluja! Alles, was Odem hat, lobe Gott! Ein Gespür für Auferstehung – bei jedem Atemzug, den wir tun. Dieser dünne Strahl Atem, den Sie spüren können, wenn Sie einmal durch den Mund ausatmen, das ist göttlicher Odem, den jede und jeder von uns eingehaucht bekommen hat. Gottes Odem fließt durch unsere Nase und Kehle und gibt dem ganzen Körper Leben. Alles, was wir brauchen, damit wir leben können, geht durch unsere Kehle: Die Luft zum Atmen, Essen und Trinken. Unsere Kehle ist der Knotenpunkt des Lebens. Atem – Kehle – Seele – im Hebräischen sind diese Drei ein Wort: näfäsch. Das Wort ist lautmalerisch: Man soll geradezu das Wehen und Zischen des Atems hören: näfäsch. Ähnlich wie bei dem griechischen Wort für Seele: psyche. Seele hat mit Kehle und Atmen zu tun.

Sitz der Seele

Die Seele eines Menschen. Wir tun uns schwer zu sagen, wo sie zu finden ist. Für die Menschen der Bibel war das klar: Die Seele sitzt in der Kehle. Denn hier geht der Lebensatem durch. Die Kehle steht für unser Verlangen nach Leben. Wir atmen ein und atmen aus. Wir sind bedürftig, wir schnappen nach Luft, wir brauchen Atem. Wir wollen Anteil haben an diesem Leben. Wir wollen haben - und wir müssen loslassen, so wie wir nicht immer nur Luft einsaugen können, sondern ausatmen müssen, den Atem loslassen müssen. Der Atem – die Kehle – die Seele, sie alle drei sind eingebunden in die Grundbewegungen des Lebens: Nehmen und geben, bekommen und loslassen. Mit jedem Atemzug.

Mit Leib und Seele

Die Sprache der Bibel kennt deshalb keine Trennung von Körper und Seele. Die Seele ist ja das: die Kehle, der Lebensatem. Ohne den Körper ist die Seele in der Bibel nicht denkbar. Wenn der letzte Atemzug aus der Kehle entwichen ist, dann ist der Mensch mit Leib und Seele tot. Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann nicht rein geistlich, wie sich einige Korinther das vorstellen. Auch nicht irgendwie als Seelenwanderung, denn die Seele ist ja genauso tot wie der Leib.

'Zeige deine Wunden', 1984 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

'Zeige deine Wunden', 1984 - Walter Habdank. © Galerie Habdank

Auferstandener zum Anfassen

Wenn es Auferstehung gibt, dann fleischlich, mit Leib und Seele, mit Haut und Haaren. So wie Christus auferstanden ist: Der auferstandene Jesus ist keine unverletzte Lichtgestalt, kein Geist, der über allem Leiden schwebt. Er ist ein Mensch mit Fleisch und Blut. Er hat mit seinen Jüngern das Brot gebrochen, mit ihnen gegessen und getrunken. Er trägt die Kreuzesmale an seinem Leib. Man kann sogar die Finger in seine Wunden legen. Das zeigt: Das Kreuz bleibt Kreuz – schreckliches Zeichen für das Böse, für die Gewalt, die Menschen in der Lage sind, anderen anzutun, für die Gewalt, die dem Gottessohn selbst angetan wurde. Doch hinter dem Kreuz ist die Ostersonne aufgegangen. Sünde und Tod sind mit Ostern nicht ungeschehen. Aber sie haben ihre Macht verloren. Sie sind überwunden.

Halleluja – die jodelnde Kehle

Halleluja! Christus ist auferstanden! Sie alle wissen, wie es klingt, wenn jemand so richtig glucksend, gockernd lacht. Dann hüpft der Kehlkopf auf und nieder. Halleluja – das meint genau das, wenn die Kehle vor Freude gluckert, hopst und trällert. Wenn nichts die Kehle zuschnürt, wenn die Stimmbänder frei schwingen können, weil sie von aller Sorge und Verkrampfung befreit sind. Das ist Halleluja: eine frei schwingende, glucksende, gockernde, trällernde Seele. Halleluja kann man übersetzen: Jodelt für Gott vor Freude! So will Gott seine Menschen hören: mit freier Kehle, aus vollem Hals, vor Lebensfreude glucksend. Lassen Sie uns das ausprobieren: Halleluja! Christus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. So soll es sein. Amen.

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Wir danken Frau Friedgard Habdank sehr herzlich, dass sie uns die Bilder ihres Mannes auf so großzügige und kostenlose Weise zur Verfügung gestellt hat. © Galerie Habdank, www.habdank-walter.de

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