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15. Sonntag nach Trinitatis - Es braucht keinen großen Glauben, Lukas 17

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'Mustard seeds',  David Turner, 2005, Novalis

15. Sonntag nach Trinitatis

Es braucht keinen großen Glauben Lukas 17

Predigt gehalten von Prädikantin Karin Kehr am 08. September 2013 in der Bergkirche

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
Amen.

Liebe Gemeinde,

Der heutige Predigttext zum 15. Sonntag nach Trinitatis steht im Lukasevangelium im 17. Kapitel:

Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Ich kann die Bitte der Apostel sehr gut verstehen. Erst recht, wenn man sich anschaut, was Jesus direkt davor zu ihnen sagt. Er spricht von Versuchungen, denen sie ausgesetzt sein werden, und dass man seinem Bruder immer wieder vergeben solle, wenn dieser darum bittet.

Da ist es doch verständlich, wenn man gerne einen starken Glauben hätte, um dies alles bestehen und leisten zu können.

Die Reaktion von Jesus ist da erst einmal ziemlich unverständlich. Ein Glaube so groß wie ein Senfkorn reiche aus, um Bäume zu entwurzeln oder wie er im Matthäusevangelium sagt, sogar Berge versetzen zu können.

'Uprooted tree on Bronkham Hill',  2006, Jim Champion

Beachten sollte man dabei erst einmal, das Senfkorn, von dem Jesus hier spricht, ist viel kleiner als die Senfkörner, die wir hier bei uns kennen. Unsere Senfkörner sind ungefähr 50 mal so groß.

Und ein so kleiner Glaube reicht aus, um so große Dinge bewirken zu können? Heißt das im Umkehrschluss, wenn ich einen Baum nicht entwurzeln kann, ist mein Glaube nicht groß genug? Diese Schlußfolgerung ist gefährlich, falsch und ganz gewiß nicht das, was Jesus beabsichtigt.

Worum geht es Jesus dann? Für ihn ist nicht die Größe des Glaubens wichtig, sondern, dass wir den richtigen Glauben haben. Was heisst richtiger Glaube? Was heisst erst einmal überhaupt “Glaube“?

Im Internet kann man bei Wikipedia lesen:

Das deutsche Wort Glaube wird verwendet als Übersetzung des griechischen Substantivs pistis mit der Grundbedeutung „Treue, Vertrauen“. Das zugehörige Verb lautet pisteuein („treu sein, vertrauen“). Ursprünglich gemeint war also: „Ich verlasse mich auf ..., ich binde meine Existenz an ..., ich bin treu zu ...“. Das Wort zielt demnach auf Vertrauen, Gehorsam, Treue.

Das lateinische Wort credere (vgl. Credo und Kreditor) von cor dare: "das Herz geben/schenken" - ist direkt verwandt mit der altindischen Wurzel sraddha- („glauben“) und ist eine sehr alte (indogermanische) Verbalkomposition. Die Bestandteile bedeuten: „Herz“ und „setzen, stellen, legen“, zusammen also etwa „sein Herz (auf etwas) setzen“.

In der Bibel steht im Hebräerbrief:

„Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (11,1)

Also beim Glaube helfen mir meine 5 Sinne Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten nicht weiter. Das ist für uns kopfgesteuerte Menschen nicht so leicht. Wollen wir doch gerne alles immer begreifen und beweisen, bevor wir etwas annehmen können. Bei uns herrscht gerne der Zweifel vor und nicht die feste Zuversicht.

Der Zweifel ist der Gegenspieler von Vertrauen. Aber reicht es denn aus, einfach die Zweifel beiseite zu schieben und zu sagen, also gut, dann vertraue ich halt mal darauf. Sicherlich nicht, diese halbherzige Unentschossenheit kann keine Unmöglichkeiten wahr machen, kann keine Bäume entwurzeln und ins Meer verfrachten. Etwas fehlt da noch.

Der Heidelberger Katechismus stellt als Frage 21:

Was ist wahrer Glaube?

Antwort:

„Wahrer Glaube ist nicht allein eine zuverlässige Erkenntnis, durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort geoffenbart hat, sondern auch ein herzliches Vertrauen.“

'Teachings of Jesus 5 of 40. parable of the mustard seed', 2009, Photo by Harry Kossuth, Author: Phillip Medhurst

Er spricht also von herzlichem Vertrauen. Es darf keine Kopfsache oder nur ein Lippenbekenntnis bleiben.

Das reichte vielleicht in meinem Studium, in dem ich mit mehrdimensionalen Räumen arbeiten mußte, die kein Mensch sich vorstellen konnte. Es wurde einfach gesagt, angenommen es gibt sie, dann können wir folgende Beweise führen. Für diesen theoretischen Glauben reicht es aus nur vernunftbedigt zu bleiben.

Jesus Christus aber fordert von seinen Jüngern und auch von uns mehr als nur die Beteiligung unseres Kopfes und das Beiseiteschieben von Zweifeln. Wir sollen uns ganz und gar einlassen auf Gott, unser Vertrauen vollkommen auf Gott und seine Allmacht setzen.

Soweit, so gut, und nun?

Das Alte Testament erzählt im 1. Buch Mose von Abraham, dem Vater des Glaubens:

Er hört die Stimme des unsichtbaren Gottes und vertraut ihr.

Er hört ein Versprechen Gottes, ihm Land, viele Nachkommen und Segen durch ihn und seine Nachkommen für die gesamte Menschheit zu schenken und glaubt Gott, dass er dieses Versprechen in naher, mittelfristiger, langfristiger und sogar ewiger Zukunft (Hebräer 11, 8 - 10) auch halten wird.

Er wird von Gott aufgefordert, seine Heimat, Nachbarschaft, Freundschaft und alle feste Habe aufzugeben und auf einem ihm unbekannten Weg durch die Wüste in ein ihm unbekanntes Land zu ziehen. Abraham gehorcht diese Aufforderung.

An diesem Beispiel können wir wahren Glauben herauslesen, was auch für uns heute noch gilt.

Ich muß als Erstes auf Gottes Wort hören. Der Apostel Paulus schreibt im Brief an die Römer:

"Der Glaube kommt allein aus dem Hören der Botschaft; die Botschaft aber gibt uns Christus." (Röm 10.17)

Dabei reicht aber ein passives Verhalten von mir nicht aus. Durch Beten muß ich mit dem Sprechenden dieser Stimme, dem lebendigen Gott selbst, kraft des Angeredetwerdens und Antwortens in Form des Betens in eine persönliche Beziehung des Vertrauens treten.

Ich muß zum Zweiten die Versprechungen und Zusagen, die in Gottes Reden enthalten sind, ernst nehmen, Gott zutrauen, dass er das, was er verspricht, auch wirklich erfüllen, dass er mich nicht täuschen und enttäuschen wird.

Vor Allem muß ich danach dann aber in diesem Vertrauen auf Gott handeln, ich muß etwas tun. Und zwar nicht, das was ich will und mir wünsche, sondern ich soll Gottes Willen erfüllen.

'Teachings of Jesus 5 of 40. parable of the mustard seed', 2009, Photo by Harry Kossuth, Author: Phillip Medhurst

Das kann auch heissen, dass ich mal gegen den Strom schwimmen soll und mich für mich unangenehmen Situationen stellen soll.

Jesus Christus kann und will uns hier ein Vorbild sein. Auch er hat in seinem Leben schwierige Situationen erlebt. Unerschütterlich aber war sein Vertrauen in Gott. Er hat immer wieder nicht nach seinem eigenen Willen gehandelt, sondern Gottes Willen erfüllt. Im Wegwenden von sich selbst und im Hinwenden zu Gott ist ihm auch Unmögliches möglich geworden.

Grundlage für Gottes Willen ist die unbedingte Liebe zu den Menschen. Auf die Erlösung der Menschen in seinem ewigen Reich ist alles Handeln Gottes ausgelegt.

Das sind tolle Worte, doch merke ich, dass wieder Zweifel in mir hochkommen. Kann ich das wirklich schaffen? Und schon bin ich wieder versucht um einen stärkeren Glauben zu bitten. Damit bin ich nicht alleine, schon Martin Luther hat erkannt:

"Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen...".

Ich muß es schaffen, mich von der Sicht auf mich selbst zu lösen und mich ganz Gott hinzuwenden. Es wird Zeiten geben, da wird es mir mißlingen, da werde ich in meinen Zweifeln verstrickt bleiben. Und es wird Zeiten geben, da kann ich mich ganz auf Gott einlassen und dann werde ich Unmögliches möglich werden lassen, dann kann auch ich Bäume entwurzeln und Berge versetzen, indem ich Gottes Willen erfülle.

Dabei kommt es dann überhaupt nicht auf die Größe meines Glaubens an, sondern nur darauf, dass ich glaube.

Der Missionar Hudson Taylor hat schon vor über 100 Jahren gesagt:

Wichtig ist nicht großer Glaube, sondern Glaube an einen großen Gott.
Diesen Glauben schenke Jesus uns allen.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn.

Amen

Die Photographie 'Mustard seeds', David Turner, 2005, Novalis ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license. Subject to disclaimers.
Die Photographie 'Uprooted tree on Bronkham Hill', 2006, Jim Champion, ist unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) lizenziert.
Die Abbildung 'Teachings of Jesus 5 of 40. parable of the mustard seed', 2009, Photo by Harry Kossuth, Author: Phillip Medhurst, ist frei bezüglich der Free Art License. Das Bild 'Early Christians Worship in the Catacombs of Saint Calixtus' (From image: "Fig 8: 'Divine Service in the Catacombs of St. Calixtus, A.D. 50."), end of XIX c., anonimus, ist im public domain, weil sein copyright abgelaufen ist.
Die Bildzusammenstellung 'Converts to Christianity', 2010, Mat783, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license
'Therefore with joy you will draw water from the wells of salvation (Isaiah 12:3) A seagull resting in a fountain in downtown Sausalito, California, USA.', 2009, Wingchi Poon, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.

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