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Predigten von Prädikantin Karin Kehr: Joh. 8, 21-30 Da könnt ihr nicht hinkommen

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Christus Pantokrator in der Apsis der Kathedrale von Cefalu auf Sizilien, Gun Powder Ma, 2007.

Christus Pantokrator in der Apsis der Kathedrale von Cefalu auf Sizilien. Gun Powder Ma, 2007.

Reminiscere

Da könnt ihr nicht hinkommen Joh. 8, 21-30

Predigt gehalten von Prädikantin Karin Kehr am 30. März 2007

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Amen.

Der Predigttext für den heutigen 2. Sonntag der Passionszeit Reminiscere steht im Johannesevangelium im 8. Kapitel:

"Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Ich gehe hinweg, und ihr werdet mich suchen und in eurer Sünde sterben. Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen. Da sprachen die Juden: Will er sich denn selbst töten, dass er sagt: Wohin ich gehe, da könnt ihr nicht hinkommen? Und er sprach zu ihnen: Ihr seid von unten her, ich bin von oben her; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Darum habe ich euch gesagt, dass ihr sterben werdet in euren Sünden; denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr sterben in euren Sünden. Da fragten sie ihn: Wer bist du denn? Und Jesus sprach zu ihnen: Zuerst das, was ich euch auch sage. Ich habe viel von euch zu reden und zu richten. Aber der mich gesandt hat ist wahrhaftig, und was ich von ihm gehört habe, das rede ich zu der Welt. Sie verstanden aber nicht, dass er zu ihnen vom Vater sprach. Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Menschensohn erhöhen werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und nichts von mir selber tue, sondern, wie mich der Vater gelehrt hat, so rede ich. Und der mich gesandt hat, ist mit mir. Er lässt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm gefällt. Als er das sagte, glaubten viele an ihn.

Liebe Gemeinde!

Das sind deutliche Worte, die Jesus da sagt: Ich gehe hinweg und ihr werdet mich suchen und in eurer Sünde sterben. Eigentlich ungewohnt schroff sind diese Worte Jesu, gar nicht so liebevoll, wie wir sie viel lieber hören wollen und meist von ihm doch eher im Gedächtnis haben.

Zu wem sagt er es und in welchem Zusammenhang? Ganz eindeutig sind seine Gesprächspartner nicht genannt, nur einmal sind Juden erwähnt. Ob es Schriftgelehrte und Pharisäer waren, oder das gesamte anwesende Volk, kommt nicht so klar heraus. Es könnte aber auch ganz bewusst von Johannes vage gehalten worden sein, quasi als Platzhalter für alle Menschen.

In den Versen vorher lehrt Jesus im Tempel und spricht wiederholt zu den Schriftgelehrten und Pharisäern, die immer wieder bezweifeln, dass Jesus der von den Propheten versprochene Messias ist. Sie werfen ihm vor, nicht die Wahrheit zu sagen.

Jesus bezieht sich auf seinen Vater, der ihn gesandt hat, aber er kann sie nicht überzeugen. Den verheißenen Messias, der ihr Volk erretten soll, den hatten sie sich ganz anders vorgestellt. Sie hatten sich ein ganz anderes Bild vom ihm gemacht. Er sollte mit Macht und Herrlichkeit daher kommen und mit Gewalt alle ihre Feinde besiegen und ihrem Volk zu Macht und Herrschaft verhelfen.

Sie hatten doch immer alle Gesetze gehalten und treu ihrem Gott gedient. Und dann kommt so einer daher, ein armer Wanderprediger, ohne jegliche Mittel und ohne königliche Gewänder oder Insignien. So einer wie du und ich, ein ganz normaler Mensch. Und der behauptet, der Sohn Gottes zu sein, der vom Vater zur Erde gesandt wurde, um alle Menschen zu erretten. Das können sie sich nicht vorstellen, sie sind in ihren Bildern und Vorstellungen so gefangen, dass sie Jesu Worte nicht verstehen können.

Wo ich hingehe, da könnt ihr nicht hinkommen. In ihren Vorstellungen kann nur dann ein Mensch einem anderen nicht folgen, wenn der erste Selbstmord begeht. Daraus resultiert ihre Frage: Wer bist denn du?

Und Jesus antwortet: Ihr seid von unten her, ich bin von oben her, ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Das sind totale Gegensätze, über die man nicht diskutieren kann, die man nur glauben kann.

Und das fordert Jesus von den Juden. Wenn ihr das nicht glaubt, werdet ihr sterben in euren Sünden. Kompromisslos stellt er ihnen die Folgen ihres Unglaubens deutlich dar. Wenn sie seinen Worten nicht glauben, dann können sie auch nicht glauben, dass er der Sohn Gottes, der versprochene Messias für sie ist.

Jesus spricht hier mit Vertretern des jüdischen Volkes. Hat das nun überhaupt auch etwas mit uns heute zu tun? Oder ist es für uns vollkommen ohne Bedeutung? Es hat auch mit uns heute etwas zu tun.

Denn Jesus sagt kurz vorher in Vers 8: Ich bin das Licht der Welt. Er bezieht alle Menschen in seine Errettung mit ein. Damit können auch wir uns fragen, was haben wir für ein Jesusbild. Wer ist Jesus für uns? Wer bist denn du?

Stellen wir uns Jesus nicht auch manchmal allzu menschlich vor? Reduzieren wir ihn nicht oft auf eine Eigenschaft, die uns gerade nützlich ist? Der Kinderfreund, der Heiler, der Lehrer, ein Vorbild der Nächstenliebe.

Dem jedoch widerspricht Jesus sehr deutlich: Ihr seid von unten her, ich bin von oben her; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt. Gott ist größer, als wir es uns mit unserem menschlichen Verstand vorstellen können.

Jesus kommt von oben, das heißt zuerst einmal, er kommt von Gott her. Und Gott kommt zu uns Menschen herab in unsere Welt hinein. Er, der selbst frei von jeder Sünde ist, kommt mitten hinein in unser Leben. Warum tut er das, warum tut er sich das an?

Gottes Liebe ist so groß, dass er alle Menschen retten will und der einzige Weg, der zur Rettung der Menschen führt, geht nur von Gott aus hinab in unsere Welt hinein. Der Weg führt durch die tiefsten Abgründe unserer Welt, durch alle Sünden hindurch bis ganz nach unten.

Die Sünde ist die Getrenntheit von Gott. Wir können nur von unseren Sünden erlöst werden, wenn Gott selbst sich ganz erniedrigt, sich in alle Sünden hineinbegibt. Erst dann und nur dann ist es ihm möglich, die Menschen zu retten.

Und diesen Weg geht Gott. Er geht ihn in Jesus Christus, seinem eingeborenen Sohn. Dabei stülpt er den Menschen nichts über. Er zwingt sie nicht zu einem Handeln, wie es ihm gefällt. Er gibt Jesus als Menschen vollkommen in die Gewalt der anderen Menschen. Und lässt sie ihr Handeln selbständig bestimmen.

Gott will im ersten Schritt sein eigenes Volk Israel erlösen und befreien. Aber sein Volk erkennt ihn nicht. Obwohl er von seinem eigenen Volk verkannt und bekämpft wird, gibt Gott nicht auf, sondern erweitert seinen Heilsplan für alle Menschen.

Er will die ganze Welt erretten, deshalb sagt Jesus nicht: Ich bin das Licht der Juden, sondern Ich bin das Licht der Welt. Alle Menschen, auch wir sind angesprochen.

Es gibt aber nur einen einzigen Weg für uns, nicht in unserer Sünde zu sterben. Jesus zeigt ihn klar auf. Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt. Johannes benutzt die Vokabel erhöhen, wenn er von der Kreuzigung Jesus spricht. Wenn die Menschen Jesus gekreuzigt haben, und dann erkennen, dass alles so eingetreten ist, wie es ihnen vorher gesagt wurde, und sie glauben an Jesus und damit an den Gott, nur dann haben sie die Möglichkeit, aus der Sünde, aus der Getrenntheit von Gott herauszukommen in die Gemeinschaft mit Gott.

Wir sind zur Zeit in der Passionszeit, der Leidenszeit Jesu. Und gerade auch in dieser Situation, die der heutige Predigttext beschreibt, leidet Gott. Er leidet darunter, dass die Menschen seinem Wort nicht glauben. Nur wenn sie seinem Wort glauben, können sie zu einer Gemeinschaft mit Gott finden.

Jesus steigt in die tiefsten Tiefen hinab. Er wird ans Kreuz genagelt. Aber das, was die Menschen als größte Erniedrigung geplant haben, das kehrt Gott um. Die Menschen, die den Menschen Jesus die größte damals vorstellbare Erniedrigung bereiten wollten, werden zu Handlangern von Gottes Heilsplans mit der Welt.

Denn Jesus steigt nach seiner Kreuzigung nicht dauerhaft in das Reich des Todes hinab, sondern er kehrt die Bewegungsrichtung um. Er kehrt hinauf zurück zu seinem Vater. Wir beten es jedes Mal in unserem Glaubensbekenntnis: Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel.

Jesus hat vom Himmel her, von oben nach unten die ganze Spannbreite unser Welt durchlebt und durchlitten. Und am Ende seiner Zeit auf dieser Welt kehrt er die Richtung wieder um und kehrt wieder nach oben zum Vater zurück.

Wenn wir das glauben, dann können wir auch annehmen, dass egal in welcher Höhe, egal wo auf dieser Welt wir uns befinden, Jesus da ist, dass Jesus für uns da ist. Und nur durch ihn können auch wir aus dieser Welt heraus, von unten nach oben zum Vater gelangen. Wenn wir das nicht erkennen und glauben können, dann werden wir in unserer Sünde sterben, werden wir getrennt von Gott bleiben.

Jesus zeigt uns den einzig möglichen Weg auf. Wir können ihn uns nicht zurechtbiegen, nicht uns das herauspicken, was wir gerade von ihm brauchen. Den Teil von dem Mensch Jesus, der gerade in unsere Sicht der Dinge hineinpasst.

Jesus ist nicht von dieser Welt. Aber nur weil er nicht von dieser Welt ist, weil er von Gott von oben her kommt und weil er wieder nach oben zurück kehrt zum Vater, haben wir die Chance Gemeinschaft mit Gott zu erlangen.

Gott sagt nicht, entscheide dich jetzt, oder du hast nie mehr eine Chance dazu. Er lädt uns immer wider dazu ein, dass wir seinem Wort glauben und vertrauen.

Aber er lässt uns nur diesen einen Weg offen, um aus unserer Sünde heraus, wieder zur Gemeinschaft mit Gott zu gelangen. Das ist das Ziel, das Gott mit uns hat, Gemeinschaft mit uns Menschen, mit jedem einzelnen von uns.

Es sind deutliche Worte, die Jesus da sagt. Ergreifen wir diese Chance, gehen wir diesen Weg, der durch Jesus hindurch zur Gemeinschaft mit Gott führt.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

Christus Pantokrator in der Apsis der Kathedrale von Cefalu auf Sizilien. Gun Powder Ma, 2007. Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported.

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