Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten von Prädikantin Karin Kehr: 1. Kön 19, 1-8 Elia will aufgeben

« Predigten Home

Pfarrkirche St.Oswald bei Haslach. Hochaltar von Josef Kepplinger ( 1894 ): Elias mit Engel. Wolfgang Sauber -  12.09.2007

Elias mit Engel

Oculi

Elia will aufgeben 1. Kön 19, 1-8

Predigt gehalten von Prädikantin Karin Kehr am 8. Februar 2008

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!

Amen.

Liebe Gemeinde,

Kennen Sie das Gefühl, da haben Sie sich jede erdenkliche Mühe gegeben, haben sich angestrengt und abgerackert, um eine Sache so deutlich zu machen und aufzuzeigen, dass es auch der Dümmste noch verstehen muss. Und doch gibt es ein paar Menschen, die einfach nicht einsichtig sind, die stur auf ihrer Meinung beharren und ihre ganze Mühe und Arbeit war umsonst. Haben sie da auch mal die Nase gestrichen voll, wollen einfach nur abhauen, keinen Menschen mehr sehen?

So ergeht es auch dem Propheten Elia aus dem Alten Testament. Im heutigen Predigttext zum Sonntag Okuli heisst es im ersten Buch der Könige im 19. Kapitel:

1:Und Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem Schwert umgebracht hatte.
2: Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast!
3: Da fürchtete er sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort.
4: Er aber ging hin in die Wüste eine Tagesreise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun Herr meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.
5: Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss!
6: Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.
7: Und der Engel des Herrn kam zum zweitenmal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.
8: Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.

Was war passiert, dass Elia, der sich kompromisslos und leidenschaftlich für Gott einsetzt, um sein Leben fürchtet und abhaut? Das Volk der Israeliten hatte sich unter seinem König Ahab und dessen Frau Isebel anderen Göttern, den Baalen, zugewandt und betete sie an. Nach dem Motto sicher ist sicher, wenn der Gott Abrahams nicht hilft, dann haben wir noch ein paar andere in Reserve. Im Kapitel vor dem Predigttext hatte Elia die Baalspriester zu einem Wettkampf herausgefordert. Es sollten zwei Stiere als Brandopfer gerichtet werden, das Feuer solle aber von den jeweiligen Göttern kommen. Die Baalspriester begannen und steigerten sich in Ekstase, jedoch ohne Erfolg und Elia verspottete sie noch. Danach betete er zu seinem Gott und wurde erhört, Feuer fiel vom Himmel und das Opfer wurde vollständig verzehrt. Damit erwies sich der Gott Elias als mächtiger und die Baalspriester wurden ermordet.

Die Königin hielt aber unbeirrbar an ihrem Glauben an die Baalsgötter fest und kündigte dem Elia Vergeltung an.

Und Elia, der kurz vorher noch die Allmacht seines Gottes, für den er so eifert, erlebt hat, fürchtet um sein Leben und rennt weg.

Auch ich habe mich nach einer schwierigen Situation, die ich gemeistert habe, in der ich von Gott gehalten wurde, wunderbar gefühlt, voller Tatendrang, nichts schien mir unmöglich. Und kurz darauf kam der Absturz, hundeelend fühlte ich mich, nur noch verkriechen wollte ich mich. Alles erschien so sinnlos, ich konnte kein Ziel mehr für mich sehen. Dieses Hochgefühl, wenn man die Unterstützung Gottes gespürt hat, ist also kein Gefühl, dass unbedingt tage- oder wochenlang anhalten muss. Nicht nur bei mir kann dieses gute Gefühl sehr schnell umschlagen, auch bei anderen, auch bei dem Propheten Elia, der immer wieder die Nähe und die Hilfe seines Gottes erfahren hat. Dabei wird bei uns Christen manchmal der Eindruck erweckt, dass gute Erfahrungen mit Gott ein langanhaltendes Vertauen auf Gottes Allmacht bewirken müsste. Und wenn dem nicht so ist, dann stimmt etwas nicht mit dem Vertrauen, mit dem Glauben an Gott. Der Predigttext zeigt etwas anderes. Es ist menschlich, dass sich dieses Gefühl auch einmal schnell verflüchtigen kann und große Verzweiflung zurückbleibt.

Bei Elia war die Verzweiflung so groß, dass er weg von allen Menschen ging, sogar seinen Diener ließ er zurück. Er ging in die Wüste, einen Ort, an dem das Überleben schwer ist, der vor allem aber auch keinen Weg erkennen lässt. Einen Ort an dem man mit seiner Verzweiflung alleine ist. Elia war so am Ende, dass er nicht mehr erkennen konnte, wie es für ihn weitergehen sollte. Für ihn war kein gangbarer Weg mehr zu sehen.

'The prophet Elias, from a Greek Orthodox icon'

Er fühlte sich als Versager, er hatte keinen Lebensmut mehr, für ihn gibt es keinen Sinn mehr in seinem Leben, er will lieber sterben als weiterleben. Auch in dieser Situation wendet er sich nicht von Gott ab, sondern gibt sich vollkommen in seine Hand. "Es ist genug, so nimm nun Herr meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter." Er erkennt, dass er aus sich heraus ohnmächtig ist und nichts mehr tun kann. Erst als Elia seine Seele Gott übergeben will, kann Gott eingreifen. Das gilt auch heute für uns. Solange wir der Überzeugung sind, alles alleine aus eigener Kraft zu schaffen, hat Gott keine Chance, uns zu helfen. Erst wenn wir ihm die Gelegenheit geben, ihm Raum geben für seine Hilfe, indem wir ihn einladen, Besitz von uns zu nehmen, kann Gott uns helfen. Er tut das bei Elia nicht, indem er eine Rechtfertigung einfordert, oder die Geschehnisse richtet, weder positiv noch negativ. Er bagatellisiert auch die Angst des Elia nicht. "Alles halb so schlimm, die Königin wird sich schon wieder beruhigen" oder Ähnliches.

Sondern Gott sendet einen Engel, der Elia anrührt. Eine Geste, eine tröstliche Berührung kann in einer Situation, in der ich vollkommen fertig bin, hilfreicher sein und mich eher erreichen, als noch so viele lieb gemeinte Worte. Elia soll erst mal etwas essen und trinken, Gott sorgt für das Lebensnotwendige, das Überlebensnotwendige. Er weiss aber auch, dass damit noch lange nicht alles wieder in Ordnung ist, dass Elia noch Zeit braucht und er gewährt sie ihm. Elia legt sich wieder hin und schläft, um wieder zu Kräften zu kommen.

Gott verlässt Elia nicht, er kommt wieder von sich aus auf seinen Propheten zu. Er sendet erneut einen Engel und dieser hat dieses Mal außer etwas zu Essen und zu Trinken auch einen neuen Auftrag für Elia. Elia selbst konnte für sich keinen Weg mehr erkennen, Gott weiss jedoch für jeden von uns den Weg, den wir in seinem Auftrag gehen können. Auch wenn wir selbst von uns glauben, versagt zu haben, lässt Gott nicht von uns, er geht uns nach und nimmt uns wieder in seinen Dienst, immer wieder, wenn wir es zulassen. Nach der erneuten Stärkung durch die Speise, die er von Gott bekommen hat, macht sich Elia auf seinen Weg. Dieser wird ihn wieder auf Gott zu, ja zu einer erneuten Gottesbegegnung führen.

Der heutige Sonntag Okuli steht in der Mitte der Passionszeit und hat, wie auch durch die Bibeltexte zum Ausdruck kommt, die Nachfolge zum Thema. Auch wenn wir nicht gerade vollkommen verzweifelt sind, gönnen wir uns doch heute einmal eine Ruhepause. Denken wir über unsere Bereitschaft zur Nachfolge Jesu Christi nach, lassen uns wieder von Gott anrühren und stärken. Er wartet auf uns, er will sich uns heute schenken, in Brot und Wein zu unserer Stärkung, damit auch wir unseren Weg wieder erkennen und weitergehen können. Im Abendmahl erinnert das Brot an den Leib Christi, an seine Person, der Kelch an sein Blut, an sein Sterben und seinen Tod. Dieser Tod jedoch ist der Anfang des neuen Lebens, das wir dank seiner Auferstehung auch für uns erhoffen dürfen. Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. Unser christliches Leben beschreibt einen weiten Weg. Einen Weg, der davon lebt und begleitet ist, dass wir immer wieder diese Ermutigung Gottes hören und annehmen: Steh auf und iss. Lass dir von mir geben, was du brauchst, was für die nächsten Schritte wichtig ist. Gerade das Abendmahl trägt dazu viel bei, es ist die Speise der christlichen Wegzehrung. Lassen wir uns,wie Elia, von Gott stärken und uns unseren Weg von Gott zeigen. Wie Gott seinen Engel zu Elia gesandt hat, so sind seine Engel auch mit uns, wenn wir in der Nachfolge unseres Gottes aus diesem Gottesdienst hinaus weitergehen auf unseren Wegen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

Elias mit Engel - Wolfgang Sauber, 12.09.2007. Pfarrkirche St.Oswald bei Haslach. Hochaltar von Josef Kepplinger ( 1894 ). Diese Datei wurde unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation veröffentlicht.
Die Abbildung 'The prophet Elias, from a Greek Orthodox icon', ist im public domain, weil ihr copyright abgelaufen ist.

^ Zum Seitenanfang