Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Predigten im Jugendgottesdienst: Galater 6

« Predigten Home

Predigt „zu Galater 6“

Gehalten von Jakob Hellwig an der Konfifreizeit August 2008:

Mitarbeiterteamtreffen im Haus Heliand 2005, Oberstedten

Mitarbeiterteamtreffen im Haus Heliand 2005, Oberstedten

Vor einiger Zeit sollten die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Dreikönigsgemeinde einen Steckbrief ausfüllen, der im Gemeindehaus ausgehängt wurde. Neben Angaben über Name, Alter und was man in der Gemeinde so macht, musste man auch den Satz vervollständigen „Gemeinde, weil…“. Im Prinzip gab es immer die gleiche Antwort, nur etwas anders formuliert: „Weil man alleine nicht glauben kann!“
Vielleicht hat euch auch schon einmal jemand in der Schule gefragt, warum ihr in den Konfirmandenunterricht geht. Es gibt dann die typischen Antworten, mit denen man nichts falsch machen kann, weil man damit seine coole Hülle bewahrt:

  • gibt Geschenke am Ende
  • hat mein großer Bruder auch gemacht
  • meine beste Freundin geht da auch hin
  • meine Eltern haben gesagt, dass ich muss

Letzterer Grund ist natürlich nicht ganz so cool, weil man eine gewisse Macht der Eltern eingesteht, von der man sich doch ach so gerne lösen würde.

Leute mit genug Selbstbewusstsein sagen wahrscheinlich, dass sie an Gott glauben und sich deshalb konfirmieren lassen wollen. Der typische Halbwissende kontert dann mit dem Argument, dass Gott und Glauben ja feine Sachen wären, aber die Kirche bzw. eine Gemeinde ziemlich überflüssig wären. Glauben könne man schließlich ja auch allein.

Damals bin ich dieser Fragerei ausgewichen, indem ich die Begründung mit der älteren Schwester gewählt habe. Nur auf die Dauer genügte das meinen Ansprüchen nicht mehr. Ich will ja nicht eine billige Kopie meiner Schwester sein. Also, warum brauche ich zum Glauben eine Gemeinschaft??

Meine erste Berührung mit Religion hatte ich in einer Gemeinschaft. Damals nannte sich das Gruppe, und zwar die grüne Gruppe im Kindergarten. Da wurde aus einer Kinderbibel mit vielen Bildern vorgelesen und zwar nur die schönen Geschichten, z.B. über die Wunder Jesu oder die Arche Noah. Dort wurde der Grundstein dafür gelegt, was dann später, über den Religionsunterricht, im Konfirmandenunterricht richtig zur Geltung kam. Jeden großen Entwicklungsschritt hin zum Glauben habe ich also in einer Gruppe erlebt.

In Gruppen lernt man lieber als allein. Aber jetzt wo man glaubt, kann man das dann auch allein??

Gemeinschaft hat zwei Ebenen. Auf der ersten Ebene erleben wir Gemeinschaft, wie jetzt gerade hier z.B.: Zusammen in einer Kirche, eine Gruppe bestehend aus zwei Konfirmandengruppen. Gleichzeitig gehört man aber auch der weltweiten Gemeinschaft aller Christen an. Das heißt, alleine ist man, wenn man sich selbst als Christ versteht und an Gott glaubt, eh nicht. Wenn man das weiß, liegt doch eigentlich nichts näher, alssich nun auch physisch mit Gleichgesinnten zusammen zu tun. Ich versuche es einmal mit einem kleinen Beispiel:

Wenn jemand leidenschaftlich Pauke spielt und dies auch wirklich gut beherrscht, wird es ihm auf die Dauer nicht reichen, zu Hause zu sitzen, zu trommeln und damit seine Nachbarn in den Wahnsinn zu treiben. Viel besser zur Geltung kommt seine individuelle Fähigkeit in einer Gruppe, die sich in diesem Fall Orchester nennt.

Oder jemand trainiert tagein, tagaus in seinem Hof, Fußball zu spielen und er trifft jeden Schuss genau in den Winkel des Garagentors. Irgendwann wird ihm das auch nicht mehr reichen. Abgesehen davon nervt ein donnerndes Garagentor die Nachbarn genauso wie die Pauke. Er wird sich auch eine Gemeinschaft suchen in der er das Trainierte anwenden kann. Entweder einen Fußballverein, oder er muss genug Freunde anrufen, um genug Leute auf dem Bolzplatz zu versammeln.

So wie der Paukenspieler und der Fußballer wissen, dass es da draußen noch mehr Leute mit ihrem Interesse gibt, so sollte es auch der Christ wissen. Und wie sich die Fähigkeiten des Fußballers rapide verbessern werden, wenn er mit anderen Leuten zusammenspielt, so funktioniert das auch mit dem Glauben. Denn der Satz vorhin „Jetzt wo man glaubt usw.“ ist völliger Blödsinn. Die Entwicklung des Glaubens ist nie abgeschlossen, dafür ist dieses Thema viel zu komplex. Jedes Mal wenn ich mich damit beschäftige, formt sich mein Glauben neu. Selbst wenn ich mit Konfirmanden das gefühlte tausendste Mal über 1.Korinther 12 rede, kommt es vor, dass sich in meinem Verständnis etwas ändert. Und ein Professor in der Uni hilft meinem Verstehen oft nicht mehr weiter, als die naive Nachfrage eines 13jährigen, der einen durch die Frage zwingt, sein Verständnis zu formulieren.

Solche Entwicklungen hören nie auf und sind nur in Gemeinschaften möglich die mit dem gleichen Interesse an die Sache rangehen. Ich unterstelle auch, dass selbst bei „Glaubensprofis“, wie es unsere Pfarrer sind, dieser Prozess nicht abgeschlossen ist. Bei wem sonst sollte das also der Fall sein??

Dass man dabei auch einmal in Glaubenskrisen gerät, ist völlig normal, aber diese zu überstehen, ist im Verbund mit anderen Gläubigen sehr viel einfacher. Nehmen wir den zweiten Satz unsere Lesung: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“

Es braucht eine Gemeinschaft, die den einzelnen in schweren Zeiten auffängt. In der Lesung ist es der Einzelne, der etwas Falsches macht und sanftmütig wieder auf den rechten Weg gebracht werden soll. Nicht mit Strafe oder Zucht, sondern mit Sanftmut, Geduld, Erklärung. Der Weg über die Einsicht hilft mehr, als das Aufzwingen von immer mehr Regeln oder Dinge als gegeben hinzustellen. Dies ist zwar meist die anstrengendere Variante, aber auch die Nachhaltigere. Deshalb auch später der Wunsch, nicht müde zu werden.

Ich bin am Sonntag nach einem Konfirmandenseminar meist sehr müde, aber ich weiß jedes Mal, dass es sich gelohnt hat. Für mich auf jeden Fall und ich hoffe für euch auch. Also wünsche ich euch so wenige Krisen wie möglich und Leute die euch im Glaube und Leben weiterbringen. Ich sehe allein in diesem Raum mindestens 15 Leute, die diese Rolle gerne übernehmen würden.

Amen

^ Zum Seitenanfang