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Predigten im Jugendgottesdienst: Judas – Für eine Hand voll Dollar ...

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Predigt „Judas – Für eine Hand voll Dollar ... “

Gehalten von Jakob Hellwig:

Ausschnitt aus 'Das Abendmahl', Meister des Hausbuches, um 1480-1485

Judas… Ju-das… Der Name klingt schon so fies nach Bösem und Verrat. Wer so heißt oder genannt wird, muss etwas auf dem Kerbholz haben!
Mich erinnert dieser Name immer daran, wie Luis Figo im Jahr 2000 vom FC Barcelona zu Real Madrid wechselte. Da konnte man das Wort „Judas“ dauernd lesen. Für die Barcelona-Fans war das ein furchtbarer Verrat an ihrem Verein. Und alles nur des Geldes wegen… Zugegeben, die Größenordnungen bei Figo und bei Judas sind schon verschiedene. Was sind schon 30 Silberlinge gegen 3 Mio € für die Unterschrift und ein Jahresgehalt von 10 Millionen??
Mit den 30 Silberlingen konnten die Priester gerade einmal einen Acker vor der Stadt kaufen, nachdem Judas sie ihnen zurückgebracht hatte. Das ist also wahrlich nicht die Summe mit der Judas seinen Lebensabend hätte verbringen können, nachdem er den verraten hatte, der bis dahin sein Lebensinhalt war. War Judas einzige Motivation, Jesus die Hohepriester auszuliefern, das Geld?? Diese mickrigen 30 Silberlinge?
Laut dem Evangelisten Johannes war Judas so etwas wie ein Kassenwart der Jünger, der gerne auch etwas von dem gemeinsamen Geld in seine Privatkasse fließen lies. Das wird erwähnt bei einer Salbung, während der Judas fragt, warum man das teure Öl nicht lieber verkauft hätte, um die damit verdienten 300 Silberstücke Bedürftigen zu spenden. Außerdem wird er an dieser Stelle auch als Dieb bezeichnet.
Ein Dieb, jemand der hin und wieder etwas Geld unterschlägt, wird dieser wegen 30 Silberstücken gleich zum Verräter, oder gar Mörder?? Wenn er so geldgeil ist, warum schließt er sich einem besitzlosen Wanderprediger an? Es gibt wahrlich bessere Aussichten auf Geld, als mit Jesus und seinen Jüngern umherzuziehen. Ganz so einfach wie bei unserem überbezahlten Herrn Figo scheint der Fall bei Judas nicht zu sein…

Es gibt eine Theorie die besagt, Judas soll ein Zelot gewesen sein. Zeloten waren eine Gruppe von Juden, die die römische Fremdherrschaft mit Gewalt beenden wollten. Dies versuchten sie mit Anschlägen auf die Römer oder deren Verbündeten. Um's einfach zu sagen: Sie waren eine Art Terrororganisation! Wäre das der Fall, könnte Judas’ Motiv für die Überlieferung Jesu sein, dass er sich erhoffte, dass es einen Volksaufstand geben könnte wenn die Bevölkerung sehen würde, dass Jesus verhaftet worden war. Judas hätte in Jesus einen politischen Messias gesehen haben können, der gekommen war um das Gottesvolk Israels aus der römischen Unterdrückung zu befreien. Er hätte also Jesus nur zum Handeln provozieren wollen, da er dachte, dass Jesus die Macht und auch den Willen hätte, sich gegen die Römer zu widersetzen. Der spätere Selbstmord des Judas würde auch in dieses Bild passen. Er erhängt sich, nachdem er gemerkt hat, dass sein Plan nicht aufgegangen war und Jesus damit dem Tod geweiht istr.

Eine andere Theorie besagt, dass Judas Jesus nur verriet, damit dieser sein vorbestimmtes Schicksal erleide. Jesus musste zur Erlösung der Menschen, für die Vergebung der Sünden sterben. Judas soll das gewusst haben, es als einziger unter den Jüngern wirklich erkannt und daraufhin gehandelt haben. Ohne Judas’ Verrat, keine Kreuzigung – Ohne Kreuzigung, keine Auferstehung – Ohne Auferstehung kein Ostern, kein Christentum. Diese Theorie zeichnet Judas als Guten, als Verbündeten Jesu, dessen Handeln notwendig war für die Heilsgeschichte. Seinen Selbstmord als symbolischen Akt der Verbundenheit, genau wie den Kuss des Verrats.

'Das Abendmahl', Meister des Hausbuches, um 1480-1485

Alle 3 Versionen könnten zutreffen. Die Geldgier, der erhoffte politische Aufstand oder gar die Selbstopferung für die Sache des Glaubens. Die überlieferten Schriften lassen genug Raum um alle drei hinein zu interpretieren, wirklich belegen lässt sich allerdings keine. So muss man sich aus den Geschehnissen das Essenzielle herausholen, von dem man sicher sein kann, dass es passiert ist. Aus diesen Begebenheiten kann man dann seine Lehren ziehen, nicht aus den Spekulationen.

Ist es für uns heute wichtig aus welchem Beweggrund Judas Jesus verraten hat? Gut, es wäre unfair, wenn er tatsächlich mit positiven Absichten gehandelt hätte, dass sein Name, der damals ein völlig alltäglicher war, noch heute als Schimpfwort gebraucht würde. Auf keinen Fall ist es aber so entscheidend wie das, was er damit auslöste: Die Kreuzigung!!!
Die Kreuzigung bzw. die damit verbundene Auferstehung ist der Moment, in dem Jesus als Sohn Gottes über den Tod siegt und den Menschen von der Erbsünde befreit. Der Moment, in dem Jesus seinen gesprochenen Worten Nachdruck verleiht. Der Moment, ohne den wir jetzt hier nicht beisammen wären.

Seiner Botschaft Nachdruck verleiht Jesus auch bereits früher. Er führt Vergebung exemplarisch vor. Jesus weiß vor dem letzten Abendmahl bereits, wer ihn verraten wird. „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich verraten“ (Mat. 26, 23). Dennoch schließt er ihn von dieser symbolträchtigen Feier, bei der er die Einsetzungsworte spricht, die wir heute noch hören, nicht aus.
Denken wir zurück an unseren portugiesischen Fußballer. Als der mit Real Madrid in der ersten Saison nach seinem Wechsel in Barcelona spielte… Ihr könnt euch vorstellen, was da los war. Unzählige Plakate mit Beleidigungen, auf denen natürlich das Wort „Judas“ auch des Öfteren zu lesen war. Wenn Figo für die Eckbälle näher an die Ränge kam, flogen hunderte von Sachen in seine Richtung. Sogar mehrere Handys. Als ich das damals gelesen habe, dachte ich mir: „Was für einen Hass muss man haben, um sein Handy nach jemandem zu schmeißen??“ Und warum das alles? Weil er den Verein gewechselt hat…

Jesus hingegen isst mit seinem „Verräter“ zu Abend. Gibt auch ihm ein Stück von „seinem Leib“ und „seinem Blut“. Demjenigen von dem er weiß, dass der ihn wenig später in den Tod schicken wird.
Ich finde, das macht nachdenklich. Wie oft sind wir wegen Kleinigkeiten beleidigt oder sauer auf jemanden. Nur weil der 5 Minuten zu spät gekommen ist oder ähnliches… Man muss nicht seinem zukünftigen Verräter verzeihen können, aber in vielen Situationen könnten wir alle milder reagieren als wir es tun! Ein Beispiel muss man nicht exakt kopieren, aber man sollte sich in die richtige Richtung leiten lassen. Jesus ist ein solches Beispiel…

Amen

Das Bild 'Das Abendmahl', Meister des Hausbuches, um 1480-1485, und dessen Reproduktion gehört weltweit zum "public domain". Das Kunstwerk ist Teil einer Reproduktions-Sammlung, die von The Yorck Project zusammengestellt wurde. Das copyright dieser Zusammenstellung liegt bei der Zenodot Verlagsgesellschaft mbH und ist unter GNU Free Documentation lizensiert.

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