Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
Zurück zum Archiv Home der Dreikönigsgemeinde

Evangelisch-Lutherische

DREIKÖNIGSGEMEINDE

Frankfurt am Main - Sachsenhausen

Dialog über Gnadenlos/ Gnade: Reformationssonntag 2005. Dialog über Gnadenlos/ Gnade - Inszenierung für „Gottesdienst Anders“

« Predigten Home

'Luther rose', 2005, Jed

Reformationssonntag 2005

Dialog über Gnadenlos/ Gnade


Inszenierung für „Gottesdienst Anders“ von Bianca Mubiiki-Hoerig und Gabriele Moog am Reformationssonntag 2005 im Kirchsaal Süd

Bianca:

Ich hab’ das Gefühl, ich hab’ das neueste Modewort entdeckt!

Gabi:

Was denn?

Bianca:

Gnadenlos!

Gabi:

Gnadenlos? Wieso gnadenlos?

Bianca:

Also diese Zeitschrift zumindest ist voll davon:

  • Werbung für PC-Spiele: „Gnadenlos preiswert“
  • Werbung für „Bartels Automobile – Gnadenlos günstig“
  • Das Horoskop verspricht: „Gnadenlos ehrlich“

Gabi:

Stimmt, hier auch:

  • Sie empfehlen ein Witzbuch: „Gnadenlos witzig“
  • anderes Buch heißt „Gnadenlos glücklich – das süße Leben um die 30“
  • Wolfgang Petrys neue CD ist angeblich „Gnadenlos gut!“

'Logo von Tinte15 - gnadenlos günstig', 2010, Tinte15

Bianca:

Ich hab’ noch mehr gefunden:

  • Im TV-Teil stehen gleich zwei Spielfilme „Jung, weiblich, gnadenlos“ und „Gnadenlos Schön“
  • in der Oberpfalz gibt es die „Discothek Gnadenlos

Gabi:

Und in Hamburg gab es doch auch einen „Richter Gnadenlos“! Aber das verstehe ich nicht! Was soll „gnadenlos“ in solchen Zusammenhängen eigentlich bedeuten?

Bianca:

So weit ich das verstehe, heißt gnadenlos so etwas wie „absolut“ oder „total“. Früher wurde das Wort „tot“ oder „tödlich“ eingesetzt, wenn man sagen wollte, daß etwas absolut unübertrefflich ist, wie z. B. „tot chic“. Heute würde man offenbar sagen „gnadenlos chic“.

Gabi:

Merkwürdig dabei ist, daß das Wort „Gnade“ überhaupt nicht in der Alltagssprache vorkommt. Wer redet schon von Gnade, außer bewußt gläubige Christen, na ja – sagen wir Protestanten?

Bianca:

Ja, was ist denn eigentlich Gnade? Ich könnte mir vorstellen, daß man eine Ahnung bekommt, was Gnade bedeutet, wenn man sieht, wie das Wort gnadenlos eingesetzt wird. ... gnadenlos, ..., kraß, ... todsicher.

Gabi:

Das könnte ich mir auch gut vorstellen. Denn so wie „gnadenlos“ in der Werbung oder in der Umgangssprache benutzt wird, bedeutet es etwas Absolutes, etwas Bedingungsloses. Und genauso ist die Gnade. Sie ist absolut bedingungslos, denn man kann die Gnade nicht ergänzen oder vermindern oder multiplizieren.

Bianca:

Hat das etwas mit Gott zu tun?

Gabi:

Das glaube ich. Denn Gnade bedeutet, daß er mich liebt, so wie ich bin, egal wie ich bin. Und wenn ein Mensch erkennt, daß Gott ihn bedingungslos annimmt, dann ist er dankbar dafür. Er muß sich nicht mehr darum Sorgen machen, wie Gott reagiert. Er muß keine Angst haben, sich Vergebung und Gnade nicht erst verdienen. Das befreit! Es ist etwas Absolutes, denn ich kann diese Gnade nicht ergänzen oder steigern oder vermindern durch eigene Leistungen.

Bianca:

Aber wenn Gott mich liebt und egal, was ich tue, dann kann ich mich doch auch auf die faule Haut legen und entspannt zurücklehnen. Dann bekomme ich doch am Ende ohne eigenes Zutun, also ohne rechtschaffen und nach christlichen Werten zu leben, ohne gelebte Nächstenliebe trotzdem Gottes Gnade zugesprochen oder?

Gabi:

Aber anders geht es doch gar nicht! Welcher Mensch könnte denn wirklich so leben, daß er Gnade verdienen kann? Menschen machen Fehler, wenn sie handeln. Gott gerecht werden zu müssen, diese Fehler nicht mehr zu machen, um sich seine Gnade zu verdienen: das lähmt. Wer würde da überhaupt noch etwas tun? Verantwortung übernehmen?

Bianca:

Da ist etwas dran: Wer Gnade empfängt sieht das eigene Zutun, wie ich eben meinte, gar nicht als Leistung, sondern lebt ganz selbstverständlich – eben durch die Gnade Gottes – im Sinne Christi.

Gabi:

Genau! Das ist das Besondere: Die Gnade Gottes ist bedingungslos. Deshalb muß man sich nicht mehr selbst behaupten, nicht mehr ständig Angst haben, ob es reicht, was man leistet, in der Sorge, was man wert ist. Erst diese Sicherheit erlaubt es, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Man kann dann immer noch Fehler machen und scheitern. Aber man weiß, daß davon nicht die Gnade Gottes abhängt. Das macht das Leben leichter. Und man hat jederzeit die Chance zu einem Neubeginn. Und die Dankbarkeit über diese Gnade bringt Freude ins Leben. Man lebt frei und fröhlich. Wen das keine Gnade ist!

Bianca:

Das klingt gnadenlos gut!

Das Bild 'Luther rose', 2005, Jed, ist lizensiert unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.
Die Abbildung 'Logo von Tinte15 - gnadenlos günstig', 2010, Tinte15, ist lizensiert unter der Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported.

^ Zum Seitenanfang