Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrerin Heike Seidel-Hoffmann: Themenpredigt: "JESUS - BROT UND WEIN"

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Themenpredigt: "JESUS - BROT UND WEIN"

Gehalten von Pfarrerin Heike Seidel-Hoffmann:

'Das Letzte Abendmahl', 1596 -  El Greco

Als Jesus das letzte Mal mit seinen 12 Jüngern an einem Tisch saß, hielt er mit ihnen ein großes Festmahl. Gemäß der jüdischen Tradition war es das Pessachfest. Von alters her erinnern sich die Juden bei diesem Fest an die Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens. Der Verlauf des Pessachmahles ist genau vorgeschrieben. Symbolische Speisen stehen auf dem Tisch: In Essig getauchte Bitterkräuter, die an die Schmach und Bitterkeit der Gefangenschaft erinnern. Ungesäuertes Brot, weil in alter Zeit der Brotteig eilig aus Wasser, Mehl und Salz zubereitet worden war. Roter Wein als Zeichen der großen Freude über die Befreiung. Am Spieß gebratenes Lammfleisch, das an das geschlachtete Lamm erinnert, mit dem die Israeliten damals ihre erstgeborenen Söhne auslösten. Als Jesus dieses Pessachmahl mit seinen Jüngern hielt, wusste er bereits, dass seine Feinde es auf sein Leben abgesehen hatten. So hatte er seine Freunde ein letztes Mal zum gemeinsamen Essen eingeladen und alles dafür vorbereitet.

Lukas 22, 7 - 20:
Es kam nun der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem man das Passalamm opfern mußte. Und er sandte Petrus und Johannes und sprach: Geht hin und bereitet uns das Passalamm, damit wir's essen. Sie aber fragten ihn: Wo willst du, daß wir's bereiten? Er sprach zu ihnen: Siehe, wenn ihr hineinkommt in die Stadt, wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Wasserkrug; folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht, und sagt zu dem Hausherrn: Der Meister läßt dir sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern? Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der mit Polstern versehen ist; dort bereitet es. Sie gingen hin und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm. Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder und die Apostel mit ihm. Und er sprach zu ihnen: Mich hat herzlich verlangt, dies Passalamm mit euch zu essen, ehe ich leide. Denn ich sage euch, daß ich es nicht mehr essen werde, bis es erfüllt wird im Reich Gottes. Und er nahm den Kelch, dankte und sprach: Nehmt ihn und teilt ihn unter euch; denn ich sage euch: Ich werde von nun an nicht trinken von dem Gewächs des Weinstocks, bis das Reich Gottes kommt. Und er nahm das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!

Leib und Brot, Wein und Blut, Fleisch und Blut.

Brot und Wein sind die tragenden Elemente des letzten Mahles, das Jesus mit seinen Jüngern teilte. Die Jünger Jesu werden es gespürt haben: Das ist kein Pessachmahl wie alle anderen. Hier steht keine längst vergangene Tradition im Vordergrund, die nun in der Feier vergegenwärtigt wird, sondern hier verbindet sich Schicksal des Volkes Israel plötzlich mit einem ganz bestimmten Menschen: Dem Rabbi Jesus von Nazareth. Er stellt in diesem letzten Pessachmahl eine besondere Beziehung her zwischen seinem Leben und zwei der am Tisch gereichten Elemente des Pessachfestes, dem Brot und Wein. Das gebrochene Brot wird zum gebrochenen Leib, der in den Kelch gegossene Wein wird zum vergossenen Blut. Bis heute erinnert die Kirche in jedem Abendmahl mit Brot und Wein an Leib und Blut Jesu. Doch was hat es das wirklich zu bedeuten? Ist es nicht im Grunde eine völlig seltsame Angelegenheit? Wer in einer kultischen Handlung Fleisch isst und Blut trinkt, der ist nach gängigem Verständnis eigentlich ein Kannibale. Essen wir bei jedem Abendmahl Jesus, symbolisiert in der Hostie, die seinen Leib darstellt, und im Wein, das sein Blut darstellt? Das wäre eine ungeheure Zumutung. Noch deutlicher als in evangelischen Gottesdiensten ist dies in der katholischen Messe spürbar, wenn der Priester am Altar die Gaben von Brot und Wein in Fleisch und Blut Christi wandelt. Wie wichtig es ist, das Abendmahl zu verstehen, sieht man daran, dass es uns bis heute schmerzlich an die Kirchentrennung erinnert.

Lassen Sie mich Ihnen deshalb die Symbolik von Brot und Wein erklären, auch, damit Sie selbst Auskunft geben können, wenn Sie danach gefragt werden, was Sie denn da eigentlich tun, wenn Sie beim Abendmahl Brot und Wein zu sich nehmen. Leib und Brot, Wein und Blut, Fleisch und Blut. Das Johannesevangelium legt besonderen Wert darauf, zu vermitteln, dass Jesus ein Mensch aus Fleisch und Blut war und kein überirdisch- vollkommenes Wesen:

Joh. 1, 14:
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.

Gott hat Jesus als Menschen geschaffen so wie er jeden Menschen geschaffen hat. Und doch geht es bei diesem Menschen von Anfang an um etwas Besonderes, um ein besonderes Handeln Gottes:

Joh, 3, 16:
Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben

Gott schenkt der Welt seinen Sohn. „Geben“ bedeutet hier aber nicht „opfern“, in dem Sinne: Gott hat Jesus nur deshalb geschickt, damit er am Kreuz stirbt um uns von den Sünden zu erlösen. Zu behaupten, dass Gott selbst den Sohn geopfert habe, damit wir erlöst würden, ist absurd und falsch. Das Johannesevangelium will deutlich machen: Gott schenkt Jesus aus Liebe. Er gibt ihn der Welt, schutzlos und zerbrechlich wie jedes Menschenleben. Und er muss auch den Tod Jesu mit ansehen und aushalten, ohne einzugreifen und ihn zu verhindern, so, wie es bei jedem so gewaltvollen Menschentod ist. Doch Gottes Wunsch war es, Jesus zu geben, sein Leben zu schenken, so, wie es jede Liebe tut; sie verschenkt und gibt, ohne zu planen und zu berechnen. Jesus ist gekommen, weil Gott es wollte. Das Leben ist immer ein Geschenk Gottes.

Es gilt daher, Jesu ganzes Leben im Blick zu behalten und sich nicht auf das Ende seines Lebens zu fixieren. Im Abendmahl wird genau das deutlich. Jesus gibt sich selbst, so, wie er es die ganze Zeit über immer schon getan hat: „Und er nahm das Brot, dankte und brach´s und gab es ihnen und sprach: „Das ist mein Leib – für euch gegeben“. „Gegeben“ heißt hier: Freiwillig verschenkt. Bei Jesus gab es kein einziges bisschen „sich selber leben“. Jesus hat sein Leben ganz und gar als Leben für Gott und für die Menschen gelebt. An seinem großen Vorbild arbeiten sich Christinnen und Christen bis zum heutigen Tag ab. Es ist das Zeichen für die Nachfolge Jesu: Ganz bei Gott und ganz bei den Menschen zu sein.

„Und nach dem Mahl nahm er den Kelch und sprach: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!“

'Hochzeit zu Kana', PSch

Mit „Blut“ meint Jesus das Blut der Trauben, den Wein, denn Wein ist wie Blut eine rote Flüssigkeit. Obwohl die Einsetzungsworte bei jedem Abendmahl suggerieren, beim Wein würde es sich um das Blut Jesu handeln, ist es wichtig, Wein und Blut Christi auseinander zu halten. Jesus war Jude. Er wusste um die starke Symbolik des Weines. Im Judentum gilt der Wein als das Zeichen des Messias. Wenn der Messias kommen wird, so wird es Wein in Fülle geben, „denn ein Weinstock wird hundert Trauben liefern und eine Traube tausend Beeren“, heißt es. Wein ist das Zeichen der Fülle, der Freude, des Heils und des Friedens. Die Bibel sagt: Wenn jeder sicher unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum wohnen kann, ist dies ein Zeichen von Sättigung, Wohlstand und Frieden. Und beim Propheten Jesaja heißt es, der Tag des Heils wird ein Tag sein, an dem die Menschen im Angesicht Gottes ein fettes Mahl halten und guten Wein trinken. Erinnern wir uns an die Geschichte mit der das öffentliche Wirken Jesu im Johannesevangelium beginnt: Das Weinwunder zu Kana. Auf einer Hochzeit, bei der der Wein zur Neige geht, verwandelt Jesus auf wundersame Weise das in den Krügen bereit gestellte Waschwasser zu Wein. Nun gibt es wieder Wein im Überfluss zu trinken, und die Hochzeitsgäste feiern weiter in überschwänglicher Freude. Eine wichtige Geschichte, die ausdrücken möchte, wie das Gekommensein Jesu in diese Welt zu verstehen ist: Uns zur Freude ist er gekommen. Jeder, der an Jesus glaubt, wird das Leben in Fülle haben und die Freude. Wein ist das Zeichen des Messias. Christen glauben im Unterschied zu Juden, dass in Jesus der Messias gekommen ist. Und deshalb können wir in seiner Gegenwart den Wein beim Abendmahl freudig trinken, denn mit Jesus ist für uns das Heil Gottes schon in dieser Welt angebrochen. Und während seines Erdenlebens hat Jesus selbst so gerne gegessen und getrunken, dass er als „Fresser und Weinsäufer“ verschrien war. Jesus hat gerne mit Wein gefeiert. Und wer mit ihm aß und trank, der gehörte zu ihm, und der sollte sich mit ihm freuen darüber, dass Gottes Reich hier und jetzt angebrochen ist.

Doch es geht um noch mehr. Brot und Wein sind wie Türen, die hinführen zur Ewigkeit. Im Johannesevangelium sagt Jesus deshalb: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tag auferwecken. Denn mein Fleisch ist die wahre Speise, und mein Blut ist der wahre Trank“.

Diese unerhört anstößige Redeweise Jesu macht uns zu schaffen, und so verstehen wir, warum die Juden der religiösen Oberschicht, die diese Worte Jesu damals in Kapernaum hörten, so empört waren. Nach dem jüdischen Gesetz ist der Genuss von Fleisch, in dem sich noch Blut befindet, strengstens verboten. So heißt es im 5.Buch Mose: „Denn das Blut ist Leben und du sollst nicht essen das Leben mit dem Fleisch.“ Und so gibt es in der ganzen Bibel natürlich keine einzige kultische Handlung, die mit dem Trinken von Blut verbunden ist. Als Jude kennt Jesus natürlich diese Gesetzesvorschrift, die jeglichen Blutgenuss verbietet. Und so können wir nicht annehmen, dass er in diesem Streitgespräch darauf hinaus will, den Juden sein Fleisch und Blut auf kannibalische Art und Weise darzubieten. „Fleisch und Blut“ heißt wiederum: Es geht ums Ganze. Mit Leib und Leben ist Jesus für die Menschen da. Er selbst ist wie eine Tür zum Himmel, wie ein Schlüssel für die ewige Gemeinschaft mit Gott. Das Essen von Brot und Wein schenkt den Menschen ewiges Leben, ewiges Leben als Zeichen einer ewigen Beziehung zu Gott.

Doch was bedeutet die Verbindung von Wein und Blut? Im Markusevangelium sagt Jesus beim Abendmahl zu seinen Jüngern, als er ihnen den Kelch reicht: „Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.“ Damit erinnert Jesus nicht etwa an seine bevorstehende Kreuzigung, sondern an den Bundesschluss des Volkes Israel am Sinai, als Mose ihnen die zehn Gebote übermittelt hatte. Das Volk erklärte sich dazu bereit, die Gebote Gottes zu achten. Als Dank für Gottes Führung in der Wüste und aus Freude über das Gesetz brachte Mose Gott ein Opfer dar. Stieren wurden geschlachtet und ihr Blut wurde an zwei Stellen verteilt: Zuerst wurde der Altar mit Blut besprengt und dann das Volk, zum Zeichen des geschlossenen Bundes. Danach bekräftigte Mose den Bund mit den Worten: „Seht, das ist das Blut des Bundes, das der Herr mit euch geschlossen hat.“ Es geht um den Bund, um die ewige Verbindung, die Gott durch das Gesetz mit seinem Volk hat und die nie vergehen wird. Damals galt dieser Bund nur für Juden. Doch durch Jesus Christus wird es möglich, alle Menschen mit in diesen Bund Gottes hineinzunehmen. Wer im Gedenken an Jesus Christus das Brot isst und den Wein trinkt, wer Anteil hat an der Tischgemeinschaft mit Jesus Christus, der bekommt auf diese Weise auch Anteil an Gottes Bund. Und wie das Blut zu Zeiten Mose auf alle verteilt wurde wird beim Abendmahl der Wein an alle verteilt, damit sie hineingenommen sind in Gottes Bund. So wird die Mahlgemeinschaft beim Abendmahl zur Bundesgemeinschaft. Aber das, was getrunken wird, ist Wein, das Zeichen des Messias. Und so ist der Wein beim Abendmahl wie das Blut des Bundes: Flüssig, an alle Teilnehmer des Bundes verteilt. Und in Jesus Christus schließt Gott einen neuen Bund mit den Menschen, wie es im Buch des Propheten Jeremia heißt: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein und ich will ihr Gott sein.“ Als ganzer Mensch hat Jesus gelebt und als ganzer Mensch ist er gestorben und wurde er von Gott wieder auferweckt. Bei seinem letzten Zusammensein mit den Jüngern feiert er seinen Abschied mit Brot und Wein. Und dieses Abendmahl bedeutet wie alles andere, dass Jesus sich selbst gibt. So, wie er es sein ganzes Leben lang getan hat so ist es auch am Ende seines Lebens. Und beim Austeilen von Brot und Wein sagt er zu den Jüngern: „Nehmt mich, das bin ich. Ich bin wie Brot, euer Brot. Ich bin das Brot des Lebens, das Leben vom Leben, das Licht vom Licht. Ich bin wie Wein, euch gegeben zur Freude, flüssig an euch verteilt wie einst das Blut des Bundes, damit ihr auf ewig mit Gott verbunden sein könnt.“ Um im Glauben gestärkt zu werden, braucht der Mensch eindrückliche Zeichen, sinnlich wahrnehmbar, erfassbar nicht nur mit dem Verstand, sondern mit allen Sinnen. Im Gottesdienst hören wir von Christus und denken wir über ihn nach, im Leben versuchen wir ihm nachzufolgen mit Worten und Taten, im Abendmahl nehmen wir ihn in uns auf und sind mit ihm verbunden. Wir verinnerlichen Jesus ganz und gar, wir stimmen zu dass er aufgeht in uns, dass Gott zu unserer Nahrung wird, dass Brot und Wein wie eine Wegzehrung sind auf dem Weg unseres Lebens hin zur Ewigkeit Gottes. Und wenn wir dieses Brot essen und diesen Wein trinken, dann sollen wir nicht nur an Jesu Tod denken, sondern vor allem an sein Leben. An dieses Leben, dass er ganz für Gott und ganz für die Menschen gelebt hat, mit tiefer innerer Freude und mit einem Erfülltsein von Gott.

Amen

Das Gemälde 'Das Letzte Abendmahl', 1596 - El Greco, und dessen Reproduktion gehört weltweit zum "public domain". Das Bild ist Teil einer Reproduktions-Sammlung, die von The Yorck Project zusammengestellt wurde. Das copyright dieser Zusammenstellung liegt bei der Zenodot Verlagsgesellschaft mbH und ist unter GNU Free Documentation lizensiert.

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