Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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ABC des Glaubens - Die größte Bedrohung der Christenheit

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'Erstes ökumenisches Konzil zu Nizäa', Michael Damakinos, Aghiosminas, Heraklion, Krete, 16. Jhd.

'Erstes ökumenisches Konzil zu Nizäa', Michael Damakinos, Aghiosminas, Heraklion, Krete, 16. Jhd.

Die Kirchenversammlung in Nizäa im Jahre 325, die zum ersten Mal Vertreter der Christenheit aus aller Welt zusammenbrachte, gilt als „erstes ökumenisches Konzil“. Im Mittelpunkt stand auf einem Thron ein Buch mit den Evangelien (wie in diesem Bild zu sehen); damit wurde vor Augen geführt, dass es bei dieser Versammlung darum ging, die heilige Schrift authentisch auszulegen. 318 Delegierte waren anwesend. Höchstens zwölf von ihnen waren körperlich unversehrt. Die große Mehrheit hatte in den vorherigen Christenverfolgungen Verletzungen und Verstümmelungen erlitten. Es handelte sich also um Theologen und Glaubenszeugen, die nicht in einem „Elfenbeinturm“ gelebt hatten. Es gab 85 Tagesordnungspunkte, z. B. wurde festgelegt, wann Ostern zu feiern ist (am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond) oder ob Priester heiraten dürfen (ja, aber sie sollten vor der Ordination heiraten).

Die größte Bedrohung der Christenheit

Es ist behauptet worden, dass die Existenz der Christenheit einmal von einem einzigen Buchstaben abhing. Bei dem ersten ökumenischen Konzil (= Versammlung von Vertretern der Christenheit aus aller Welt) im Jahre 325 in der Stadt Nizäa ging es um das Verhältnis zwischen Jesus und Gott Vater. Zuletzt drehte sich der Streit um einen einzigen griechischen Buchstaben.

  • Eine Seite sagte: Jesus ist ομοονσιοσ (homoousios) = „wesensgleich“ mit dem Vater.
  • Die anderen sagten, er ist ομοιονσιοσ (homoiousios) = „wesensähnlich“ mit dem Vater.

Wenn die „Wesensähliche“-Fraktion sich durchgesetzt hätte, würde die Christenheit heute nicht mehr existieren, bzw. sie hätte höchstens als unbedeutende Sekte überlebt. Worum geht es hier?

Arius (270 – 336) hat beinahe die Christenheit vernichtet, weil er sie retten wollte

Arius konnte nicht akzeptieren, dass Jesus Gott gleich war. Denn wie könnte ein Mensch, Jesus von Nazareth, Gott sein? Wie könnten Gott und Mensch in einer einzigen Person zusammensein? Arius wollte den christlichen Glauben von einer vermeintlichen Verfälschung befreien. Jesus als Gott anzubeten, wie die Christenheit dies von Anfang an tat, war für ihn offenbar eine Gotteslästerung. Denn die Bibel verkündet mit aller Eindeutigkeit: Schöpfer und Schöpfung dürfen nicht vermischt werden. Zwischen Schöpfer und Geschöpf muss es eine scharfe Unterscheidung geben. Das Geschaffene darf nicht angebetet werden – wie die Heiden und Götzendiener das tun. Und Jesus war nach Auffassung von Arius ein Geschöpf Gottes, das Gott Vater untergeordnet war. Arius brachte die Sache auf einen Punkt, als er formulierte: „Es gab eine Zeit, als der Sohn nicht war“.

In diesem Zusammenhang hat die Christenheit im Laufe der Jahrhunderte etwas gelernt: nämlich, dass die schlimmsten Verfälschungen des christlichen Glaubens nicht durch „Progressive“ oder „Radikale“ entstehen, sondern durch geradlinige Menschen, die den christlichen Glauben gegen heikle Behauptungen verteidigen wollen. Wahrhaftiger christlicher Glaube – auch orthodoxer Glaube genannt – ist immer etwas Gewagtes. Wahrhaftiger christlicher Glaube verkündet Geheimnisse, die oft grotesk klingen.

'Erstes ökumenisches Konzil zu Nizäa' 325 A.D. - Ikone vom Megalo Meteora Kloster, Griechenland

Ikone vom Megalo Meteora Kloster in Griechenland, 'Erstes ökumenisches Konzil zu Nizäa' 325 A.D.

In der Mitte unten liegt Arius, dessen Lehre bei diesem Konzil verurteilt wurde. Trotzdem war die Lehre des Arius noch lange nicht erledigt, sondern sie war jahrzehntelang nach diesem Konzil noch hochwirksam. 54 Jahre nach dem Konzil von Nizäa hat Gregor von Nazianz festgestellt, dass von allen Gemeinden in Konstantinopel nur eine einzige nicht zu der Glaubensrichtung des Arius gehörte. Schätzungsweise ¾ der Christenheit gehörte einmal zu der Betrachtungsweise des Arius.

Wie viele Arius-Anhänger gibt es heute?

Was Arius behauptete klingt vernünftig und lässt sich auch durch Bibeltexte untermauern. Und es gibt heute viele Kirchenmitglieder, die so denken wie Arius (vielleicht sogar die Mehrzahl?). Sie sehen in Jesus ein ethisches Vorbild, sie sehen in Jesus einen Vermittler zwischen Gott und Mensch, sie sind sogar bereit, in Jesus etwas Gott-Ähnliches zu sehen, aber sie sind nicht bereit, Jesus anzubeten als „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, eines Wesens mit dem Vater“, wie in Nizäa beschlossen wurde. In dieser Hinsicht stehen sie in einer Linie mit Juden und Muslimen. Der „gesunde Menschenverstand“ sagt: die Vorstellung, dass Gott voll und ganz Mensch geworden ist, dass Gott und Mensch in einer Person vereint sind, ist völlig absurd.

Wenn Arius recht hätte

Arius behauptete: Gott hat ein Geschöpf zu uns gesandt – aber nicht sich selbst. Wenn Arius recht hätte, dann gäbe es drei verheerende Folgen:

  • Wir wären nicht erlöst. Gott hätte die Entfremdung zwischen ihm und uns durch Krippe und Kreuz nicht überbrückt. Die Botschaft der Christenheit lautete deshalb nicht: „Du bist in Gott in Ewigkeit aufgehoben“, sondern „Streng dich an und versuche, ein Gott- gefälliges Leben zu führen. Vielleicht wird es dich zuletzt in die Nähe Gottes bringen.“
  • Wir wüssten nicht, wer Gott wirklich ist. Jesus als Geschöpf könnte Gott nur begrenzt kennen und vermitteln. Er könnte nicht die vollgültige Offenbarung Gottes sein. Deshalb würden wir das Herz und den Willen Gottes nicht mit Gewissheit kennen. Wir könnten nicht wissen, ob Gott uns tatsächlich bedingungslos liebt, ob er uns mit Treue beisteht, was er mit uns zuletzt vorhat.
  • Gott wäre nicht mit uns, sondern behielte Abstand zu uns. Gott würde auf die Welt herabschauen; er wäre nicht persönlich beteiligt an Einzelschicksalen oder an der Geschichte der Menschheit. Zwischen Gott und Welt bestünde eine unüberbrückbare Kluft. Gott wäre nicht auf eine persönliche, intime Weise bei uns und wir wären nicht bei Gott. Denn Arius behauptete: Gott und Mensch sind unvereinbar.

Verschwörungstheorien

Es ist behauptet worden (z. B. „Verschlusssache Jesus“, „Sakrileg“), dass die Christenheit bei dem Konzil von 325 die Göttlichkeit Jesu „erfunden“ hätte, weil sich Jesus so in der antiken Welt als Gottheit angeblich besser „verkaufen“ ließe. Außerdem wurde spekuliert, dass die Kirche durch die Erfindung der Göttlichkeit Jesu ihre eigene Macht ausbauen wollte. Und angeblich wären die ersten Jesusanhänger, die alle Juden waren, nie auf die Idee gekommen, ihren Rabbi als Gott anzubeten.

Jesus ist Gott gleich und den Menschen gleich

Aber im Neuen Testament gibt es viele Stellen, die bezeugen, dass Jesus von Anfang an mit dem Gott des Alten Testaments gleichgesetzt wurde. Und diese Gleichsetzung wurde von Juden vollzogen, für die es vor der Begegnung mit Jesus absolut ausgeschlossen war, Mensch und Gott in einer Person zu sehen.

Eine der eindeutigsten Stellen ist der Christushymnus in dem Philipperbrief (2, 5 –11).

Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Dieser urchristliche Hymnus, den Paulus hier zitiert, bezeugt die Geheimnisse der Person Jesu, die Arius nicht anerkennen wollte:

  • Dass Jesus „Gott gleich“ ist („wesensgleich“ mit dem Vater) und „den Menschen gleich“ (wesensgleich mit den Menschen).
  • Dass Jesus nicht bloß ein Geschöpf Gottes ist, sondern die „Entäußerung“ Gottes. Gott verzichtete auf seine „göttliche Gestalt“ und nahm „Knechtsgestalt“ an. Das heißt: er wurde ein Knecht der Vergänglichkeit. Er, der unsterblich war, nahm Sterblichkeit an.
  • Als Mensch ging Jesus in die tiefste Tiefe, nämlich Tod durch Kreuzigung – eine größere Erniedrigung ist kaum vorstellbar.
  • Aber Jesus ging auch in die höchste Höhe: in die volle Herrlichkeit Gottes, und er trägt den Namen „der über alle Namen ist“. Und was ist dieser Name? Nicht „Jesus“ ist in erster Linie gemeint, sondern der heilige Name Gottes, der aus vier hebräischen Konsonanten besteht (JHWH), ein Name, der für Juden so heilig ist, dass er nicht ausgesprochen wird. Er wird im griechischen Alten Testament und im Neuen Testament mit Kyrios ( Herr) übertragen. Und dieser heilige Name wird hier eindeutig auf Jesus übertragen.

Dass Jesus in diesem Hymnus mit dem Gott des Alten Testaments gleichgesetzt wird, wird noch deutlicher, wenn dieser Christushymnus mit einer Stelle aus dem Propheten Jesaja verglichen wird.

„Ich bin Gott, und sonst keiner mehr: Mir sollen sich alle Knie beugen und alle Zungen schwören“ (Jesaja 45, 22 – 23)

Ein Geheimnis

Aber wie kann Jesus der handelnde Gott sein, der sich selbst entäußert, und im nächsten Atemzug der Empfänger des Handeln Gottes sein, der von Gott erhöht wird? Hier kommen wir an die Grenze der menschlichen Sprachfähigkeit. Das Geheimnis lautet: Gott war in Jesus, Gottsein und Menschsein waren in Jesus untrennbar verbunden, aber Gott hat sich in dem Menschsein Jesu nicht aufgelöst. Bei diesem Geheimnis geht es nicht bloß um dogmatische Haarspalterei, sondern um unsere Geborgenheit in Gott in Ewigkeit.

Athanasius

Ikone Athanasius von Alexandria

Ikone Athanasius von Alexandria

Für Arius galt: „Es gab eine Zeit, als der Sohn nicht war.“ Der große Gegner von Arius war Athanasius, der auch in Nizäa anwesend war. Athanasius hat das Anliegen der Christenheit auf einen Punkt gebracht - mit einem Satz, der bis heute für orthodoxe Christen maßgeblich geblieben ist:
„Gott ist Mensch geworden, damit wir göttlich werden“
( = am unvergänglichen Leben Gottes teilhaben – siehe 2. Petrus 1, 4).

Das Glaubensbekenntnis von Nizäa (325)

Wir glauben an den einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge, und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, als Einziggeborener gezeugt vom Vater, das heißt aus der Wesenheit des Vaters, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesenseins mit dem Vater, durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist, der um uns Menschen und um unserer Heiles willen herabgestiegen und Fleisch und Mensch geworden ist, gelitten hat und am dritten Tage auferstanden ist, aufgestiegen zu den Himmeln und kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten. Und an den Heiligen Geist.
Diejenigen aber, die da sagen, es habe eine Zeit gegeben, da der Sohn Gottes nicht wahr, und er sei nicht gewesen, bevor er gezeugt wurde, und er sei aus nichts geworden oder aus einer anderen Substanz oder Wesenheit, oder der Sohn Gottes sei wandelbar oder veränderlich, diese schließt die apostolische und katholische Kirche aus.
(Quelle: Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche, Pustet Verlag)

Die Trinität war bei dem Konzil zu Nizäa noch kein Thema, aber nachdem die Göttlichkeit Jesu offiziell bestätigt wurde, kam als Nächstes die Frage, ob der Heilige Geist auch als Gott anzubeten ist. Diese Frage wurde schnell geklärt. Nach nur 20-jähriger Diskussion wurde bei dem 2. ökumenischen Konzil, das in Konstantinopel im Jahre 381 tagte, der Heilige Geist als Teil der Dreifaltigkeit Gottes offiziell abgesegnet. Die Kirchenvertreter bei diesem Konzil haben damit nicht etwas Neues erfunden, sondern einen Glaubensinhalt bestätigt, den die Kirche schon immer wusste, weil er in der Bibel bezeugt wird, der aber ausdrücklich formuliert werden musste, um Missverständnisse und Verfälschungen auszuräumen, die im Laufe der Zeit entstanden waren. Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel ist das einzige, das von Protestanten, Römisch-Katholischen und Orthodoxen gemeinsam anerkannt und im Gottesdienst gesprochen wird.

Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381)

Ikone 'Erstes Konzil von Nizäa'

Ikone Erstes Konzil von Nizäa

Wir glauben an den einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat,
Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht,
wahrer Gott vom wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserm Heil
ist er vom Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen
durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tage auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt.
Amen.


(Das Unterstrichene gehört nicht zu dem ursprünglichen Text, sondern wurde nachträglich von der Kirche im Westen hinzugefügt, ohne Absprache mit den orthodoxen Kirchen. Bis heute ist das Hinzugefügte ein Streitpunkt zwischen Ost und West geblieben.)

Wir danken Sonia Halliday (www.soniahalliday.com), dass wir das Bild 'Erstes ökumenisches Konzil zu Nizäa', Michael Damakinos, Aghiosminas, Heraklion, Krete, 16. Jhd., kostenlos veröffentlichen dürfen.
Die Ikonen 'Athanasius von Alexandria' sowie 'Erstes Konzil von Nizäa' sind im public domain, weil ihr copyright abgelaufen ist.
Der Inhaber des copyrights des Bildes 'Erstes ökumenisches Konzil zu Nizäa' 325 A.D. - Ikone vom Megalo Meteora Kloster, Griechenland' hat dessen Veröffentlichung unter GNU Free Documentation License gestattet.

PSch