Archiv der Evangelisch-lutherische Dreikönigsgemeinde, Frankfurt am Main - Sachsenhausen
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Predigten von Pfarrer Andreas Klein: Epheser 4,1-6 Es geht nur um EINS - Musik-Gottesdienst zur Einführung von Pfarrer Andreas Klein am Sonntag, 12. Oktober 2014

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'Ein Herr Ein Glaube Eine Taufe', 2005, GregorHelms

17. Sonntag nach Trinitatis - Musik-Gottesdienst zur Einführung von Pfarrer Andreas Klein

Es geht nur um EINS Epheser 4,1-6


Predigt gehalten von Pfarrer Andreas Klein am 12. Oktober 2014 in der Dreikönigskirche

Das Wort für die Predigt steht im Epheserbrief: Der Apostel schreibt:

1 Nun bitte ich euch als einer, der für den Herrn im Gefängnis ist: Lebt so, wie es sich für Menschen gehört, die Gott in seine Gemeinde berufen hat.
2 Erhebt euch nicht über andere, sondern seid immer freundlich. Habt Geduld und sucht in Liebe miteinander auszukommen.
3 Bemüht euch darum, die Einheit zu bewahren, die der Geist Gottes euch geschenkt hat. Der Frieden, der von Gott kommt, soll euch alle miteinander verbinden!
4 Ihr alle seid ja ein Leib, in euch allen lebt ein Geist, ihr alle habt die eine Hoffnung, die Gott euch gegeben hat, als er euch in seine Gemeinde berief.
5 Es gibt für euch nur einen Herrn, nur einen Glauben und nur eine Taufe.
6 Und ihr kennt nur den einen Gott, den Vater von allem, was lebt. Er steht über allen. Er wirkt durch alle und in allen. Epheser 4,1-6

Liebe Gemeinde, liebe Gäste, liebe Freunde,

heute geht es nur um EINS. Viele denken bei einer Eins an die Schulnote, die immer das Ziel der Träume war; in der Typenlehre von Richard Rohr, dem Autor des ENNEAGRAMM, ist der Einser-Typ ein gewissenhafter Mensch, der guten Ordnung verpflichtet. Es kann auch immer anders sein: In der Schweiz ist ein Einser-Kandidat ein bemitleidenswerter Mensch, denn dort ist die 6 die beste Schulnote und die 1 der Ausweis von Faulheit oder Dummheit! Gibt es Schweizer heute unter uns?

Aber weltweit eindeutig: Die Eins ist eine besondere Zahl. Sie ist mathematisch der Teiler jeder natürlichen Zahl. In der Informatik steht die 1 für AN, die 0 für AUS, und geradezu philosophisch wird es, wenn man sieht: Die 1 steht für WAHR und die 0 steht für FALSCH. Aus zwei wird eins. Das ist die Hoffnung von Eheleuten, die in der Regel nicht 7 Jahre sondern nur 1 Jahr brauchen, um zu begreifen, dass dies keine EINfache Aufgabe ist.

Und nicht nur einzelne Menschen wollen sich vereinigen, sondern ganze Völker. Deutschland ist so ein Fall. Viele Kleinstaaten sollten zu einer Nation werden: Einigkeit und Recht und Freiheit soll gelten. Und gern haben wir in diesem Jahr daran gedacht, dass vor 25 Jahren der Weg der Wiedervereinigung begehbar wurde und wir feiern den Tag der Deutschen Einheit gemeinsam – und wissen aber: Eine Einheitspartei soll es nicht mehr geben. Und wirklich witzig ist, dass wir unserer Sprache ein Gefühl dafür haben, ob die Einheit vielfältig oder langweilig ist. Die Worte, die mit „ein“ anfangen, können vieles ausdrücken. Das Kleid ist einmalig schön, einfarbig, aber nicht eintönig. Aber der Vortrag letzte Woche war einfach einfältig und gedankliche eine Einbahnstraße.

Im biblischen Wort für heute geht es um Einheit. Ermahnungen des Apostels an die Gemeinde, Bitte um Freundlichkeit und Geduld und Liebe; dass sich einer nicht über den anderen erhebt, denn das gefährdet die Einheit der Gemeinde und die ist ein großer Wert. Sieben Begriffe werden genannt, die Aspekte der Einheit sind:

  • Ein Leib
  • Ein Geist
  • Eine Hoffnung
  • Ein Herr
  • Ein Glaube
  • Eine Taufe
  • Ein Gott

Und wenn man sich umsieht in der christlichen Welt, spürt man, wie weit weg diese Einheit von der Realität ist. Wir könnten noch versuchen, die großen Unterschiede der weltweiten Kirchen – ich nehme die Palette der hochliturgischen katholischen oder orthodoxen Tradition bis hin zu den wachsenden Pfingstkirchen in Brasilien – als ökumenische Vielfalt zu kaschieren. In Wirklichkeit ist das keine Einheit mehr, sondern Zerrissenheit, krasse Unterschiede in dogmatischen, ethischen und politischen Auffassungen und was Einheit wahrt, so der Apostel, Geduld und Hoffnung und Liebe, gegenseitige Demut, den anderen höher achten als sich selbst, das findet sich nicht.

Und im Mikrokosmos der Landeskirchen, der Dekanate und Gemeinden? Da hat sich vieles schon sortiert in Auffassungen und Konfessionen, aber wenn man genau hinschaut, ist es manchmal die Einheit eines Deals, des abgewogenen Proporz: Ich lass dich leben, lässt du mich auch leben. Liberale und Pietisten, Junge und Alte, Moderne und Traditionsbewusste bekommen ihren Platz im Wochenplan einer Gemeinde und die Einheit ist die eines schiedlich friedlichen Nebeneinanders, in dem sich aber nicht viel bewegt, denn Bewegung bringt das sorgsam abgewogene Mobile durcheinander.

'Pelican stained-glass window', 1998, Rebecca Kennison

Wie kommt man dann aber zu der Einheit, die nicht einfältig, sondern vielfältig ist? Drei kurze Ideen dazu.

  • Achten. Hören wir nochmal den Predigttext: „Erhebt euch nicht über andere, sondern seid immer freundlich. Habt Geduld und sucht in Liebe miteinander auszukommen.“ Wir haben gerade wunderbare Musik gehört. Vielen herzlichen Dank allen Beteiligten! Musikalisches Miteinander entsteht nicht, wenn einer meint lauter und schöner singen und spielen zu müssen als der andere. Es geht nur im Aufeinander hören. Achtet einander! Das gilt nicht für die Zeit, wenn alle Unterschiede ausgeräumt sind und die Differenzen beseitigt sind. Dann wäre das ja billig. Das gilt für die Zeit, in der man noch uneins ist. Und die Kraft der Begegnung liegt in Jesus Christus selbst, der unser Versöhner ist. Wir sind uns in vielem nicht eins aber gemeinsam in dem Einen und in ihm lassen wir die Unterschiede stehen und leben Einheit die größer ist als wir selbst.

  • Schweigen. Wir hatten im IPOS vor einiger Zeit einen Studientag, da hat ein Referent vom Leben der Quäkerkirche in den USA erzählt. In diesen Kirchen wird ganz viel auf das Wort der Bibel gehört und geschwiegen. Es wird nicht geredet und überredet. Das Ziel ist nicht der Gewinn der Abstimmung, nicht der mühsam erarbeitete Konsens, nicht der abgewogene Proporz, sondern das „Das Gefühl wirklicher Einmütigkeit“, und das heißt das „all in one spirit“ – Alle in einem Geist. Das klingt für alle Pragmatiker so als würde man nie vorankommen, aber wer schon erlebt hat, dass es nach einem langen Weg des Redens und Geltenlassens keine Sieger und Verlierer, sondern Einmütigkeit gibt, weiß, dass man auf diese Weise am Ende viel weiter kommt.

  • Gehen Sie raus auf den Vorplatz! Die Mitglieder der Dreikönigsgemeinde ahnen es vielleicht schon, ich darf von meinem Arbeitszimmer auf die Drei Könige sehen. Die stehen als drei gleich große Skulpturen auf einer Stele und suchen den einen Stern. Und überhaupt: Wo gibt es drei Könige nebeneinander von denen nicht wenigstens einer Kaiser sein will? Es hat wohl damit zu tun, dass sie miteinander den EINEN suchen, den einen Stern, der auf den einen Herrn hinweist, der das Kind in der Krippe ist.
    Die Einheit ist das Geschenk des Einen an die Vielen. Und dieser Eine lässt die Vielen gelten. Viele Glieder, ein Leib. Viele Gaben, ein Herr.

Kurzum: Diese Einheit ist viel mehr ein Geschenk als eine Aufgabe. Wir kriegen sie nicht hin mit Synodenbeschlüssen und Rechtsverordnungen, sie ist keine Sache von Strategie und Kampfabstimmungen, wir können sie mit geschickter Moderationskunst nicht machen. Wir sind aber gerufen, sie menschlich schon vorweg zu nehmen, wenn sie sachlich noch besteht. Diese Einheit ist eine Gabe, die nicht noch kommt, sondern die schon da ist: „Bemüht euch darum, die Einheit zu bewahren, die der Geist Gottes euch geschenkt hat.“ Schon geschenkt hat!
Die Einheit der Gemeinde ist kein Einerlei. Sie gibt es nur in Jesus: Sein Leben, seine Liebe bis in den Tod, hat uns versöhnt mit Gott und untereinander. Ihn zu suchen, wie die Drei Könige, die geschenkte Einheit zu leben, das ist ein wunderbare Aufgabe.

Amen.


Das Bild (Historische Anstecknadel mit biblischem Logo der deutschen Baptisten - Ein Herr, Ein Glaube, Eine Taufe) 'Ein Herr Ein Glaube Eine Taufe', 2005, GregorHelms, ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.
Das Glasfenster 'Pelican stained-glass window', 1998, Rebecca Kennison, ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert.

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